Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 253/2011 vom 07.04.2011

NRW-Umweltministerium zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände im Land Nordrhein-Westfalen (Städtetag NW, Städte- und Gemeindebund NRW und Landkreistag NRW) hatte mit Datum vom 15.02.2011 den Umweltminister, den Innenminister und den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen angeschrieben. Gegenstand des Anschreibens ist die Absicht der Bundesregierung die gewerbliche Sammlung von Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushalten im Rahmen der Anpassung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes an die EU-Abfallrichtlinie erheblich auszuweiten. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hatte Herrn Minister Remmel wie folgt geschrieben:

„Sehr geehrter Herr Minister Remmel,

das Bundesumweltministerium hat mit Datum vom 02.11.2010 einen Referentenentwurf zur Anpassung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes an die EU-Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG vorgelegt. In diesem Zusammenhang soll die Möglichkeit der gewerblichen Sammlung von Abfällen aus privaten Haushalten neben der öffentlichen (kommunalen) Abfallentsorgung erheblich ausgeweitet werden und das gegenteilige Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2009 (Az.: 7 C 16.08 — NVwZ 2009, S. 1292ff.) ausgehebelt werden. Zukünftig sollen private Abfallentsorgungsunternehmen als gewerbliche Sammler Abfälle zur Verwertung (wie z. B. Altpapier) durch direkte Vertragsbeziehungen mit den privaten Haushalten einsammeln können, wenn sie zuvor die gewerbliche Sammlung bei einer zuständigen Behörde angezeigt haben.

Die kommunalen Spitzenverbände in Deutschland lehnen diese Gesetzesänderung kategorisch ab, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18.06.2009 deutlich und vollzugspraktisch sehr gut anwendbar herausgearbeitet hat, dass gewerbliche Sammlungen von Abfällen zur Verwertung (wie z.B. Altpapier) nach der heutigen Rechtslage (§ 13 Absd. 1 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) unzulässig sind, wenn sie in dauerhaft festen Strukturen nach der Art eines öffentlich-rechtlichen (kommunalen) Entsorgungsträgers (Stadt, Gemeinde, Kreis) durchgeführt werden. Gelegentliche gemeinnützige oder gewerbliche Abfallsammlungen sind hingegen zulässig.

Die kommunale Spitzenverbände befürchten, dass durch die künftige Zulassung von gewerblichen Abfallsammlungen bei den privaten Haushaltungen den Städten und Gemeinden sowie Kreisen die Verwertungserlöse für verwertbare Abfälle (wie z. B. beim Altpapier) entzogen werden und damit ein erheblicher Anstieg der Abfallgebühren verbunden ist, weil die wegfallenden Erlöse nicht mehr dazu verwendet werden können, die erheblichen Kosten der öffentlichen Abfallentsorgung teilweise zu decken.

In diesem Zusammenhang sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Prüfung der Zulässigkeit von gewerblichen Sammlungen in dem vorgesehenen Anzeigeverfahren (§ 17 Abs. 3 und 18 KrWG-Entwurf) von einer neutralen Behörde durchgeführt werden muss. Das Bundesumweltministerium geht offensichtlich davon aus, dass die unteren Abfallwirtschaftsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte nicht neutral sind, weil die Kreise und kreisfreien Städte zugleich auch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sind.

Diese Einschätzung teilen die kommunalen Spitzenverbände nicht, weil jede behördliche Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte überprüft werden kann. Die Verwaltungsgerichte gewährleisten hier eine neutrale Prüfung, so dass es keiner zusätzlichen „neutralen“ Behörde bedarf. Wir sehen in dieser Regelung auch eine mangelnde Wertschätzung der Arbeit der Verwaltungsgerichte. Darüber hinaus befürchten wir bei der Verlagerung der Genehmigungsentscheidung auf die „mittlere Ebene“ zusätzliche Konflikte zwischen Länder- und Kommunalbehörden sowie eine Zunahme der rechtlichen Risiken für das Land. Im Übrigen erachten wir die Regelung zur „neutralen“ Behörde als verfassungsrechtlich nicht haltbar, weil es allein Sache der Länder ist, wie der Verwaltungsvollzug organisiert wird und welche Behörde für zuständig erklärt wird.

Wir wären Ihnen daher sehr verbunden, wenn Sie sich gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden dafür einsetzen würden, dass die jetzige Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz unverändert beibehalten wird.

Für ein vertiefendes Gespräch stehen wir gerne zur Verfügung.“

Mit Schreiben vom 25.3.2011 hat Herr Minister Remmel wie folgt geantwortet:

„Für Ihr Schreiben vom 15.02.2011 danke ich Ihnen. Ihre Forderungen, die vom BMU im o. g. Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen der Vorschriften für gewerbliche Wertstoff-sammlungen zurückzunehmen, es insoweit bei den Maßgaben des geltenden Rechts zu belassen und die Regelungen zu Anordnungen gegenüber Betreibern gewerblicher Sammlungen durch eine „neutrale Stelle“ zu streichen, werden von mir unterstützt.

In der Stellungnahme, die mein Haus gegenüber dem Bundesumweltministerium bereits zu dem offiziellen Entwurf vom 06.08.2010 abgegeben hat, ist in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen worden, dass das Bundesverwaltungsgericht aus hiesiger Sicht mit seinem Urteil vom 18.06.2009 nach jahrelanger Rechtsunsicherheit die notwendige Klarheit geschaffen und zutreffend herausgestellt hat, dass das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz kein Einfallstor zur Etablierung paralleler privater Entsorgungs- und Verwertungsstrukturen beim Hausmüll schaffen wollte.  Mit erfreulicher Deutlichkeit hat das Gericht entschieden, dass überwiegende öffentliche Interessen gewerblichen Sammlungen nicht erst bei Existenzgefährdung des kommunalen Entsorgungssystems entgegenstehen, sondern schon bei mehr als nur geringfügigen Auswirkungen auf Organisation und Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und hat dies an Beispielen aus der Praxis auch hinreichend verdeutlicht.

Damit hat das Gericht die insbesondere für den Gesetzesvollzug notwendige Konkretisierung des Terminus entgegenstehender überwiegender öffentlicher Interessen auf der Grundlage geltenden Rechts vorgenommen. Es besteht keine Veranlassung, diesen Streit durch neue Formulierungen im Gesetz erneut zu entfachen, zumal sich das Bundesverwaltungsgericht aus hiesiger Sicht mit der Frage, ob seine Auslegung im Einklang mit dem Grundgesetz und mit dem Gemeinschaftsrecht steht, in ausreichendem Umfang auseinandergesetzt hat.

Die von Ihnen ebenfalls zu recht kritisierte Vorschrift im Entwurf des BMU, nach der die für eine gewerbliche Sammlung zuständige Behörde nicht gleichzeitig mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betraut sein darf, halte auch ich für systemfremd, verfassungsrechtlich bedenklich und unpraktikabel, nicht zuletzt da dies für Nordrhein-Westfalen eine staatliche Zuständigkeit gegenüber allen 427 öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern begründen würde.

Mein Haus wird sich im anstehenden Bundesratsverfahren für entsprechende Korrekturen im Gesetz einsetzen.“

 

Az.: II/2 31-02 qu-ko

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