Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 403/2006 vom 22.05.2006

Neues "Investitionsprogramm Abwasser"

Am 3.4.2006 hat im Landtag des Landes NRW eine Anhörung zur Auflage eines „Investitionsprogramms Abwasser“ für das Land NRW stattgefunden. Das geplante, neue Förderprogramm, das aus Mitteln der Abwasserabgabe finanziert wird, soll der Nachfolger des „Initiativprogramms ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft in NRW “ der ehemaligen Landesregierung werden. Dieses Initiativprogramm war bis zum 31.12.2005 befristet und ist zwischenzeitlich beendet worden. Die Geschäftsstelle hat zur Landtags-Anhörung am 3.4.3006 folgende Stellungnahme abgegeben:

„Wir bedanken uns für die Gelegenheit, zur Fortführung des am 31.12.2005 ausgelaufenen Förderprogramms der ehemaligen Landesregierung „Initiative ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ Stellung nehmen zu können. Die kommunalen Spitzenverbände im Land Nordrhein-Westfalen haben bereits in ihrem Gespräch mit Herrn Minister Uhlenberg am 24.10.2005 deutlich gemacht, dass sie es außerordentlich begrüßen würden, wenn die neue Landesregierung das „Initiativprogramm ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft NRW“ fortführen würde, zumal das Förderprogramm in der Vergangenheit dazu geführt hat, dass eine Vielzahl von abwassertechnischen Investitionen insbesondere im Bereich der kommunalen Abwasserbeseitigung durchgeführt werden konnten. Das ehemalige Initiativprogramm hat sich damit außerordentlich gut bewährt. Zu den Förderbereichen des Initiativprogramms gehörten insbesondere der

- Förderbereich 2 (Energiesparmaßnahmen auf öffentlichen Kläranlagen)
- Förderbereich 3 (Ertüchtigung von öffentlichen Kläranlagen)
- Förderbereich 4 (Kostengünstige abwassertechnische Erschließung)
- Förderbereich 5 (Kanalsanierung)
- Förderbereich 8 (Kleinkläranlagen).

Die neue Landesregierung ist nach unserem Kenntnisstand zurzeit dabei, ein neues Förderprogramm mit dem Namen „Investitionsprogramm Abwasser“ aufzulegen, was diesseits ausdrücklich begrüßt wird.

Im Einzelnen kann im Hinblick auf die Neuauflage des Förderprogramms Folgendes angemerkt werden:

1. Zweckmäßiger Mitteleinsatz bei schwieriger finanzieller Situation der Kommunen

Im Rahmen eines zukünftigen „Investitionsprogramms Abwasser NRW“ sollten insbesondere folgende Förderschwerpunkte aufgenommen werden:

- Herausnahme von Fremdwasser aus dem öffentlichen Kanalnetz – öffentliche/private Kanalsanierung ( u.a. Förderung der Erstellung von ganzheitlichen Sanierungskonzepten durch die Gemeinden sowie Förderung der Sanierung von öffentlichen und privaten Abwasserleitungen)
- Förderung von Niederschlagswasserbeseitigungskonzepten
- Förderung von Niederschlagswasserbehandlungsanlagen ( u.a. Regenüberlaufbecken, Regenrückhaltebecken, Bodenfilter)
- Förderung der Sanierung öffentlicher Kanalnetze
- Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zur Verbesserung der Gewässergüte (z.B. Maßnahmen zur naturnahen Entwicklung und zum naturnahen Ausbau von Fließgewässern).

Mit diesen Förderbausteinen würden vor allem die Aufgabenfelder im Rahmen der kommunalen Abwasserbeseitigung erfasst, die zurzeit bzw. in den nächsten Jahren zunehmend von Bedeutung sein werden.

2. Verwendung der Mittel aus der Abwasserabgabe

Es ist bekannt, dass sowohl das zum 31.12.2005 abgelaufene „Initiativprogramm ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft“ der vorherigen Landesregierung als auch das angekündigte neue „Investitionsprogramm Abwasser NRW“ der neuen Landesregierung aus Mitteln der Abwasserabgabe gespeist wird. Vor diesem Hintergrund ist die Zweckbindung des § 13 Abwasserabgabegesetz zu beachten. Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie können im Hinblick auf die Regelungsvorgaben in § 13 Abwasserabgabengesetz des Bundes unter anderem über das neue Förderprogramm insbesondere gefördert werden, wenn

- der Bau von Abwasserbehandlungsanlagen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 AbwAG),
- der Bau von Regenrückhaltebecken und Anlagen zur Reinigung des
Niederschlagswassers (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 AbwAG)
- Maßnahmen im und am Gewässer zur Beobachtung und Verbesserung der
Gewässergüte sowie zur Gewässerunterhaltung (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 AbwAG)

in Rede stehen.

