Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 489/2008 vom 11.07.2008

Oberverwaltungsgericht Hamburg untersagt Papiersammlung

Das OVG Hamburg hat in einem Eilverfahren mit Beschluss vom 8.7.2008 (Az.: 1 Bs 91/08) die Untersagungsverfügung der Umweltbehörde der Stadt Hamburg bestätigt, mit welcher einem privaten Abfallunternehmen die Sammlung von Altpapier mit „Blauen Tonnen“ untersagt worden war.

1. Keine Überlassung der Abfälle an Dritte (§ 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG)

Die Untersagungsverfügung (gestützt auf § 21 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) ist nach dem OVG Hamburg rechtmäßig, weil das private Entsorgungsunternehmen durch das Werben für eine gewerbliche blaue Altpapiertonne bei den privaten Haushaltungen diese veranlasst hat, ihre Abfallüberlassungspflicht gegenüber der Stadt Hamburg zu verletzen.

Insoweit stellt das OVG Hamburg ausdrücklich klar, dass private Haushaltungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG nicht berechtigt sind, Abfälle zur Verwertung an beliebige Dritte abzugeben. Die Grundpflichten der Abfallbesitzer/-erzeuger zur Verwertung von Abfällen und zur Beseitigung von Abfällen (§§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 KrW-/AbfG) werden bereits nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG („Abweichend von den §§ 5 Abs. 2 und 11 Abs. 1 KrW-/AbfG…“) bei den privaten Haushaltungen in eine Abfallüberlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger umgewandelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007, DVBl. 2008, S. 317; BVerwG, Urteil vom 25.8.1999 NVwZ 2000, S. 71; BVerwG Urteil vom 20.12.2000, BVerwGE 112, 297).

Hiernach verbleibt nach dem OVG Hamburg für den privaten Haushalt lediglich das Recht zur eigenen Verwertung von Abfällen, soweit sie das wollen und soweit sie hierzu in der Lage sind. Der Bundesgesetzgeber habe hier – so das OVG Hamburg – speziell an die Möglichkeit der Eigenkompostierung gedacht (vgl. BVerwG Urteil vom 20.12.2000, BVerwGE 112, 297). Eine Abgabe von Abfällen zur Verwertung durch private Haushalte an Dritte ist – so das OVG Hamburg - vom Bundesgesetzgeber entgegen dem OVG Schleswig (Urteil vom 22.4.2008 – Az.: 4 LB 7/07) weder gemeint und noch gewollt gewesen, was sich auch aus den Gesetzesmaterialien entnehmen lasse (vgl. BT-Drucksache 12/5672; BT-Drucksache 12/7284).

2. Überwiegende öffentliche Interessen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG)

Das OVG Hamburg führt weiterhin aus, dass der gewerblichen Papiersammlung aus privaten Haushaltungen auch überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Dabei ist der Begriff des öffentlichen Interesses – so das OVG Hamburg - nicht einengend dahin auszulegen, dass nur im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz selbst angelegte öffentliche Interessen Berücksichtigung finden können. In Anknüpfung hieran sieht das OVG Hamburg es als überwiegendes öffentliches Interesse an, dass das nach der Verpackungsverordnung (auch in Hamburg) bestehende „Duale System nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung“ zur regelmäßigen, haushaltnahen Erfassung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe Karton bestandsgefährdend beeinträchtigt wird.

Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe Karton werden zu ca. 25 % (nach Volumen) durch die Stadt Hamburg im Rahmen ihrer kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung mit erfasst. Selbst eine gewerbliche Sammlung von nur ca. 50 % des Altpapiers würde damit dazu führen, dass die Systembetreiber für das Duale System den Nachweis , dass 70 % der Verpackungen aus Papier, Pappe, Karton einer stofflichen Verwertung zugeführt werden nicht mehr führen könnten. Die Folge wäre, dass die Funktionsfähigkeit dieses Systems hierdurch nicht nur gefährdet, sondern grundlegend in Frage gestellt wird. Die Sicherung des Rücknahme- und Kreislaufsystems der Verpackungsverordnung ist damit nach dem OVG Hamburg ein schwerwiegender öffentlicher Belang (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2006, BVwerGE 125, 337), welcher der Durchführung einer gewerblichen Sammlung von Altpapier entgegensteht. Das öffentliche Interesse an der Sicherung dieses Rücknahmesystems nach der Verpackungsverordnung überwiegt insoweit auch den Erwerbsinteressen des gewerblichen Altpapiersammlers.

Die Geschäftsstelle begrüßt den Beschluss des OVG Hamburg, weil zum einen klargestellt wird, dass private Haushaltungen ihre Abfälle zur Verwertung nicht an beliebige private Dritte überlassen können, sondern grundsätzlich dem öffentlichen rechtlichen Entsorgungsträger (Stadt, Gemeinde, Kreis) überlassen müssen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn eine Eigenverwertung (z.B. Eigenkompostierung) durchgeführt wird (vgl. hierzu auch ausführlich: Queitsch, AbfallR 2008, S. 178ff.). Außerdem stellt das OVG Hamburg heraus, dass in § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung die Mitbenutzung der kommunalen Altpapiererfassungssysteme im Hinblick auf Druckerzeugnisse (Zeitungen, Zeitschriften, Schreibpapier) zur gleichzeitigen Miterfassung der Einweg-Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe, Karton im Rahmen des „Dualen Systems“vorgesehen ist. Insoweit besteht nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung sogar ein Mitbenutzungsanspruch des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gegenüber den Systembetreibern des Dualen Systems. Durch die gewerblichen Altpapiersammlungen wird das Duale System zur Erfassung, Sortierung und Verwertung von gebrauchten Einwegverpackungen unter anderem aus Papier, Pappe, Karton in seiner Existenz und Funktionsfähigkeit bis zum Verlust der „Systemzulassung (sog. Freistellungserklärung)“ schwerwiegend beeinträchtigt. Das öffentliche Interesse an der Sicherung dieses Rücknahmesystems nach der Verpackungsverordnung ist deshalb nach dem OVG Hamburg ein überwiegendes öffentliches Interesse, welches der gewerblichen Altpapiersammlung entgegensteht. Wichtig ist auch, dass das OVG Hamburg klargestellt hat, dass öffentliche Interessen nicht nur solche nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sein können. Hierdurch wird grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, auch anderweitige öffentliche Interessen wie etwa die „das Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit Verkehrs“ wieder ins Spiel zu bringen, weil es nicht im straßen- und wegerechtlichen Interesse liegen kann, dass wegen einer einzigen Abfallfraktion wie z.B. Altpapier mehrere Müllfahrzeuge in Wohngebiete hereinfahren, weil hierdurch nicht nur die Wohnqualität beeinträchtigt wird, sondern auch unnötige Gefährdungstatstände z.B. für den fließenden und ruhenden Verkehr oder sogar spielende Kinder geschaffen werden können. Es ist und bleibt hier dass öffentliche Interesse der Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Abfallabholungen durch Müllfahrzeuge auf das Minimum des absolut Notwendigen insbesondere in Wohngebieten zu begrenzen.

Az.: II/2 31-02

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