Mitteilungen - Schule, Kultur, Sport

StGB NRW-Mitteilung 653/2007 vom 20.09.2007

Novellierung des Urheberrechts und Auswirkung auf Schulen

Eine vom Bundestag bereits beschlossene Änderung des Urhebergesetzes sieht vor, dass die auszugsweise Vervielfältigung von Schulbüchern für Unterrichtszwecke nur noch mit Einwilligung des Berechtigten zulässig sein soll. Diese so genannte Bereichsausnahme für Schulbücher ist Bestandteil des „Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“.

Nach geltendem Recht können urheberrechtlich geschützte Werke auszugsweise für Unterrichtszwecke kopiert werden, ohne dass der Urheber zustimmen muss. Zum Ausgleich erhalten die Urheber Einnahmen aus pauschalen Abgaben, die neben den Herstellern von Kopiergeräten auch die Kommunen als Schulträger zu entrichten haben. Nach Auffassung des StGB NRW konterkariert die geplante Bereichsausnahme für Schulbücher nicht nur die gesamtgesellschaftlichen Bestrebungen zur Verbesserung des Bildungsstandortes Deutschland. Sie steht auch im Widerspruch zum Bekenntnis des Koalitionsvertrags zu einem wissenschafts- und bildungsfreundlichen Urheberrecht.

Mit der nachfolgend wiedergegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 17.09.2007 gegenüber der Staatskanzlei NRW hat der Städte- und Gemeindebund auf die nachteiligen Folgen der geplanten Neuregelung aufmerksam gemacht:

„... auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags (Drucksache 16/5939) ist im Rahmen des „Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" eine Novellierung des Urhebergesetzes geplant. Danach soll durch entsprechende Änderung des § 53 Abs. 3 UrhG jegliche Vervielfältigung von Schulbüchern zur Verwendung im Rahmen des Schulunterrichts „stets nur" mit Einwilligung des Berechtigten zulässig sein. Der Deutsche Bundestag hat diese Beschlussempfehlung bereits in seiner 108. Sitzung am 05.07.2007 angenommen (Plenarprotokoll 16/108, 11144 (B) ff.). Der Städte- und Gemeindebund NRW wendet sich nachdrücklich gegen die vorgesehene Neuregelung:

1. Postulat des bildungsfreundlichen Urheberrechts verletzt

Die geplante Änderung konterkariert nicht nur die inzwischen gesamtgesellschaftlich verankerten Bestrebungen zur Verbesserung des Bildungsstandortes Deutschland. Sie steht auch in deutlichem Widerspruch zum Bekenntnis zu einem wissenschafts- und bildungsfreundlichen Urheberrecht im Koalitionsvertrag. Da der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags in der Begründung seiner Beschlussempfehlung mit keinem Wort auf die dramatischen Auswirkungen zulasten des Schulunterrichts eingeht, könnte man versucht sein festzustellen, dass ein bildungsfreundliches Urheberrecht mit einem bildungsverlagsfreundlichen Urheberrecht verwechselt worden ist.

2. Schulbuchkopien gewährleisten Funktionieren des Marktes

Dabei bestreiten wir ausdrücklich, dass der Primärmarkt der Schulbuchverlage vor Eingriffen in Form von Vervielfältigungen geschützt werden muss, wie in der Beschlussempfehlung des Bundestags-Rechtsausschusses behauptet wird. Vielmehr würde die geplante Bereichsausnahme für Schulbücher dazu führen, dass die Monopolstellung des jeweiligen Verlags, dessen Publikation an einer Schule genutzt wird, zementiert wird. Denn in der Praxis erfolgt die Entscheidung zum Wechsel zu einem Konkurrenzprodukt in den zuständigen Schulgremien nur, wenn sich dieses Produkt im Unterricht bewährt hat. Insofern ist die probeweise Verwendung von Schulbuchkopien kein Markteingriff, sondern die Voraussetzung zum Funktionieren des Marktes. Dabei versteht es sich von selbst, dass Schulbücher, schon aus Kostengründen, nur auszugsweise und nur zur Ergänzung des Unterrichtsmaterials kopiert werden. Jeder, der eine Schule besucht oder besucht hat, wird bestätigen, dass Schulbücher die Regel und Kopien die Ausnahme sind.

3. Pauschales Ausgleichssystem hat sich bewährt

Ebenfalls unzutreffend ist die Aussage in der Beschlussempfehlung, nach der Kopien in Klassenstärke zu Einschnitten bei der Verwertung des betroffenen Werkes führen. Denn insofern hat sich das System zur Entschädigung für die Urheberrechtsnutzung über die pauschale Geräte- beziehungsweise Betreiberabgabe bewährt. Zudem wirken sich weitere geplante Änderungen, insbesondere der Verzicht auf die 5 %-Grenze bei der Geräteabgabe, zu Gunsten der Urheberrechtsverwerter beziehungsweise -Inhaber aus. Sofern hier ein verbleibendes Ungleichgewicht erkannt und bestätigt werden sollte, wäre eine entsprechende Anpassung des pauschalen Abgabensystems die angemessene Lösung.

4. Praxisfremdheit der geplanten Regelung

Die vom Bundestag beschlossene Regelung ist zudem praxisfremd, da sie darauf hinausläuft, dass Lehrer für jede Kopie, die sie zur Bereicherung des Unterrichts aus Schulbüchern anfertigen, den Schulträger veranlassen müssten, einen Vertreter des jeweiligen Urhebers zu ermitteln und die Konditionen für dessen Zustimmung auszuhandeln. Dieses Verfahren würde nicht nur allen Bekenntnissen zum Bürokratieabbau zuwiderlaufen, sondern wäre schlicht unpraktikabel.

5. Weitere Kritik

Kritikwürdig ist aus unserer Sicht auch, dass die Änderung des Urheberrechts nach Abschluss der Verbändebeteiligung und aufgrund von Anhörungen erfolgte, bei denen die Urheberrechte-Verwerter deutlich überrepräsentiert waren (s. die Aufstellung der beteiligten Sachverständigen in Drucks. 16/5939 S. 26 f.). Zudem ist ausweislich des Plenarprotokolls in der entscheidenden Sitzung des Deutschen Bundestags kein Abgeordneter auf die erhebliche Änderung gegenüber dem Regierungsentwurf eingegangen, geschweige denn auf die gravierenden Auswirkungen zulasten eines reibungslosen Schulbetriebs. Vielmehr standen, dem Titel des Artikelgesetzes entsprechend, Anpassungen an den informationstechnologischen Fortschritt im Fokus. Es entsteht so der Eindruck, dass interessierte Kreise im zuständigen Ausschuss eine Entscheidung durchgesetzt haben, deren Auswirkungen der Öffentlichkeit und den direkt Betroffenen noch gar nicht bewusst sind.

6. Kommunale Forderung

Wir appellieren daher mit Nachdruck an die Mitglieder des Bundesrates, die Interessen der Länder als Träger der Bildungshoheit sowie der kommunalen Schulträger zu wahren und die in § 53 Abs. 3 UrhG vorgesehene Bereichsausnahme für Schulbücher rückgängig zu machen.“

Der Bundesrat entscheidet abschließend am 21.09.2007 über das Gesetz. Über das Ergebnis wird die Geschäftsstelle berichten.

Az.: IV 320-1

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