Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 45/2002 vom 05.01.2002

Oberverwaltungsgericht NRW zum Frischwasser-Rabatt

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat mit Urteil vom 04.10.2001 (Az.: 9 A 366/00) entschieden, daß die notwendige Korrektur des (reinen) Frischwassermaßstabs bei der Abrechnung der Abwassergebühren nicht dadurch erreicht werden kann, daß nur 90 % der bezogenen Frischwassermenge als Abwassermenge gelten und nachgewiesene, dem Kanal nicht zugeführte Wassermengen nur abgezogen werden dürfen, wenn diese 10 % der Frischwasser-Bezugsmenge übersteigen.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die beklagte Stadt hatte in ihrer Abwassergebührensatzung für die Beseitigung des Schmutzwassers den Frischwassermaßstab (Frischwasser = Abwasser) geregelt. Als Frischwasserwasser-Bezugsmenge wurden grundsätzlich nur 90 % der bezogenen Frischwassermenge aus der öffentlichen Frischwasserversorgungsanlage angesetzt. Darüber hinaus gehende Frischwasser-Abzugsmengen (Frischwasser, welches zwar bezogen, aber nicht dem Kanal zugeführt wird) konnten im Gegensatz dazu nur noch dann geltend gemacht werden, wenn diese die bereits generell in Abzug gebrachten 10% überschritten.

Nach dem OVG NRW ist eine solche Regelung unzulässig. Bereits die Annahme der beklagten Stadt, daß 10 % des bezogenen Frischwassers nicht der Kanalisation zugeführt würden, sei nicht gerechtfertigt. Diese Annahme beruhe auf der Voraussetzung, daß ein Teil des einem Grundstück zugeführten Frischwassers regelmäßig auf dem Grundstück verbraucht werde und nicht die gesamte Frischwassermenge das Grundstück als Abwasser verlasse, weil ein Teil hauswirtschaftlich genutzt, zur Speisung von Heizungsanlagen verbraucht oder zum Bewässern der Außenanlagen verwendet werde und daß diese Frischwasser-Schwundmenge auf allen angeschlossenen Grundstücken im Gemeindegebiet in einem gewissen Verhältnis zur bezogenen Frischwassermenge stehe. Gerade diese Annahme kann nach dem OVG NRW aber nur dann regelmäßig eingreifen und zutreffend sein, wenn die Nutzungsstruktur aller angeschlossenen Grundstücke einigermaßen einheitlich (homogen) sei. Sobald ein Benutzer der gemeindlichen Abwasseranlage hiernach in erheblichem Umfang mehr Frischwasser verbrauche als der Durchschnitt der Benutzer, sei eine Regelung in der Satzung erforderlich, die diesem Umstand Rechnung trage, wobei der Nachweis der nicht eingeleiteten Frisch-Wassermengen dem Gebührenpflichtigen auferlegt werden könne.

Vor diesem Hintergrund werde die getroffene satzungsrechtliche Gebührenregelung diesem Umstand nicht gerecht. Statt der notwendigen Korrektur des ungenauen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs "Frischwassermenge" durch eine konkrete Wirklichkeitskomponente, nämlich der nachgewiesenen Schwundmenge, kombiniere die beklagte Stadt den ungenauen Wahrscheinlichkeitsmaßstab "Frischwassermenge" mit einer weiteren, noch dazu nicht nachvollziehbaren Wahrscheinlichkeitsannahme, nämlich daß auf allen angeschlossenen Grundstücken jeweils 10 % der bezogenen Frischwassermenge zurückgehalten werde. Für den Ersatz der notwendigen Wirklichkeitskomponente durch eine Wahrscheinlichkeitsannahme könne sich die beklagte Stadt auch nicht auf die Grundsätze des Äquivalenzprinzips des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW berufen. Es sei nichts dafür ersichtlich, daß das Ablesen bzw. Berechnen der nicht eingeleiteten Wassermengen für die Stadt als Betreiber der Abwasserentsorgungsanlage besonders schwierig wäre, wenn berücksichtigt werde, daß das der Nachweis der nicht eingeleiteten Frischwasser-Mengen in den Kanal dem gebührenpflichtigen Benutzer auferlegt werden könne. Es sei auch nicht erkennbar, daß es wirtschaftlich nicht vertretbar sei, die nachgewiesenen Abzugsmengen bei der Gebührenberechnung zu berücksichtigen. Wie das OVG NRW in vielen Verfahren anerkannt habe, könne insofern eine Bagatellgrenze von 15 Kubikmetern/Jahr satzungsrechtlich eingeführt werden, die verhindere, daß auch Geringstmengen auf den Grundstücken gemessen und dann der gebührenberechnenden Stelle mitgeteilt würden. Selbst wenn bei einer Einführung eines Mindestnachweismenge (Bagatellgrenze) von 15 cbm pro Jahr möglicherweise mehr Herabsetzungsanträge gestellt würden, als es bei der von der beklagten Stadt gewählten Maßstabsregelung der Fall sei, so habe die beklagte Stadt nicht dargelegt, daß es wirtschaftlich nicht vertretbar sei, diesen Mehraufwand hinzunehmen, den andere Gemeinden mit der satzungsrechtlichen Regelung einer Bagetellgrenze für Frischwasser-Abzugsmengen ohne weiteres hinnehmen würden. Deshalb erscheint – so das OVG NRW - der Ersatz der konkreten Nachweismethode als Korrektur zum Frischwassermaßstab weder unter dem Gesichtspunkt der Schwierigkeit noch unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit gerechtfertigt.

Im übrigen weist das OVG NRW darauf hin, daß die Annahme der beklagten Stadt, auf jedem angeschlossenen Grundstück würden jeweils ca. 10 % des bezogenen Frischwassers zurückgehalten oder verbraucht, frei gegriffen sei. Für den Normalverbraucher, der keinen Frischwasser-Schwund nachweisen könne, stelle sich die 10 % Abzugsregelung außerdem als "Null-Summen-Spiel" heraus. Denn der Verringerung der individuellen Einleitungsmenge stehe eine entsprechende Erhöhung des Gebührensatzes gegenüber.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß nach dem Urteil des OVG vom 04.10.2001 (Az.: 9 A 366/00) nichts dagegen spricht, eine Bagatellgrenze für Frischwasser-Abzugsmengen von 15 Kubikmetern pro Jahr in bezug auf den Frischwassermaßstab satzungsrechtlich zu regeln. Dieses ist im Gegenteil nach dem OVG NRW der richtige Weg, um Frischwasserabzüge zu berücksichtigen, d.h. diejenigen Frischwassermengen abzuziehen, die zwar bezogen worden sind, aber nicht der gemeindlichen Abwasseranlage nach Gebrauch als Schmutzwasser zugeführt worden sind.

Az.: II/2 24-21 qu/g

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