Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 171/2012 vom 15.02.2012

Oberverwaltungsgericht Lüneburg zur Überprüfung von Abwasserleitungen

Das OVG Lüneburg hat mit Urteil vom 10.01.2012 (Az. 9 KN 162/10 — abrufbar unter: www.rechtsprechung.niedersachsen.de) entschieden, dass eine abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde berechtigt ist, Grundstückseigentümer aufzufordern, den Zustand ihrer privaten Abwasserleitungen zu überprüfen. Nach dem OVG Lüneburg erstreckt sich die Regelungsbefugnis der Gemeinde nicht nur auf Geschehensabläufe im öffentlichen Abwasserbeseitigungssystem.

Als eine Art „Annexkompetenz“ können die Gemeinden vielmehr auch Regelungen bezüglich der Einleitung von Abwasser über die private Grundstücksentwässerungsanlage (private Abwasserleitungen) in das öffentliche Kanalsystem treffen. Denn eine Gemeinde kann der ihr obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht — so das OVG Lüneburg - nur dann erfolgreich nachkommen, wenn sie in der Lage ist, auch die Benutzungsverhältnisse auf den einzelnen Grundstücken auszugestalten und dabei Regelungen in Bezug auf die Grundstücksentwässerungsanlage zu treffen.

Zulässig sind deshalb nach dem OVG Lüneburg alle satzungsrechtlichen Bestimmungen, die im Interesse einer ordnungsgemäßen und störungsfreien Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht, insbesondere einer schadlosen Ableitung und Behandlung des Abwassers erforderlich sind (vgl. hierzu auch: OVG Münster, Beschluss vom 16.10.2002 — Az. 15 B 1355/02 -, DÖV 2003, S. 418).

Hiernach kann eine Gemeinde — so das OVGVB Lüneburg - auch die Dichtheitsprüfung für private Abwasserleitungen anordnen, soweit ein konkreter Bezug zur Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde besteht. Kommunale Satzungen dürfen nach dem OVG Lüneburg daher Anforderungen an Grundstücksentwässerungsanlagen wie z. B. private Abwasserleitungen aufstellen, um zu vermeiden, dass der Betrieb des öffentlichen Abwasserbeseitigungssystems erschwert oder beeinträchtigt wird und um sicherzustellen, dass der bestehende Benutzungszwang und die Abwasserüberlassungspflicht eingehalten werden.

Vor diesem Hintergrund darf deshalb die Gemeinde satzungsrechtlich unter anderem die Überprüfung der Dichtheit von privaten Grundstücksentwässerungsanlagen (wozu auch private Abwasserleitungen gehören) mit dem Ziel vorgeben, dass Eindringen von Fremdwasser (Grund- und Drainagewasser) in das öffentliche Kanalisationsnetz zu verhindern.

Nach dem OVG Lüneburg ist die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde darüber hinaus — jedenfalls in Niedersachsen - auch berechtigt, eine Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen (Grundstücksentwässerungsanlagen) entsprechend der DIN 1986 — Teil 30 anzuordnen, weil dieses dazu dient, dass die Gemeinde ihre Abwasserbeseitigungspflicht ordnungsgemäß erfüllen kann und Abwasser von privaten Grundstücken nicht entgegen dem Benutzungszwang auf den privaten Grundstücken versickert wird.

Die StGB NRW-Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Mit dem Urteil des OVG Lüneburg vom Urteil vom 10.01.2012 (Az. 9 KN 162/10 — abrufbar unter: www.rechtsprechung.niedersachsen.de) wird klargestellt, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde befugt ist, Zustandsüberprüfungen bei privaten Abwasserleitungen anzuordnen, wenn diese dazu dienen, den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen Abwasseranlage sicherzustellen (Stichwort: Kein Eintrag von Fremdwasser wie z.B. Grund- und Drainagewasser in die öffentliche Abwasseranlage, wodurch deren Funktionstüchtigkeit beeinträchtigt wird).

Ebenso kann die Gemeinde eine Funktionsüberprüfung der privaten Abwasserleitungen anordnen, damit die Gemeinde ihre Abwasserbeseitigungspflicht ordnungsgemäß erfüllen kann. Diese ordnungsgemäße Erfüllung der Abwasserbeseitigungspflicht erfordert die Überlassung des Abwassers von privaten Grundstücken und nicht dessen Versickerung durch defekte Leitungen auf dem Privatgrundstück (vgl. zur sog. Anstaltsgewalt auch zuletzt: OVG NRW, Beschluss vom 11.7.2011 — Az.: 15 A 2625/09 — und OVG NRW, Beschluss vom 16.10.2002 — Az. 15 B 1355/02 -, DÖV 2003, S. 418).

Im Bundesland Niedersachsen gibt es jedoch keine landesgesetzliche Regelung zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit bei privaten Abwasserleitungen, weshalb das OVG Lüneburg einen Rückgriff auf die strengen Anforderungen der DIN 1986 - Teil 30 zulässt, die nach § 60 Abs. 1 Satz 2 Wasserhaushaltsgesetz als allgemein anerkannte Regeln der Technik einzuordnen sind. Insoweit bietet eine landesrechtliche Regelung die Möglichkeit, dass die strenge DIN 1986 — Teil 30 nicht zur Anwendung gebracht wird, sondern das Landesrecht entsprechende Vorgaben macht.

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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