Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 421/2002 vom 05.07.2002

Neue Maßgaben für die Erhebung von Gebühren

Zur Frage der rechtlichen Möglichkeiten landesgesetzlich zur Gebührengestaltung Vorgaben zu machen (z.B. getrennter Gebührenmaßstab, Vorgabe der Betriebsform Eigenbetrieb, Orientierung an marktüblichen Zinsen bei der Abschreibung, ökologische Gebührengestaltung) hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in ihrer Stellungnahme vom 6.06.2002 zur Anhörung "Kostensenkungspotentiale bei der Erhebung der Abfall- und Abwassergebühren" am 12.06.2002 im Umweltausschuss des Landtages NRW wie folgt Stellung genommen: "Die gesetzliche Festlegung eines getrennten Gebührenmaßstabes im Rahmen der Erhebung von Abwassergebühren ist nicht erforderlich. Die Rechtsprechung des OVG NRW hat auskömmliche Maßgaben für die Notwendigkeit der Einführung einer getrennten Regenwassergebühr aufgestellt. Danach ist eine getrennte Regenwassergebühr einzuführen, wenn ein Gemeindegebiet keine einheitliche Siedlungs- und Bebauungsstruktur aufweist und der Grundsatz der Typengerechtigkeit, die einheitliche Abrechnung der Schmutzwasser- und Regenwasserbeseitigungskosten über den Frischwassermaßstab (Frischwasser = Abwasser) nicht mehr rechtfertigt, d.h. mehr als 10 % der veranlagten Grundstücke über diesen Einheitsmaßstab ungerecht behandelt werden. Der Festlegung bestimmter Betriebsformen in der Abfall- bzw. Abwasserbeseitigung bedarf es nicht. Die Städte, Gemeinden und Landkreise müssen im Rahmen ihrer Organisationshoheit als Kernbestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 Landesverfassung NRW) selbst entscheiden können, welche Organisationsform sie als die richtige ansehen. Dabei zeigt sich insbesondere, dass die öffentlich-rechtlichen Organisationsformen eindeutig und aus nachvollziellbaren Gründen z.B. im Abwasserbereich überwiegen.

Bundesweit ist festzustellen, dass nach den im Januar 2002 veröffentlichen Daten der

Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (ATV-DVWK) im Jahr 2001

die öffentlich-rechtliche Organisationsform mit 90 % eindeutig überwiegt. Bezogen auf die

erfassten Einwohner wurde in 36 % der Städte und Gemeinden die kommunale

Abwasserbeseitigung (Abwasserableitung) in der Organisationsform des kommunalen

Eigenbetriebes durchgeführt. Der Anteil der Regiebetriebe lag bei 25 %. Bei 12 % der Organisationsformen handelte es sich um kommunale Zweckverbände und Wasserverbände als Aufgabenträger mehrerer Kommunen. 17 % wählten die Anstalt öffentlichen Rechts. Auch bei der Abwasserbehandlung in Kläranlagen überwiegt die öffentlich-rechtliche Organisationsform. Hier beträgt der Anteil der Eigenbetriebe 28 %, der Regiebetriebe 17 %, der Zweck- und Wasserverbände 28 % und der Anstalt öffentlichen Rechts 17 %. Maßgeblich für die Wahl der öffentlich-rechtlichen Organisationsform ist vor allem, dass die hoheitliche Aufgabe der Abwasserbeseitigung, die in Nordrhein-Westfalen den Städten und Gemeinden (§ 53 LWG NRW) sowie Wasserverbänden (§ 54 LWG NRW) auferlegt ist, nicht der Steuerpflicht, insbesondere der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, so dass den gebührenzahlenden Benutzern der gemeindlichen Abwasseranlagen der Umsatzsteuersatz von 16 % erspart bleibt. Dieser Vorteil geht allerdings dann verloren, wenn eine privatrechtliche Organisationsform gewählt wird, weil z.B. eine GmbH kraft privater Rechtsform der Steuerpflicht und damit unter anderem der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass der Anteil von sog. Abwasser-GmbH’s, die als beauftragte Dritte die technische Erfüllung der kommunalen Abwasserbeseitigungspflicht durchführen, auch im Jahr 2001 bundesweit unter 10 % lag.

