Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 695/2013 vom 28.08.2013

Oberverwaltungsgericht Lüneburg zur gewerblichen Sammlung

Das OVG Lüneburg hat mit Beschluss vom 15.08.2013 (Az.: 7 ME 62/13) den Beschluss des VG Göttingen vom 27.06.2013 (Az.: 4 B 88/13) zur Untersagung einer gewerblichen Alttextilien-Sammlung nicht bestätigt. Nach dem OVG Lüneburg ist in § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG bezogen auf gewerbliche Sammlungen von nicht gefährlichen Abfällen zur Verwertung ein Anzeigeverfahren und kein Genehmigungsverfahren geregelt. Deshalb sind nach dem OVG Lüneburg Angaben und Darlegungen des gewerblichen Sammlers gefordert, aber keine Nachweise.

Insoweit reicht es zur Darlegung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Alttextilien aus, wenn der gewerbliche Sammler angibt, die Alttextilien würden an die Firma Sentauras in Litauen geliefert, mit welcher ein Abnahmevertrag über 900 Tonnen geschlossen worden sei. Es ist — so das OVG Lüneburg — nicht die Aufgabe der deutschen Abfallbehörde die Zertifizierung eines in einem anderen EU-Staat ansässigen Verwertungsbetrieb nach den dortigen Rechtsvorschriften zu prüfen. Der grenzüberschreitende Verkehr von Abfällen regelt sich nach dem OVG Lüneburg in erster Linie nach der EG-Abfallverbringungs-Verordnung VO Nr. 1013/2006. Insoweit habe die zuständige Abfallbehörde aber keine Bedenken erhoben.

Weiterhin sind — so das OVG Lüneburg - durch den gewerblichen Sammler auch keine Angaben zu den einzelnen Containerstandplätzen (hier: in der Stadt Göttingen) zu tätigen. Es sei nicht die Zuständigkeit der Abfallbehörde, Aufgaben wahrzunehmen, die in die Kompetenz der Straßen- bzw. Straßenverkehrsbehörde fallen würden. Ebenso sei es nicht die Aufgabe der Abfallbehörde, private Rechtsverhältnisse auszuleuchten (im Ergebnis ebenso: OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 — Az.: 20 B 607/13). Eine „Containerstandort-Liste“ wäre nach dem OVG Lüneburg auch in hohem Maße unpraktikabel, weil jede Umsetzung oder Neuaufstellung eines Containers eine Anwendung oder Ergänzung der Anzeige nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG erforderlich machen würde. Außerdem stünden zum Zeitpunkt der Anzeige — mindestens 3 Monate vor Aufnahme der Sammlung — häufig auch noch nicht sämtliche Containerstandorte fest, sondern nur deren (ungefähre) Anzahl.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Das OVG Lüneburg (Beschluss vom 15.08.2013 — Az.: 7 ME 62/13) nimmt den Rechtsstandpunkt ein, dass zu einer ordnungsgemäßen Verwertung im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG wohl nicht die Einhaltung des Straßenrechts gehört (ebenso: OVG Münster, Beschluss vom 19.07.2013 — Az.: 20 B 607/13). Es muss bezweifelt werden, dass dieser Rechtstandpunkt zutreffend ist, denn § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG definiert den Begriff der „ordnungsgemäßen Verwertung“ dahin, dass die Verwertung im Einklang mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehen muss. Insoweit können Abfälle nicht verwertet werden, wenn sie zeitlich zuvor nicht eingesammelt worden sind.

Auch bei der Einsammlung von Abfällen im Vorfeld der Verwertung müssen aber andere (nicht nur abfallrechtliche) öffentlich-rechtliche Rechtsvorschriften wie etwa das Straßenrecht (z.B. das StrWG NRW) beachtet werden (so zutreffend: BayVGH, Beschluss vom 08.04.2013 — Az.:13.377 — abrufbar unter: www.gesetze-bayern.de/Gerichtsentscheidungen; vgl. auch Queitsch AbfallR 2013, S. 169ff.). Insoweit wird bei allen Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung (§ 3 Abs. 14 KrWG, wozu auch wiederum die Verwertung nach § 3 Abs. 23 KrWG gehört) die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Rechtordnung gewissermaßen vorausgesetzt. Eine Abfalleinsammlung und Abfallverwertung, die alle anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht beachtet oder diese schlichtweg ignoriert, kann nicht als im Einklang mit der Rechtsordnung und damit als ordnungsgemäß angesehen werden, denn das Abfallrecht steht nicht über der Rechtsordnung in Deutschland, sondern ist ein Teil dieser Rechtsordnung.

Auch Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung müssen diese deutsche Rechtsordnung beachten. Dieses gilt sowohl für die Einholung von erforderlichen Sondernutzungserlaubnissen als auch für die Beachtung des Eigentumsrechts von privaten Grundstückseigentümern, denen nicht einfach ohne Zustimmung Sammelcontainer auf das private Grundstück gestellt werden können. Insoweit ist auch die Abfallbehörde entgegen dem OVG Lüneburg als prüfungsbefugt anzusehen, ob die deutsche Rechtsordnung durch einen gewerblichen Sammler beachtet wird.

Der BayVGH hat jedenfalls mit Beschluss vom 08.04.2013 (Az.: 20 CS 13.377) klargestellt, dass eine gewerbliche Abfallsammlung auch gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 (1. Variante) KrWG untersagt werden kann, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des gewerblichen Sammlers ergeben. Diese Unzuverlässigkeit kann sich daraus ergeben, dass der gewerbliche Sammler bundesweit in verschiedenen Städten ohne vorherige Einholung behördlicher oder privater Erlaubnisse sowohl auf öffentlichen als auch auf privaten Flächen Altkleidersammelcontainer aufgestellt hat. Endgültige Rechtsklarheit wird es allerdings in dieser Frage wohl erst durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) geben können.

Unabhängig davon hat aber selbst das OVG NRW (Beschluss vom 19.07.2013 — Az.: 20 B 607/13) deutlich herausgestellt, dass es der für das Straßenrecht zuständigen Behörde (in NRW: die kreisangehörigen Städte und Gemeinden) unbenommen ist, die Einhaltung des Straßenrechts durchzusetzen (vgl. hierzu auch: Thärichen/Ameskamp, AbfallR 2013, S. 176ff.; Queitsch UPR 2013, S. 222ff.)

Az.: II/2 31-02 qu-qu

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