Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 240/2012 vom 06.03.2012

Neues Kreislaufwirtschaftsgesetz und gewerbliche Abfallsammlung

In dem am 01.06.2012 in Kraft tretenden Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) sind in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gewerbliche Abfallsammlungen vorgesehen. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestimmt insoweit, dass die Abfallüberlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 KRWG gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (Stadt/Gemeinde) nicht für Abfälle besteht, die durch eine gewerbliche Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen der gewerblichen Sammlung nicht entgegenstehen.

1. Generelle Unzulässigkeit von gewerblichen Sammlungen

§ 17 Abs. 3 Satz 2 KRWG stellt generell klar, dass gewerbliche Sammlungen und ebenso gemeinnützige Sammlungen (§ 3 Abs. 17 KRWG, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KrWG) von vornherein unzulässig sind für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen, womit zugleich auch beinhaltet ist, dass eine gewerbliche Sammlung von „Abfällen zur Beseitigung“ unzulässig ist, d.h. eine gewerbliche Restmülltonne ist gesetzlich ausgeschlossen. Gleichfalls ist eine gewerbliche Sammlung und ebenso eine gemeinnützige Sammlung für gefährliche Abfälle (§ 3 Nr. 5 KRWG; Sternchen-Abfälle nach der AVV) unzulässig.

Außerdem ist durch Artikel 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts auch der § 9 Abs. 9 ElektroG geändert worden. Dort ist nunmehr bestimmt, dass die Erfassung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten nach § 9 Abs. 1 ElektroG ausschließlich durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, Vertreiber und Hersteller durchzuführen ist.

2.  Anzeigepflicht (§ 18 KRWG)

Sowohl für gewerbliche Abfallsammlungen als auch für gemeinnützige Sammlungen wird in § 18 Abs. 1 KrWG eine verbindliche Anzeigepflicht vorgesehen. Dabei muss spätestens 3 Monate vor der beabsichtigten Aufnahme der Sammlung (ihrem Beginn) der Träger der Sammlung bei der zuständigen Behörde die Anzeige tätigen und entsprechende Angaben machen (§ 18 Abs. 2 KRWG für gewerbliche Sammlungen und § 18 Abs. 3 für gemeinnützige Sammlungen). Insbesondere muss die zuständige Behörde bei der gewerblichen Sammlung prüfen, ob überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Damit wird sichergestellt, dass diese Prüfung zeitlich vor Beginn der gewerblichen Sammlung erfolgen kann. Wird eine gewerbliche Sammlung ohne vorherige Anzeige durchgeführt, ist sie als unzulässig anzusehen. In diesem Fall entfällt dann auch die Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushalte gegenüber der Stadt/Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KRWG).

3. Schutz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (§ 17 Abs. 3 KRWG)

Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KRWG stehen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 KRWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet.

Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KRWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KRWG bestehenden Entsorgungspflichten „zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ verhindert oder die Planungssicherheit und die Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.

Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KRWG wiederum anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KRWG) oder die Stabilität des Gebührenhaushalts des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KRWG), oder die diskriminierungsfreie Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen erheblich erschwert oder unterlaufen wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KRWG).

4. Entfallen des Schutzes für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger

Gleichwohl regelt § 17 Abs. 3 Satz 4 bis 6 KRWG, dass der Schutz für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wieder entfällt, wenn der gewerbliche Sammler das „bessere Erfassungssystem“ anbietet. Nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG entfällt der Schutz nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KRWG, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder den von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KRWG sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kritierien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus der Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zulegen. Dabei sind nach § 17 Abs. 3 Satz 6 KRWG bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit solche Leistungen nicht zu berücksichtigen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, wozu insbesondere Entgeltzahlungen gehören.