Bei den in der kommunalen Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung durchgeführten Organisationsformen ist festzustellen, dass aufgrund der z.Zt. bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen die öffentlich-rechtlichen Organisationsformen für die gebührenzahlenden Benutzer der Entsorgung zweifelsfrei vorteilhaft sind. Insbesondere im Bereich der Abwasserbeseitigung zeigt sich, dass öffentlich-rechtliche Organisationsformen wie z.B. Regiebetrieb, eigenbetriebsähnliche Einrichtungen, Anstalt öffentlichen Rechts den Vorteil der Steuerfreiheit haben, was sich für die gebührenzahlenden Bürgerinnen und Bürger sowie für die Industrie- und Gewerbebetriebe bei der Höhe der Abfall- und Abwassergebühren positiv auswirkt. In den Fällen, in denen private Rechtsformen wie z.B. eine GmbH als beauftragter Dritte (sog. Betriebsführungs-GmbH) gewählt worden sind, konnte in der Erfahrungspraxis festgestellt werden, dass etwa die Abwassergebühren nach kurzer Zeit (1 - 6 Jahre) erheblich gestiegen sind. Der Kostennachteil, welcher sich durch die Wahl der privaten Organisationsformen ergeben hat, lag bei einer um ca. 10 % höheren Gebühr bzw. nach der Gründung einer GmbH zeigte sich nach fünf Jahren ein Gebührenanstieg um 20 %. Vor diesem Hintergrund sind die Kommunen gut beraten vor dem Einstieg in private Organisationsformen eine langristige Gebühren-Entwicklungsprognose über 15 - 20 Jahre nachzuvollziehen, um die kostenmäßigen Auswirkungen zu überprüfen.

Aufgrund der strengen Abfallentsorgungs- und Abwasserbeseitigungsstandards der Europäischen Union, des Bundes und des Landes NRW haben die Abfall- und Abwassergebühren das heutige Niveau erreicht. Deutschland hat mit 92,5 % europaweit den höchsten Anschlussgrad an das kommunale Kanalnetz. Es zeigt sich allerdings, dass auf der Grundlage einer Kostenbarwertberechnung nach den LAWA-Leitlinien bei einem Betriebszeitraum über 50 Jahre eine Kleinkläranlage im Vergleich zu einem auf 50 Jahre abgeschriebenen Kanal regelmäßig für den Grundstückseigentümer teurer ist als ein Anschluss an das gemeindliche Kanalnetz. Kleinkläranlagen verursachen innerhalb eines Zeitraumes von 50 Jahren regelmäßig Kosten von ca. 25.000 bis 30.000 Euro. Diese Kosten ergeben sich, weil nicht nur die Kosten der Erst-Errichtung, sondern auch die Sanierungs- und Ertüchtigungskosten sowie Wartungs- und Betriebskosten innerhalb dieses Zeitraumes betrachtet und berücksichtigt werden müssen. Gleichwohl ist im Einzelfall auch im Hinblick darauf, dass der Bau neuer Kanäle Auswirkungen auf die Höhe der Abwassergebühren hat, sorgfältig zu prüfen, ob als Alternative zum Anschluss eines Grundstückes an das Kanalnetz dauerhaft mit einer Kleinkläranlage gearbeitet werden kann. Sachgerechte und situationsangepasste Lösungen sind hier vielfach mit Hilfe der Abwasserberatung NRW gefunden worden und werden auch weiterhin gefunden werden. Die sehr hohen Entsorgungsstandards der Europäischen Union, des Bundes und des Landes NRW haben in den vergangenen 10 Jahren die Abfall- und Abwassergebühren auf ein Niveau gehoben, durch welches jeder Benutzer der kommunalen Abfall- bzw. Abwasserentsorgungseinrichtung sich angehalten fühlt, möglichst wenig Abfall zur Entsorgung bereit zu stellen bzw. möglichst wenig Abwasser zu produzieren. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht angezeigt, weitere Anreize zu einem umweltbewussten Verhalten über die Abwasser- und Abfallgebühren zu schaffen. Denn aufgrund der hohen Fixkosten im Bereich der Abfallbeseitigung und der Abwasserbeseitigung (75 bis 90 %) wird sich hierdurch keine spürbare Entlastung bei der Höhe der Abfall- und Abwassergebühren ergeben können. So wird z.B. keine Sickerwasser-Erfassungsanlage aus einer Abfalldeponie entfernt oder kein Abgasfilter aus einer Müllverbrennungsanlage ausgebaut, weil weniger Abfall angeliefert wird. Unabhängig davon ist zu bedenken, dass die stetige Verkleinerung der Restabfallgefäße in den letzten 10 Jahren zu unerwünschten Begleiterscheinungen geführt hat. Hierzu gehört, dass sich vermehrte wilde Müllablagerungen (verbotswidrige Abfallablagerungen) ergeben haben oder öffentlich aufgestellte Abfallbehältnisse als Ersatzrestmüllgefäße benutzt werden bzw. die Sperrmüllmengen in den Städten und Gemeinden immer mehr zunehmen, weil durch die kleiner werdenden Fassungsvolumina der Abfallgefäße viele Abfälle zum Sperrmüll werden, weil sie nicht mehr in Restmüllgefäße eingefüllt werden können. Als Beispiel sei hierfür die Entsorgung eines defekten Stockschirmes genannt, der in ein 60 l-Restmüllgefäß bereits nicht mehr der Länge nach hineinpasst und deshalb als Sperrmüll zu entsorgen ist."

Az.: II/2 24-21/33-10 qu/g

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