Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 20/2001 vom 05.01.2001

Oberverwaltungsgericht Münster zur Zweitwohnungssteuer

In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das OVG Münster mit Beschluß vom 08.06.2000 - 14 B 2135/99 - einige Aussagen zu der Frage getroffen, wann eine Zweitwohnung zur persönlichen Wohnnutzung vorgehalten wird und damit die Zweitwohnungssteuerpflicht auslöst.

In dem streitgegenständlichen Fall ist der Wohnungseigentümer von der Gemeinde zur Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung veranlagt worden, bei der streitig war, ob sie für den persönlichen Lebensbedarf vorgehalten wurde. Der Wohnungseigentümer hatte durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, daß die Wohnung im streitigen Zeitraum weder von ihm noch von seinen Familienangehörigen für Wohnzwecke genutzt wurde. Andererseits hatte er sie in diesem Zeitraum auch weder vermietet, noch ein Gewerbe angemeldet, welches den Rückschluß auf eine Nutzung als Kapitalanlage ermöglicht hätte. Die Gemeinde hatte aus der fehlenden Vermietung bzw. gewerblichen Nutzung den Rückschluß gezogen, daß die Wohnung persönlichen Zwecken diene.

Dieser Betrachtungsweise hat sich das OVG nicht angeschlossen. In den Entscheidungsgründen geht das OVG zunächst davon aus, daß die Frage, ob der Verfügungsberechtigte über eine Wohnung diese zur persönlichen Wohnnutzung und damit zu Zwecken vorhält, die eine Zweitwohnungssteuerpflicht auslöst, nach der subjektiv getroffenen Zweckbestimmung zu beurteilen ist. Da eine solche innere Tatsache ihrem Wesen nach nicht erfaßt werden könne, müsse auf sie aus objektiven Umständen geschlossen werden. Dazu bedürfe es einer Überprüfung des gesamten objektiven Sachverhalts darauf, ob aus ihm mit der gebotenen Sicherheit die subjektive Zweckbestimmung der Wohnung ermittelt werden könne. Zwar seien die dauernde Vermietung bzw. die Bemühungen um eine dauernde Vermietung eines Objekts Umstände, aus denen sich ergebe bzw. schließen lasse, daß dieses nicht persönlichen Wohnzwecken, sondern dem Erwerb dienen solle. Umgekehrt rechtfertigten jedoch fehlende Dauervermietung oder fehlende Vermietungsbemühungen nicht alleine nicht die Erhebung von Zweitwohnungssteuer. Diese sei weder eine Sanktion für fehlende Vermietung noch für sonstiges unwirtschaftliches Nutzen einer Wohnung, sondern eine Besteuerung eines bestimmten, persönlichen Wohnzwecken dienenden Aufwandes. Das Unterhalten einer zweiten Wohnung als reine Kapitalanlage zur Gewinnerzielung durch Vermietung sei nicht der einzige Fall, in dem jemand über eine zweite Wohnung verfügt, ohne daß dies als steuerpflichtiges Inhaben einer Zweitwohnung anzusehen wäre. Auch der bloße Leerstand einer Wohnung ohne aktuellen Nutzungszweck sei nicht als Innehaben einer Wohnung i.S. der Zweitwohnungssteuersatzung der Gemeinde zu beurteilen.

Während diese Argumentation des Oberverwaltungsgerichts nachvollziehbar ist, vermag eine weitergehende Einschränkung des Gerichts argumentativ nicht vollends zu überzeugen. In seiner Entscheidung legt sich das Oberverwaltungsgericht darauf fest, daß ein Aufwand, der für eine erst in künftigen Steuerzeiträumen beabsichtigte Wohnnutzung zu persönlichen Zwecken erbracht wird, nicht die Erhebung von Zweitwohnungssteuer rechtfertigt. Wörtlich führt das Gericht aus:

"Auch an solche Fälle ist zu denken, in denen eine zweite Wohnung erworben wird, um sie nach Renovierung oder Umgestaltung später bewohnen zu können. In solchen Konstellationen, in denen für den Steuerzeitraum, in dem die Wohnung erst renoviert wird, eine Wohnnutzung nicht beabsichtigt ist, wird die Wohnung für diesen Steuerzeitraum auch nicht vorgehalten. In beiden Fällen wird zwar ein Aufwand für die Möglichkeit einer künftigen Wohnnutzung erbracht; der Aufwand für das künftige Innehaben einer Wohnung zu persönlichen Zwecken fällt jedoch nicht unter den Steuertatbestand des § 2 Zweitwohnungssteuersatzung. Denn der Leerstand einer Wohnung ohne aktuellen Nutzungszweck ist kein Innehaben zu Wohnzwecken, vgl. auch § 10 Wohnungsgesetz NRW."

Diese Argumentation ist nicht schlüssig. Das Gericht vermengt hier ohne Not das (objektive) Tatbestandsmerkmal des "Innehabens" mit der (subjektiven) Zweckrichtung "für seinen persönlichen Lebensbedarf". In den Fällen, in denen wegen umfangreicher Renovierungs- bzw. Umbaumaßnahmen eine Wohnung schon tatsächlich nicht zu Wohnzwecken genutzt werden kann, sind Rückschlüsse auf subjektive Nutzungsabsichten des Wohnungsinhabers entbehrlich. In allen übrigen Fällen, in denen objektiv eine Verwendungsmöglichkeit für Zwecke der persönlichen Lebensführung gegeben ist, stellt sich die Frage, ob ein Wohnungsinhaber zur Zweitwohnungssteuer veranlagt werden kann, wenn er die Wohnung in einem abgelaufenen Steuerzeitraum nicht benutzt hat und nachträglich angibt, auch nie die Absicht besessen zu haben, sie für den fraglichen Zeitraum zu Wohnzwecken zu benutzen.

Bei seiner Würdigung des konkreten Falls hat das Oberverwaltungsgericht aus der Tatsache, daß "über Jahre hinweg" kein eigene Wohnnutzung stattfand, den Rückschluß gezogen, daß das Haus in dieser Zeit auch nicht subjektiv dazu bestimmt war, persönlichen Wohnzwecken zu dienen. Wie lang der Zeitraum der Nichtnutzung bemessen sein muß, um als Anhaltspunkt gegen die Absicht einer persönlichen Wohnnutzung zu dienen, wird durch den Beschluß nicht abschließend geklärt. Offen bleibt auch die Frage, ob Vermutungsregelungen für oder gegen die Absicht einer persönlichen Nutzung greifen, wenn die objektiven Umstände weder für die eine noch die andere Sichtweise ausreichende Anhaltspunkte bieten.

Az.: IV/1 933-02/0

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