Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 188/2017 vom 13.02.2017

Oberverwaltungsgericht NRW zu Windkraftanlage neben Wohngebiet

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 06. Mai 2016 — 8 B 866/15 — festgestellt, dass eine Windkraftanlage neben einem am Rande des Außenbereichs liegenden Wohngebiet zulässig ist. Das Gericht hat insoweit folgendes ausgeführt: Der Eigentümer eines Grundstücks am Rande zum Außenbereich kann nicht damit rechnen, dass in seiner Nachbarschaft keine emittierende Nutzung oder allenfalls eine reine Wohnnutzung entsteht. Der betroffene Eigentümer darf grundsätzlich nur darauf vertrauen, dass im angrenzenden Außenbereich keine Nutzung entstehen wird, die über die im Misch- und Dorfgebiet zulässige Lärmbelastung hinausgeht. 

Das fragliche Grundstück des Eigentümers liegt in einem in seiner bauplanungsrechtlichen Einordnung streitigen Gebiet. In unmittelbarer Nachbarschaft wollte ein Unternehmen zwei 149 Meter bzw. 179 Meter hohe Windkraftanlagen im Außenbereich errichten. Die kleinere Anlage sollte in weniger als 500 Meter Abstand zum Wohnhaus des Klägers errichtet werden. Gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlagen wehrt sich der Eigentümer im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. 

Rechtsgrundlage der Genehmigung sei § 6 Abs. 1 i. V. m. § 5 BImSchG. Sie sei zu erteilen, wenn sichergestellt sei, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG seien genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden.

Es sei unwahrscheinlich, dass die Windkraftanlagen solche Umwelteinwirkungen verursachten. Das Grundstück des Eigentümers grenze unmittelbar an den Außenbereich an, in dem die Anlagen errichtet werden sollen; es sei daher ein „Zwischenwert“ für die zulässige dB(A)-Belastung zu bilden, wie sich auch aus Nr. 6.7 der TA Lärm ergebe. Dieser habe der Eigenart des an die Wohnbebauung grenzenden Außenbereichs und der dort nach § 35 BauGB vorgesehenen privilegierten Zulässigkeit von Windkraftanlagen Rechnung zu tragen.  

Insbesondere könne der Eigentümer von Grundstücken im Grenzgebiet zum Außenbereich nicht damit rechnen, dass in seiner Nachbarschaft keine emittierende Nutzung oder allenfalls eine reine Wohnnutzung entstehe. Er dürfe nur darauf vertrauen, dass im angrenzenden Außenbereich keine Nutzung entstehen werde, die über die im Misch- und Dorfgebiet zulässige Lärmbelastung hinausgehe. Dem Schutzbedürfnis des Eigentümers eines in einem reinen Wohngebiet gelegenen, an den Außenbereich angrenzenden Grundstücks werde genügt, wenn der Richtwert für allgemeine Wohngebiete nach Nr. 6.1 d) TA-Lärm von 40 dB(A) nachts gewahrt sei.  

Von einer optisch bedrängenden Wirkung sei nicht auszugehen; der Abstand zwischen Wohnhaus und Windkraftanlage betrage mehr als das Dreifache der Gesamthöhe. Schatten- und Eiswurf seien ebenso wie ein „Disco-Effekt“ nicht in unzumutbarem Umfang zu befürchten. Schließlich seien auch keine schädigenden Umwelteinwirkungen durch Infraschall zu erwarten. Windkraftanlagen riefen wie Straßenverkehr, der Wind selbst oder Meeresbrandung Infraschall hervor; dieser tieffrequente Schall liege regelmäßig unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs, so dass er nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu Gesundheitsschädigungen führe. 

Anmerkung 

Windkraftanlagen im Außenbereich sind als politisch erwünschte Einrichtungen der alternativen Energiegewinnung bauplanungsrechtlich nach § 35 BauGB privilegiert. Diese Privilegierung schlägt auch auf die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Anlagen durch, die eine gewisse Gesamthöhe überschreiten. Auch Eigentümer von Grundstücken, die unmittelbar an der Grenze zum Außenbereich liegen, haben erhöhte Lärmbelastungen hinzunehmen, die durch solche Anlagen entstehen, soweit eine bestimmte „Kappungsgrenze“ eingehalten wird.

Auch andere Umwelteinwirkungen wie Licht- und Schatteneffekte und Eiswurf müssen eine Belastungsschwelle überschreiten, um immissionsschutzrechtlich relevant zu werden. Infraschall ist dagegen aufgrund der im Regelfall fehlenden Wahrnehmbarkeit durch den Menschen von vorneherein unbeachtlich.

Az.: 20.1.4.1-004/001

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