Dennoch bietet diese im Vermittlungsverfahren zwischen Bundesrat und Bundestag gefundene Kompromissregelung eine tragfähige Grundlage dafür, dass ein „vermeintlich besseres Erfassungssystem“ des gewerblichen Sammlers nicht schnell zu teuer und deshalb aus Kostengründen eingestellt wird, insbesondere dann, wenn — wie die Erfahrungspraxis gezeigt hat — die Verwertungserlöse in den Keller gehen, d.h. die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich ändern. Ebenso bleiben Entgeltzahlungen des gewerblichen Sammlers sowie sonstige Müllsortierungsleistungen auf dem Grundstück der privaten Haushalte (z.B. in Großwohnanlagen) außer Betracht. Damit wird sichergestellt, dass der gewerbliche Sammler seine Leistung nicht mit Zusatzleistungen aufwerten darf, die mit der unmittelbaren Leistung der Erfassung verwertbarer Abfälle nicht im Zusammenhang stehen. Dieses ist auch erforderlich, weil anderenfalls der gewerbliche Sammler, von vorherein eine „Luxusleistung“ anbieten könnte, obwohl er genau weiß, dass er diese betriebswirtschaftlich bei einem Erlöseinbruch nicht durchhalten kann. Insoweit wird verhindert, dass mit angeblichen „Luxusleistungen“, dass bestehende, funktionstüchtige Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers massiv beeinträchtigt wird und im Endergebnis überhaupt kein funktionierendes Erfassungssystem mehr vorhanden ist, was der sog. Kreislaufwirtschaft und der Entsorgungssicherheit abträglich wäre.

Außerdem stellt die Formulierung in § 17 Abs. 3 Satz 5 KRWG, wonach die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit aus der Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilen ist, sicher, dass es für den Leistungsvergleich nicht allein auf die vom Sammler gegebenenfalls gezielt ausgesuchten Erfassungsgebiete ankommt, in denen z.B. wegen der verdichteten Bebauungsstruktur in kurzer Zeit ein hohes Aufkommen an verwertbaren Abfällen erfasst werden kann. Vielmehr muss die gewerbliche Sammlung auch eine Erfassung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) und in nicht verdichteten Bebauungsstrukturen gewährleisten können. Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast für die höhere Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammlung beim Träger der Sammlung, also bei dem gewerblichen Sammler.

Schlussendlich entfällt der Schutz vor gewerblichen Sammlungen nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KRWG nicht im Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KRWG („diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen würde“). Hierdurch wird sichergestellt, dass vertragliche Regelungen zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und einem privaten Dritten (privaten Entsorgungsunternehmen) nicht durch gewerbliche Sammlungen unterlaufen werden können. Insoweit wird auch die private Entsorgungswirtschaft als Vertragspartner eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geschützt.

5. Sicherheitsleistung (§ 18 Abs. 6 KRWG)

Nach § 18 Abs. 6 Satz 2 und 3 KrWG kann die zuständige Behörde dem gewerblichen Sammler eine Sicherheitsleistung auferlegen, damit der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger einen Erstattungsanspruch gegen den gewerblichen Sammler hat, wenn dieser die gewerbliche Sammlung vorzeitig einstellt oder anders ausführt als angezeigt worden ist.

6. Bestandschutzklausel für bestehende gewerbliche Sammlungen

In § 18 Abs. 7 KrWG wird eine Bestandschutz-Regelung für gewerbliche Sammlungen getroffen, die bereits zum Zeitpunkt des In-Krafttretens des neuen KRWG (1.6.2012) bestanden haben. Nach § 18 Abs. 7 KRWG ist insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers einer Sammlung auf ihre weitere Durchführung zu beachten, wenn die gewerbliche Sammlung die Funktionstüchtigkeit des öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder eine auf der Grundlage einer Rechtsverordnung eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat.

In Anbetracht dieser Bestandschutz-Regelung empfiehlt es sich für die Städte und Gemeinden gemeinsam mit den Kreis in seiner Funktion als unterer Abfallwirtschaftsbehörde zu prüfen, ob noch vor dem Inkrafttreten des KRWG bestehende gewerbliche Sammlungen untersagt werden müssen, wenn diese gegenwärtig insbesondere die Funktionstüchtigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf der Grundlage der ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefährden. 

Az.: II/2 qu-qu

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