3. Verstärkte Förderung von Maßnahmen, die zugleich der Senkung der Gebühren von Verbrauchern und Wirtschaft dienen

Soweit Maßnahmen im Rahmen der kommunalen Abwasserbeseitigung gefördert werden, hat dieses grundsätzlich positive Auswirkungen auf die Höhe der Abwassergebühren. Dieses gilt insbesondere für die gewünschten Förderbausteine

- Ertüchtigung von kommunalen Kläranlagen
- Bau von Niederschlagswasserbehandlungsanlagen
- Kanalsanierung.

Es darf jedoch in diesem Zusammenhang nicht verkannt werden, dass die Förderung von Maßnahmen nicht dazu dienen kann, weitere Standards in der Abwasserbeseitigung neu zu schaffen. In erster Linie sollte es deshalb darum gehen, die Abwasser-Standards darauf hin zu überprüfen, ob diese in Nordrhein-Westfalen verschärft werden müssen oder aber der erreichte Stand als ausreichend anzusehen ist.

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die Umsetzung des Runderlasses vom 26.05.2004 „Anforderungen an die Niederschlagswasserbehandlung im Trennverfahren“ zurzeit bei den Städten und Gemeinden auf erheblichen Protest stößt. Der Runderlass vom 26.05.2004 sieht eine Einstufung des über einen Regenwasserkanal abgeleiteten Regenwassers in nicht verschmutzt, mittelmäßig verschmutzt und stark verschmutzt vor. Bei mittelmäßigem und stark verschmutztem Regenwasser kann sich die Notwendigkeit ergeben, Sonderbauwerke (z.B. Regenüberlaufbecken, Regenrückhaltebecken) zu errichten, was neue Kostenspirale in der kommunalen Abwasserbeseitigung zu Lasten der Gebühren zahlenden Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft nach sich zieht. Durchschnittlich sind bei den Städten und Gemeinden zwischen 30 und 400 Einleitungsstellen von Regenwasserkanälen in Gewässer vorzufinden. Der Bau eines Regenüberlaufbeckens kostet im Minimum ca. 300.000 €. Eine flächendeckende Anforderung der Behandlung des Niederschlagswassers mit der Folge des zusätzlichen Baus von Regenüberlaufbecken an Einleitungsstellen in Gewässer würde demnach eine erhebliche neue Kostenspirale und Folgekosten durch den Betrieb der Regenüberlaufbecken nach sich ziehen.

Vor diesem Hintergrund ist das Land Nordrhein-Westfalen zunächst aufgefordert, in der am 26.01.2006 gegründeten Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu § 7 a WHG (Anforderungen an die Niederschlagswasserbeseitigung) zu prüfen, welche Anforderungen in anderen Bundesländern an die Niederschlagswasserbeseitigung gestellt werden. Erst wenn Ergebnisse aus dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorliegen, kann eine abschließende Entscheidung dazu getroffen werden, welche Maßgaben bundeseinheitlich an die Behandlung des Niederschlagswassers gestellt werden können. Ein Alleingang von Nordrhein-Westfalen kann auch nicht damit begründet werden, dass der Bund es bislang versäumt habe, Anforderungen an die Niederschlagswasserbehandlung nach § 7 a WHG zu stellen. Es kann nicht Aufgabe des Landes Nordrhein-Westfalen sein, hier eine Vorreiterrolle zu übernehmen, obwohl die anderen Bundesländer sich in dieser Frage noch nicht festgelegt haben. Hier ist zwingend das gesamtwirtschaftliche Gefüge in der Bundesrepublik Deutschland zu beachten.

4. Möglichst unbürokratischer und effektiver Mitteleinsatz

Bei einer Neuauflage eines Förderprogramms im Bereich der Abwasserbeseitigung sollte darauf geachtet werden, dass der Verwaltungsaufwand insbesondere bei den Städten und Gemeinden möglichst gering gehalten wird. Eine Abwicklung von Förderanträgen über die Städte und Gemeinden sollte nur dann erfolgen, wenn bestimmte Förderbausteine unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung der kommunalen Abwasserbeseitigungspflicht haben. Im Übrigen sollten die Förderanträge entweder bei den Bezirksregierungen oder bei der NRW-Bank fördertechnisch bearbeitet werden, zumal eine Erstattung von Verwaltungskosten an die Städte und Gemeinden in der Vergangenheit nicht erfolgte.

5. Sinnhaftigkeit des Abwasserabgabengesetzes

Das Abwasserabgabengesetz ist ein Bundesgesetz, so dass das Land Nordrhein-Westfalen in eigener Zuständigkeit das Gesetz nicht abschaffen oder ändern kann. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der Bund und die Bundesländer keine Bereitschaft erkennen ließen, das Abwasserabgabengesetz des Bundes abzuschaffen. Gleichwohl ist es als unverzichtbar anzusehen, das Abwasserabgabengesetz des Bundes zu ändern. Eine entsprechende Bundesratsinitiative des Landes Nordrhein-Westfalen würde deshalb außerordentlich begrüßt werden.

