Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 105/2002 vom 05.02.2002

Neue Umsatzsteuerpflicht für Kommunen

Infolge eines Virus und der daraus resultierenden elektronischen Fehlsteuerung ist unter der Überschrift "Steuerabzug bei Bauleistungen" in den Mitteilungen des StGB NRW Nr. 1/2002, Ziffer 39, ein nicht autorisierter Text erschienen. Auch die Überschrift ist unzutreffend. Wegen der Bedeutsamkeit des Inhalts sieht sich die Geschäftsstelle des StGB NRW veranlaßt, nachfolgend die korrekte Fassung abzudrucken:

Die Geschäftsstelle des StGB NRW hat in seinen Mitteilungen vom 05.10.2001 (Nr. 622) und vom 05.11.2001 (Nr. 672) ausführlich über das am 7. September 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe berichtet. Danach haben Auftraggeber, insbesondere auch Städte und Gemeinden, die Bauleistungen in Auftrag gegeben haben, die Verpflichtung, 15 % vom Brutto-Werklohn (Entgelt für die Bauleistung zzgl. Umsatzsteuer) einzubehalten. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Freigrenze von 5.000 Euro bzw. 15.000 Euro eingehalten wird oder der Auftragnehmer eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt.

Nunmehr kommt eine weitere Belastung auf Städte und Gemeinden zu:

Am 9. November 2001 hat der Deutsche Bundestag in seiner 199. Sitzung das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 - StÄndG 2001) beschlossen. Diesem Gesetz hat der Bundesrat am 30.11.2001 zugestimmt. Das Steueränderungsgesetz 2001 ist inzwischen im BGBl. v. 22.12.2001, S. 3794, veröffentlicht worden. Mit dem Steueränderungsgesetz 2001 wird auch das Umsatzsteuergesetz geändert. Art. 14 § 13b UStG lautet wie folgt:

"(2) In den in Absatz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Dies gilt auch, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird."

Zu den in Abs. 1 genannten Fällen gehören steuerpflichtige Umsätze bei Werklieferungen und sonstige Leistungen (z.B. Bauleistungen, aber auch Beratungsleistungen) eines im Ausland ansässigen Unternehmers, bei Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens und bei Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher.

Mit dieser gesetzlichen Neuregelung werden urplötzlich Städte und Gemeinden als Auftraggeber umsatzsteuerpflichtig, obwohl sie es bisher nie gewesen sind. Bei Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers wird nicht dieser, sondern die Stadt oder Gemeinde, die den Auftrag erteilt hat, umsatzsteuerpflichtig. Da eine Abwälzung der Umsatzsteuer auf den ausländischen Unternehmer nicht in Betracht kommt, erfolgt die Umsatzsteuerzahlung seitens der Gemeinde zu Lasten des gemeindlichen Haushalts. Im Hinblick hierauf ist es nicht vorstellbar, daß ein Angebot eines ausländischen Unternehmers bei europaweiter Ausschreibung noch das "wirtschaftlichste" ist, weil zu der Auftragssumme die Umsatzsteuer von 16 % seitens der auftraggebenden Gemeinde noch hinzugerechnet werden muß. Es wird empfohlen, bei europaweiter Ausschreibung auf die Neuregelung des Umsatzsteuergesetzes (§ 13 b UStG) ausdrücklich hinzuweisen.

Hinsichtlich der laufenden Verträge verweisen wir auf § 29 UStG. Diese Regelung sieht für Verträge, die nicht später als 4 Kalendermonate vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (also des Umsatzsteuergesetzes) abgeschlossen worden sind, vor, daß der eine Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen kann, wenn ein anderer Steuersatz anzuwenden ist, der umsatzsteuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar wird. Diese Regelung gilt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 29 Abs. 2 UStG auch für die Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Sie kann nicht angewandt werden, wenn der Steuerschuldner gewechselt wird. Dies hat zur Folge, daß auch bei laufenden Verträgen Städte und Gemeinden nunmehr (voll) umsatzsteuerpflichtig werden.

Es ist mit Sicherheit nicht auszuschließen, daß es unter Anwendung einer derartigen Regelung zu streitigen Auseinandersetzungen mit den Vertragspartner kommt. Dies gilt mit Sicherheit im Verhältnis zu den ausländischen Unternehmern, die sich von dieser innerstaatlichen Regelung in der Bundesrepublik Deutschland in der Tat überrascht zeigen müssen. Wenn schon das Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe bei den Städten und Gemeinden auf völliges Unverständnis stoßen muß, ist mit der Neuregelung des Umsatzsteuergesetzes das Maß des Erträglichen bereits überschritten. Weshalb Städte und Gemeinden nunmehr umsatzsteuerpflichtig werden z.B. für Bauleistungen, die sie an ausländische Unternehmen aufgrund einer verpflichtenden Ausschreibung vergeben haben, ist nicht nachvollziehbar.

Az.: II/1 608-00/1

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