Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 86/2017 vom 25.01.2017

Oberlandesgericht Düsseldorf zu Voraussetzungen für Inhouse-Vergaben

Eine vergaberechtsfreie Inhouse-Vergabe setzt nicht zwingend voraus, dass der öffentliche Auftraggeber auch an der Geschäftsführung seiner eigenen GmbH beteiligt ist. Dies hat das OLG Düsseldorf unter anderem in einem Beschluss vom 02.11.2016 (VII-Verg 23/16) entschieden. 

Die Bundesrepublik Deutschland wollte Chauffeurdienstleistungen für die Abgeordneten des Bundestages, sog. Mandatsfahrten (§ 12 Abs. 4 AbgG), nach Auslaufen des derzeit mit der Antragstellerin bestehenden Vertrags durch eine bundeseigene GmbH erbringen lassen. Diese sollte berechtigt sein, auch Leistungen für Dritte zu erbringen, soweit sichergestellt bleibt, dass die Gesellschaft im Wesentlichen für den Bund tätig wird. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag.

Sie ist der Auffassung, bei der Vergabe der Mandatsfahrten handle es sich um einen ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrag. Die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe seien nicht erfüllt. Eine Gesellschaft, in der die Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind, könne nach der Rechtsprechung des EuGH keine ausschreibungsfreien Inhouse-Geschäfte ausüben. Des Weiteren sei das Wesentlichkeitskriterium nicht erfüllt, weil der GmbH Umsätze mit anderen, mittelbaren Tochterunternehmen des Bundes als Fremdgeschäft zuzurechnen seien. 

Dem ist das OLG Düsseldorf nicht gefolgt. Die Einhaltung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Voraussetzungen für eine Inhouse-Tätigkeit der GmbH für den Bund, insbesondere die Erfüllung des Kontroll- oder Beherrschungskriteriums, sei durch die Gesellschafterverhältnisse, die Regelungen des GmbH-Gesetzes und die vertragliche Ausgestaltung sichergestellt.  

Die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgestellte Voraussetzung für eine Inhouse-Vergabe, wonach der Auftraggeber über das Unternehmen eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt, wenn er sowohl am Kapital als auch an den Leitungsorganen dieser Einrichtung beteiligt ist, sei erfüllt. Der Begriff des Leitungsorgans im Sinne der EuGH-Rechtsprechung sei nicht mit der Vertretung einer Gesellschaft nach außen (etwa durch den oder die Geschäftsführer gemäß § 35 GmbHG) gleichzusetzen.

Leitungsorgan soll vielmehr dasjenige Organ oder Gremium sein, das die Tätigkeit des Unternehmens maßgebend steuert. Dies sei im Streitfall die Gesellschafterversammlung des Unternehmens, mithin der Bund als alleiniger Anteilseigner. Denn das GmbHG räume den Gesellschaftern umfassende Kontrollbefugnisse hinsichtlich der Geschäftsführung ein, insbesondere entscheiden die Gesellschafter über die Bestellung, Abrufung und Entlastung der Geschäftsführer (§ 46 Nr. 5 GmbHG) sowie Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 6 GmbHG). 

Auch sei die im Streitfall maßgebliche Grenze einer Fremdtätigkeit von (im vorliegenden Fall noch) maximal 10 % eingehalten worden. Als Tätigkeit für den Bund seien sämtliche Aufgaben anzusehen, die die GmbH für dem Bund zuzurechnende Stellen erbringt, darunter auch die dem Bund zuzurechnenden Eigengesellschaften. Nicht der Tätigkeit für den Bund zuzurechnen seien lediglich solche Tätigkeiten, die die GmbH für private Dritte erbringt. 

Anmerkung 

Die Entscheidung ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen. Sie stellt klar, dass öffentliche Auftraggeber bei einer privaten Tochter-GmbH bereits über die Gesellschafterversammlung eine hinreichende Kontrolle über das Unternehmen ausüben können, um eine vom Vergaberecht befreite Inhouse-Vergabe vornehmen zu dürfen. Auch wird der Begriff „Drittgeschäft“ definiert. Dies sind nach dem Beschluss des OLG nur solche Tätigkeiten, die nicht für den kontrollierenden Auftraggeber oder ihm zuzurechnende Stellen, sondern für private Dritte erbracht werden. Diese Definition ist auch im Zusammenhang mit dem neuen § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB, wonach mehr als 80 % der Tätigkeiten des kontrollierten Unternehmens dem öffentlichen Auftraggeber dienen müssen, von Bedeutung.

Az.: 21.1.1.3-001/002

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