Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 381/2012 vom 23.08.2012

Neuvergabe kommunaler Strom- und Gaskonzessionsverträge I

Das VG Oldenburg hat mit mehreren Beschlüssen den Eilanträgen von 15 Städten und Gemeinden im Landkreis Leer entsprochen, die sich gegen die kommunalaufsichtliche Beanstandung der Neuvergabe ihrer Konzessionsverträge im Strom- und Gasbereich richteten. Den Kommunen komme im Rahmen der örtlichen Daseinsvorsorge bei der Aufgabenerfüllung in eigener Regie aufgrund der Selbstverwaltungsgarantie ein weiter Gestaltungs-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum zu. Dieser sei sowohl kommunalaufsichtsrechtlich als auch gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.

Sachverhalt

Die Antrag stellenden Kommunen beabsichtigen, Ende des Jahres 2012 auslaufende Strom- und Gaskonzessionen an die von insgesamt 18 Städten und Gemeinden im Kreisgebiet gegründete Netzgesellschaft Südliches Ostfriesland mbH (NSO) neu zu vergeben. Nach dem Konzept der NSO soll ein noch nicht feststehender strategischer Partner eingebunden werden. Der Landkreis Leer rügt die Neuvergabe der Konzessionen kommunalaufsichtlich. Er sieht neben kommunalrechtlichen Vorschriften auch energie- und kartellrechtliche Gesetze als verletzt an und beanstandete deshalb die Ratsbeschlüsse der Gemeinde Bunde und der anderen Antragsteller über den Abschluss von Konzessionsverträgen mit den kommunalen Energieversorgungsunternehmen. Die Gemeinden hätten die Auswahl in einem intransparenten und diskriminierenden Verfahren getroffen. Zudem bestünde die Gefahr, dass das Vorhaben der Gemeinden ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteige und die Sicherung der Energieversorgung gefährdet werde.

Gründe

Das VG Oldenburg hat mit Beschluss vom 17. Juli 2012 (Az.: 1 B 3594/12) und mit weiteren Beschlüssen vom 18. Juli 2912 den Eilanträgen der Gemeinde Bunde und 14 weiteren Städten und Gemeinden mit folgender Begründung entsprochen:

Selbstverwaltungsgarantie bei Auslegung des Energie- und Kartellrechts zu beachten

Das VG stellt klar, dass sich aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG die Befugnis der Gemeinde ergibt, eine grundlegende Systementscheidung darüber zu treffen, ob sie die zur örtlichen Daseinsvorsorge gehörende Aufgabe des sicheren und effizienten Betriebes der öffentlichen Energienetze in eigener Regie oder durch private Dritte erfüllen wolle. Dabei seien die Vorschriften des Energie- und Kartellrechtes vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund der Selbstverwaltungsgarantie auszulegen.

Weiter Gestaltungs-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum für Gemeinden

Das VG ist der Ansicht, dass für den Fall, dass sich eine Gemeinde für die Aufgabenerfüllung in eigener Regie - und sei es auch nur wie hier in Form eines Beteiligungsmodells - entscheide, dieser bei der Festlegung der Auswahlkriterien und der Bewertung der Angebote ein weiter Gestaltungs-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum zukommt. Dieser Spielraum sei kommunalaufsichtsrechtlich und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar.

Gemeinden haben Grenzen ihres Spielraums nicht überschritten

Die Gemeinden haben laut der gerichtlichen Entscheidung nach vorläufiger Bewertung ihre Grenzen nicht überschritten. Ihre Entscheidung, die Energienetze künftig mit einer kommunalen Netzgesellschaft unter Einbindung eines am Markt bewährten strategischen Partners durchzuführen, sei auf der Grundlage umfassender fachlicher Beratung durch ein sachkundiges Beratungsunternehmen getroffen worden. Derartige Modelle seien branchenüblich und im Allgemeinen wirtschaftlich sinnvoll.

Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb der Energienetze könne auch davon ausgegangen werden, dass ein fachlich qualifizierter und finanziell potenter strategischer Partner gefunden werden könne. Eine Gefährdung der Energiesicherheit in den Gemeinden sowie der Interessen der Einwohner oder ein Verstoß gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit seien danach nicht feststellbar.Gegen die Beschlüsse des VG Oldenburg kann Beschwerde eingelegt werden.

Az.: II/3 818-00

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