Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 731/2006 vom 19.10.2006

Oberverwaltungsgericht NRW zu Beitrag und Druckentwässerung

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 25.07.2006 (Az.: 15 A 2089/04 – nicht rechtskräftig) entschieden, dass eine Kanalanschlussbeitragspflicht auch dann entsteht, wenn der Grundstückeigentümer an ein öffentliches Druckentwässerungsnetz angeschlossen wird und er nach der Abwasserbeseitigungssatzung der Gemeinde verpflichtet ist, auf seinem Privatgrundstück eine Druckpumpe anzuschaffen, zu betreiben und zu unterhalten, um das Grundstücksabwasser in das öffentliche Druckentwässerungsnetz einzuleiten. Das OVG NRW sieht in der satzungsrechtlichen Verpflichtung zum Betrieb einer Druckentwässerungspumpe auf dem privaten Grundstück auf Kosten des Grundstückseigentümers keine unzulässige Verschiebung der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde auf den Grundstückseigentümer. Eine solche unzulässige teilweise Verschiebung der Abwasserbeseitigungspflicht würde sich nur dann ergeben, wenn von den Anschlussnehmern mehr abverlangt würde, als die Einspeisung ihrer Abwässer in das unter Druck stehende öffentliche Druckentwässerungsnetz. Dieses sei aber nicht der Fall. Vielmehr liege ein bloßes Ausnutzen anderweitig vorhandener Energie auch zur Weiterleitung innerhalb des öffentlichen Druckentwässerungsnetzes vor. Es bestehe damit kein Unterschied zu einer Freigefälleleitung, bei der die Nutzung der vorhandenen Gravitationskraft auch nicht von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werde (vgl. OVG NRW, Urt. v.18.06.1997 – Az.: 22 A 1406/96 -, NWVBl 1998, S. 154 f.). Die Notwendigkeit, ein Pumpwerk auf dem privaten Grundstück zur Einspeisung des Abwassers in das öffentliche Druckentwässerungsnetz zu installieren und zu betreiben, schließt deshalb nach dem OVG NRW die beitragsrechtlich relevante Anschlussmöglichkeit nicht aus.

Eine die Beitragspflicht auslösende Anschlussmöglichkeit nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG NRW besteht allerdings nach dem OVG NRW nur dann, wenn das Grundstück unter gemeingewöhnlichen Umständen angeschlossen werden kann (vgl. OVG NRW, Urt. v. 31.05.2005 – Az.: 15 A 1691/03 -; KStZ 2005, S. 191). Der Begriff der gemeingewöhnlichen Umstände richtet sich dabei auf die Zumutbarkeit des Anschlusses im Hinblick auf den finanziellen Aufwand für die Anschlussleitungen (vgl. OVG NRW, Urt. v.01.04.2003 – Az.: 15 A 2254/01 -, NVwZ-RR 2003, S. 778 f.). Der Unterschied zwischen den Entwässerungsarten (Freigefälleleitung, Druckentwässerungssystem) besteht nach dem OVG allein darin, dass die Anforderungen an die Überlassung des Schmutzwassers verschieden sind. Im Falle der Freispiegelkanalentwässerung reicht das bloße Einfließenlassen des Abwassers in die öffentliche Kanalisation aus. Im Falle der Druckentwässerung muss das Abwasser mittels eines Pumpwerks in das öffentliche Druckentwässerungsnetz eingespeist werden. Darin liege eine Anschlussmöglichkeit unter gemeingewöhnlichen Umständen. Es bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf eine Freigefälleentwässerung. Es stellt vielmehr nach dem OVG NRW im Ermessen der Gemeinde, welche technische Lösung sie zur Grundstücksentwässerung anbietet (vgl. OVG NRW, Urt. v. 27.04.1988 -; Az.: 22 A 580/86 -, Mitt. StGB NRW 1988, S. 289, 290).

Die finanzielle Zusatzbelastung des Grundstückseigentümers im Falle eines Druckentwässerungsnetzes ist nach dem OVG NRW auch nicht unverhältnismäßig. Nach den Erfahrungen des OVG NRW kommen gegenüber dem Anschluss an einen Freispiegelkanal die Anschaffungskosten für ein Pumpwerk mit Kosten von etwa 3.500 € hinzu. Damit werde aber gleichzeitig die Funktion eines Kontrollschachtes wahrgenommen, der hier nicht zusätzlich erforderlich sei und dessen Kosten regelmäßig mit etwa 1.500 € zu veranschlagen sei (vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Urt. v. 19.01.1998 – Az.: 15 A 6219/95 -, Gemeindehaushalt 2000, S. 69). Darüber hinaus sei in der Funktion des Pumpwerks auch eine Rückstausicherung enthalten. Weiterhin fielen Wartungskosten in Höhe von 200,-- € jährlich und Energiekosten von etwa 10,-- bis 20,-- € jährlich an. Dem stünden Ersparnisse bei der Verlegung der Hausanschlussleitungen gegenüber, die durch den geringeren Durchmesser der Abwasserleitungen und durch die Möglichkeit, diese oberflächennah ohne Gefälle zu verlegen, entstünden. Dieses könne dazu führen, dass im Einzelfall bei entsprechend langen Hausanschlussleitungen und ungünstiger Topographie die Kosten für einen Anschluss an ein Druckentwässerungsnetz sogar niedriger lägen als bei einer Freispiegelkanalentwässerung. Die Ersatzbeschaffung des Pumpwerks nach dessen Abgängigkeit, kann – so das OVG NRW – nicht in die Zumutbarkeitserwägungen eingestellt werden, denn auch Hausanschlusskanäle im Freigefälle müssten repariert oder erneuert werden. Im Übrigen weist das OVG NRW darauf hin, dass eine Druckleitung hinsichtlich des Gewässerschutzes eher vorteilhafter sei als leckanfällige Freispiegelkanäle. So könne etwa ein hoher Grundwasserstand ein technischer Grund für die Wahl des Druckentwässerungssystems sein. Außerdem sei es ständige Rechtsprechung des OVG NRW, dass Anschlusskosten von bis zu 25.000 € im Hinblick auf die öffentliche Abwasseranlage einem Grundstückseigentümer zumutbar seien. Der Kläger habe insofern nicht vorgetragen, dass dieser Kostenrahmen überschritten sei.

