Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 819/2004 vom 14.10.2004

Oberverwaltungsgericht Lüneburg zum Aufstellplatz für Abfallgefäße

Das OVG Lüneburg hat mit Urteil vom 17.3.2004 (Az.: 9 ME 1/04, KommJur 2004, S. 353f.) entschieden, dass den Anliegern einer Stichstraße regelmäßig eine Transportstrecke für die Abfallbehälter von 100 m bis zu einem Aufstellplatz zumutbar ist, wenn der Zuschnitt der Stichstraße ein gefahrloses Wenden eines Müllsammelfahrzeuges nicht zulässt. Das OVG Lüneburg stellt darauf ab, dass nach § 16 Nr. 1 der Unfallverhütungsvorschriften Müllbeseitigung (UVV) der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) Müll (direkt vor einem Grundstück) nur abgeholt werden darf, wenn die Zufahrt zu den Müllbehälterstandplätzen so angelegt ist, dass ein Rückwärtsfahren nicht erforderlich wird. Bei Sackgassen muss z.B. die Möglichkeit bestehen, dass am Ende der Straße ohne mehrmaliges Rangieren (auch dies bedingt ein Rückwärtsfahren) gewendet werden kann. Besteht diese Möglichkeit nicht, dürfen derartige Straßen nicht mehr mit Müllsammelfahrzeugen befahren werden.

Die Bestimmung eines mit Müllfahrzeugen anfahrbaren Aufstellungsplatzes verstößt nach dem OVG Lüneburg nicht gegen die Regelungen in den §§ 13, 15 KrW-/AbfG. Die Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG beschränkt sich nicht darauf, dass Abfälle auf dem oder unmittelbar vor dem Grundstück des Abfallbesitzers/-erzeugers abgeholt wird, sondern schließt unter bestimmten Voraussetzungen Bringpflichten des überlassungspflichtigen Abfallbesitzers/-erzeugers ein. Ausgeschlossen sei lediglich die Einführung einer generellen Bringpflicht des Abfallerzeugers/-besitzers. Bestehe dagegen ein generelles Holsystem, könne dem Überlassungspflichtigen in Einzelfällen auf Grund der örtlichen Besonderheiten eine individuelle Bringpflicht auferlegt werden. Derartige Regelungen seien Ausdruck einer angemessenen Lastenverteilung zwischen den Erzeugern und Besitzern der Abfälle einerseits und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern andererseits. Verursache die besondere Lage eines Grundstücks einen zusätzlichen Aufwand, so sei dieses grundsätzlich der Sphäre des überlassungspflichtigen Abfallbesitzern/-erzeugers zuzurechnen. Demgemäß dürfe der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger von diesen eine stärkere Mitwirkung als sonst üblich verlangen (so auch: BVerwG, UPR 2000, S. 144 = NVwZ 2000, S. 71) und es bestehe in diesen Fällen dann kein Rechtsanspruch des Abfallbesitzers/-erzeugers auf Abholung ihres Abfalls unmittelbar vor ihren Grundstücken (vgl. BVerwG, NVwZ 1996, S. 63, BVerwG NVwZ 2000, S. 71 = UPR 2000, S. 144).

Diese auferlegte Mitwirkungspflicht müsse allerdings zumutbar sein. Dabei sei eine generelle Festlegung einer Zumutbarkeitsgrenze für Mitwirkungspflichten nicht möglich, weil die einzelnen Fallkonstellationen zu unterschiedlich gestaltet seien. Ein Transport des Abfalls bis zu 100 m Entfernung sei im Regelfall jedenfalls zumutbar (vgl. dazu auch: VGH München, NVwZ 1993, S. 392: 30 m zumutbar; OVG Schleswig, NVwZ-RR 1998, S. 27: 60 m zumutbar; BVerwG, NVwZ 2000, S. 71 = UPR 2000, S. 144: 644 m bei einem Außenbereichsgrundstück zumutbar; OVG Lüneburg, Urteil vom 26.11.1997 – Az.: 9 L 968/96: bei atypischer Grundstückslage im Außenbereich ca. 2 km zumutbar).

In die gleiche Richtung hatte auch der BayVGH mit Urteil vom 14.10.2003 (Az.: 20 B 03.636, UPR 2004, S. 76ff.) entschieden (siehe hierzu ausführlich: Mitt. StGB NRW März 2004 Nr. 210. S. 85f.)

Die jüngsten Urteile des BayVGH vom 14.10.2003 (Az.: 20 B 03.637, UPR 2004, S. 76 ff.) und des OVG Lüneburg vom 17.3.2004 (Az.: 9 ME 1/04, KommJur 2004, S. 353f.) stellen grundsätzlich nochmals klar, dass in Ausnahmefällen die Abfallgefäße nicht vor dem Grundstück entleert werden müssen. Wenn dem Grundstückseigentümer bzw. Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung allerdings satzungsrechtlich die Benutzungsmaßgabe (Benutzungsbedingung) aufgegeben wird, die Abfallgefäße zu einem bestimmten Entleerungsort zu bewegen, so muss die Benutzungsmaßgabe (Benutzungsbedingung) für den Benutzer zumutbar sein.

In diesem Zusammenhang kommt es nach dem BayVGH nicht allein auf die zurückzulegende Wegstrecke an. Vielmehr ist auch von Bedeutung, ob der Benutzer aufgrund seines Alters und seiner sonstigen familiären Situation in der Lage ist, die Abfallgefäße zu einem bestimmten Entleerungsort zu bewegen. Letzten Endes kann die Frage der Zumutbarkeit damit immer nur auf der Grundlage des konkreten Einzelfalls abschließend zu beurteilen werden.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass alternativ auch die Möglichkeit bestehen kann, dass die Müllwerker des Abfallfahrzeugs in einer nicht befahrbaren Straße die Abfallgefäße vor den Grundstücken abholen, zum Entleerungsort in der nächsten befahrbaren Straße bringen und anschließend vor die Grundstücke zurückstellen. Dieses verursacht dann zwar Mehrkosten, die von der Solidargemeinschaft der Abfallgebührenzahler zu tragen ist. Gleichzeitig stellt sich bei dieser Verfahrensweise aber die Frage der Zumutbarkeit einer Benutzungsbedingung nicht. Dennoch ist auch bei dieser Verfahrensweise abzuwägen, ob die verursachten Mehrkosten durch das „Abholen der Abfallgefäße“ noch als vertretbar angesehen werden können oder es zur Vermeidung von nicht mehr vertretbaren Mehrkosten angezeigt ist, auf die gesteigerte Mitwirkungspflicht der Benutzer zurückzugreifen.

Grundsätzlich ist allerdings davon auszugehen, dass eine mit einem Abfallgefäß auf Rollen zurückzulegende Wegstrecke zum Entleerungsort von 100 m noch als zumutbar angesehen werden kann. Dabei sind die 100 m ab der Grundstücksgrenze bis zum Entleerungsort zu bemessen, so dass dem Umstand keine Bedeutung beizumessen ist, dass etwa auch auf dem privaten Grundstück noch zusätzlich bis zum Haus eine Wegstrecke von z.B. 100 m zurückgelegt werden muss, denn die Größe eines Grundstücks bzw. die wegemäßige Entfernung vom Haus bis zur privaten Grundstücksgrenze ist ein Umstand, den sich der Grundstückseigentümer regelmäßig selbst zuzurechnen hat.

Az.: II/2 31-10 qu/g

Az.: II/2 31-10 qu/g

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