Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 69/2018 vom 23.01.2018

Mietpreisbremse vor das Bundesverfassungsgericht

Die so genannte Mietpreisbremse kommt auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand. Die Zivilkammer 67 des Berliner Landgerichts hält die zugrunde liegende Vorschrift des § 556d BGB für verfassungswidrig, weil insbesondere gegen den Gleichheitssatz verstoßend. Sie hat deswegen am 07.12.2017 beschlossen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen (Az.: 67 S 218/17), dem die Prüfung obliegt.

Die Zivilkammer 67 hatte bereits im September 2017 verfassungsrechtliche Bedenken an der Mietpreisbremse geäußert. Jedoch unterblieb im damaligen Rechtsstreit eine Vorlage an das BVerfG, da es auf die Verfassungsgemäßheit der Vorschrift für die Entscheidung damals aufgrund bestimmter Umstände nicht ankam.

Nunmehr ist die Frage für den Ausgang eines anderen Berufungsverfahrens von Bedeutung. Es handelt sich um die Klage zweier Mieter, die die höchstzulässige Miete für ihre Wohnung nach den Vorschriften über die Mietpreisbremse festgestellt haben wollen. Die Parteien hatten am 04.02.2016 einen Mietvertrag über eine in Berlin-Wedding gelegene Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 59,29 Quadratmetern geschlossen.

Als Mietzins war ein Betrag von 474,32 Euro netto kalt monatlich vereinbart. Mietvertragsbeginn war der 01.02.2016. Die Mieter rügten mit einem der Vermieterin am 05.07.2016 zugegangenen Schreiben, dass die Miethöhe ihrer Ansicht nach preisrechtlich überhöht sei und sich nur auf 419,18 Euro netto kalt belaufen dürfe.

Erfolg in erster Instanz

Das Amtsgericht Berlin-Wedding gab der Klage der Mieter teilweise statt und stellte in seinem Urteil fest, dass die von der Mieterin geschuldete Miete unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben der Mietpreisbremse ab dem 01.08.2016 lediglich 435,78 Euro betrage. Bei Vertragsbeginn habe die ortsübliche Vergleichsmiete ausweislich des Berliner Mietspiegels 2015 für die von der Mieterin angemietete Wohnung nur bei 6,68 Euro pro Quadratmeter (=insgesamt 396,16 Euro) gelegen. Diese hätte die Vermieterin um höchstens 10 Prozent überschreiten dürfen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Vermieterin Berufung ein und berief sich darauf, das AG habe die maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete, die Grundlage dafür ist, die zulässige Wohnungsmiete zu bestimmen, fehlerhaft ermittelt. Das AG habe zu Unrecht kein Sachverständigengutachten eingeholt und sich unzulässig nur auf den Berliner Mietspiegel 2015 gestützt. Abgesehen davon könnten die Vorschriften der Mietpreisbremse ohnehin nicht zulasten eines Vermieters angewandt werden, da sie gegen das Grundgesetz verstießen.

Regelung verfassungswidrig?

Die Zivilkammer 67 des LG Berlin teilt — anders als zum Beispiel dessen Zivilkammer 65 — die Bedenken der Vermieterin. Sie hält § 556d BGB für verfassungswidrig, weil eine ungleiche Behandlung von Vermietern vorliege. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Soweit der Gesetzgeber Differenzierungen vornehme, müssten diese durch Gründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel der Differenzierung und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind.

Dies habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung von § 556d BGB nicht beachtet und in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien eingegriffen, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln. § 556d BGB in Verbindung mit der von dem Land Berlin erlassenen Rechtsverordnung begrenze die zulässige Neuvermietung auf 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Der Wohnungsmietmarkt weist bundesweit preislich seit langem starke Unterschiede auf. Die Differenz in der ortsüblichen Vergleichsmiete betrage zum Beispiel zwischen der Stadt München und dem Westteil der Stadt Berlin circa 4,30 Euro pro Quadratmeter in 2013 und 4,70 Euro pro Quadratmeter in 2016 (Miete pro Quadratmeter in München 10,25 Euro beziehungsweise 11,16 Euro gegenüber 5,90 Euro beziehungsweise 6,46 Euro in Berlin). Dies entspreche einem Unterschied von über 70 Prozent. Damit habe der Gesetzgeber eine Bezugsgröße gewählt, die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich treffe.

Weder der Gesetzeszweck noch die mit der gesetzlichen Regelung verbundenen Vorteile noch sonstige Sachgründe rechtfertigten dies. Insbesondere seien im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die für eine mögliche sachliche Rechtfertigung relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietern nicht erhoben worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener, die vom Gesetz geschützt werden sollten, in höherpreisigen Mietmärkten wie München erheblich besser gestellt seien als die gleichen Zielgruppen in Berlin.

Darüber hinaus liege auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, da diejenigen Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine (zu) hohe Miete (das heißt eine 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigende Miete) mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die „alte“ Miete weiterhin unbeanstandet verlangen.

Ein Bestandsschutz für diese „alte“ Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden. Zudem sei die Ungleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar. Denn diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen Vermietern, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.

Verstoß gegen Bestimmtheitsgebot

Ergänzend zu ihren früheren Ausführungen rügte die Kammer nunmehr ferner, dass die Vorschrift der Mietpreisbremse auch gegen das im Grundgesetz verankerte Bestimmtheitsgebot verstoße. Der Bundesgesetzgeber habe die staatliche Preisintervention nicht allein davon abhängig gemacht, dass ein angespannter kommunaler Wohnungsmarkt vorliege.

Es komme zusätzlich auf die politische Willensbildung auf Landesebene und die darauf beruhende Entscheidung der jeweiligen Landesregierung an, ob von der im Gesetz enthaltenen Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse Gebrauch gemacht werde. Das Bundesgesetz (§ 556d BGB) verpflichte die jeweilige Landesregierung nicht dazu, die Vorschrift im Landesrecht umzusetzen, auch wenn der Wohnungsmarkt im gesamten Bundesland oder in einzelnen Kommunen angespannt sei. (Quelle: Beck-Newsletter vom 12.12.2017)

Az.: 20.4.2.2-001/001 gr

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