Bei einer Änderung des Abwasserabgabengesetzes des Bundes müssten insbesondere folgende Änderungen durchgeführt werden:

- Für Abwasserbehandlungsanlagen, die sowohl die gesetzlich festgelegten Grenzwerte einhalten als auch darüber hinaus sämtliche dem Stand der Technik entsprechende Reinigungsleistungen erfüllen, ist eine sog. „Null-Abgabe“ einzuführen.

- Die Verrechnungsmöglichkeiten zur Verminderung der Abwasserabgabe sind z.B. für die Kanalsanierung zu erweitern.

- Besonders dringend ist eine Änderung des Sanktionssystems bei Betriebsstörungen von Abwasserbehandlungsanlagen. Zurzeit führen unverschuldete technische Betriebsstörungen von nur wenigen Tagen zum Teil zu einer Vervielfachung der Abwasserabgabe bis zum 20-fachen der Regelabgabe.

6. Bewertung des Förderprogramms „Initiative ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft NRW“

Das Förderprogramm „Initiative ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft NRW“ hat sich in der Vergangenheit bestens bewährt. Dieses gilt insbesondere für die Förderbereiche Ertüchtigung von öffentlichen Kläranlagen, kostengünstige abwassertechnische Erschließung, Sanierung von öffentlichen Abwasserkanälen und die Förderung von Kleinkläranlagen. Es wäre im Hinblick auf die zum 31.12.2005 abgelaufene Förderung von Kleinkläranlagen wünschenswert, wenn diese für einen begrenzten Zeitraum (z.B. 1 Jahr) noch fortgeführt werden könnte, zumal insbesondere die unteren Wasserbehörden hier einen Förderungsbedarf noch mitgeteilt haben.

7. Bewertung möglicher neuer Förderbedarfe und Veränderungen

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein fortgeführtes bzw. überarbeitetes Förderprogramm im Rahmen der Abwasserbeseitigung dazu beiträgt, Arbeitsplätze insbesondere im Bereich der mittelständischen Tiefbauwirtschaft und im Planungs- und Ingenieurwesen zu sichern.

Vor diesem Hintergrund sollten folgende Förderbereiche in ein neues Förderprogramm wieder Eingang finden:

- Energiesparmaßnahmen auf öffentlichen Kläranlagen (ehemals: Förderbereich 2)
- Ertüchtigung von öffentlichen Kläranlagen (ehemals: Förderbereich 3)
- Kostengünstige abwassertechnische Erschließung (ehemals: Förderbereich 4)
- Kanalsanierung (ehemals: Förderbereich 5)

Als neue Förderbausteine sind insbesondere als erforderlich anzusehen:

- die Erstellung von Regenwasserbeseitigungskonzepten
- der Bau von Regenwasserbehandlungsanlagen
- die Förderung der Sanierung von privaten Abwasserleitungen im Zusammenhang mit der Herausnahme von sog. Fremdwasser (z.B. Grund- und Drainagewasser) aus dem öffentlichen Kanalnetz.

Es steht zu erwarten, dass die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie auch Auswirkungen auf die Niederschlagswasserbeseitigung haben wird. Zudem ist am 26.01.2006 erstmalig eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu § 7 a WHG Anforderungen an die Niederschlagswasserbehandlung zusammengetreten, deren Ergebnisse noch nicht absehbar sind. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Förderbaustein zur Aufstellung von Konzepten zur Niederschlagswasserbeseitigung und zum Bau von Regenwasserbehandlungsanlagen (z.B. Regenrückhaltebecken, Regenüberlaufbecken, Bodenfilter) und dergleichen als zwingend erforderlich. Darüber hinaus ist es auch sinnvoll, die Sanierung von privaten Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken zu fördern. Es wird davon ausgegangen, dass 60 bis 70 % der Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken undicht sind, d.h. das Abwasser (insbesondere Schmutzwasser) in das Erdreich versickert und damit das Grundwasser und die Gewässer gefährdet. Zudem bergen undichte Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken auch die Gefahr, dass sog. Fremdwasser in das öffentliche Kanalnetz eindringt, mit der Folge, dass eine unzulässige Verdünnung des Abwassers nach § 3 Abs. 3 der Abwasserverordnung des Bundes stattfindet und die Kläranlagen in ihrer Reinigungsleistung beeinträchtigt werden. Eine Förderung mit Blick auf die Sanierung von privaten Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken ist deshalb als notwendig anzusehen, um auch weiterhin eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung sicherstellen zu können.

Insgesamt würde es daher außerordentlich begrüßt, wenn das Initiativprogramm ökologische und nachhaltige Wasserwirtschaft der ehemaligen Landesregierung in einem neuen Förderprogramm fortgeführt würde.“

Die Geschäftsstelle wird über den Fortgang berichten.


Az.: II/2 22-20-08 qu/g

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