Auch der Beitragssatz für den Kanalanschluss sei nicht zu beanstanden. Die Kanalanschlussbeiträge seien nach Vorteilen zu bemessen. Dabei könnte Gruppen von Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen zusammengefasst werden (§ 8 Abs. 6 KAG NRW). Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG fordere, dass wesentlich Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt werde. Dem Satzungsgeber stehe ein weites Ermessen für die Gestaltung abgabenrechtlicher Regelung zu, die nur auf die Einhaltung der Grenzen des sachlich Vertretbaren überprüft werden könnten. Bei einer bemängelten Gleichbehandlung sei diese Grenze erst dann überschritten, wenn zwischen den beiden Gruppen gleich behandelter Fälle Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen würden, dass die gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen sei (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.03.2005 – Az.: 15 A 809/03 – Gemeindehaushalt 2005, S. 165 f.; OVG NRW, Beschluss v. 21.12.2000 – Az.: 15 A 4579/97 -, NWVBl 2001, S. 233). Nach diesen Maßstäben verstößt die volle Teilbeitragserhebung nach dem OVG NRW auch für Grundstücke, die mittels Druckentwässerung entwässert werden, nicht gegen § 8 Abs. 6 KAG NRW und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die beiden Entwässerungsarten sind nach dem OVG NRW nicht wesentlich ungleich unter dem Gesichtspunkt des durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme gewährten wirtschaftlichen Vorteils. Dieser bestehe bei Baulandcharakter aufweisenden Grundstücken in der Erhöhung des Gebrauchswerts darin, dass erst durch die zur Inanspruchnahme gebotene Entwässerungsanlage eine bauliche Nutzung möglich bzw. – bei schon bebauten Grundstücken – dass eine nur provisorische Entwässerung durch eine endgültige und ordnungsgemäße Erschließung ersetzt werde (vgl. OVG NRW, Urt. v. 02.03.2004 – Az.: 15 A 1151/02 -, KStZ 2004, S. 134 f.). Die generell durch die öffentliche Entwässerungsanlage gebotene Entwässerungsleistung sei die Beseitigung des Abwassers. Dieses geschehe sowohl bei der Freispiegelkanalentwässerung wie bei der Druckentwässerung. Nur die Anschlusskosten stellten sich wegen der Unterschiede in der Technik anders dar. Dieses aber habe keine Auswirkungen auf den durch die Entwässerungsmöglichkeit gebotenen wirtschaftlichen Vorteil für die Grundstückseigentümer. Insofern liege der Fall einer Druckentwässerung anders als bei einer im Einzelfall geforderten Regenrückhaltung und entspreche eher dem Fall, dass wegen besonderer topographischer Umstände eine Hebeanlage erforderlich sei, um das Abwasser des Grundstücks in einen oberhalb gelegenen Freispiegelkanal einzuleiten (vgl. zur geforderten Regenrückhaltung OVG NRW, Beschluss v. 17.03.2005 – Az.: 15 A 809/03 -, Gemeindehaushalt 2005, S. 165). Während bei einer erforderlichen Regenwasserrückhaltung der wirtschaftliche Vorteil der Entwässerung erst in der Kombination von privater Niederschlagswasserrückhaltung und öffentlicher Abwasserleitung gewährt werde, verschaffe hier das Druckentwässerungsnetz alleine den vollen wirtschaftlichen Entwässerungsvorteil. Das private Druckpumpwerk zur Einspeisung sei lediglich eine Anschlussmodalität. Die Druckentwässerung trage hier der unterschiedlichen vorgegebenen Grundstückssituation im Hinblick auf die Entwässerungsmöglichkeit Rechnung, nämlich der Hanglage Grundstücks am Rande der Ortsteilsbebauung (vgl. zur Bedeutung der Situationsgebundenheit des Grundeigentums für die Zumutbarkeit von Obliegenheiten des Eigentümers: Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 03.09.2003 – Az.: 7 B 6.03-, Buchholz 406.19, Nachbarschutz Nr. 167, S. 21; Urt. v. 21.03.2002 – 4 CN 14.00 -,BVerwGE 116, 144 (151); für die Zumutbarkeit naturschutzrechtlicher Beschränkung Urt. v. 31.01.2001 – 6 CN 2.00 -, BVerwGE 112, 373, 376 f.); zur Situationsgebundenheit einer Gemeinde für die Zumutbarkeit von Eingriffen in
die Planungshoheit Urt. v. 15.05.2003 – 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 (185)).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil die Klägerseite einen Antrag auf Zulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht gestellt hat.

Az.: II/2 24-22 qu/g

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