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StGB NRW-Mitteilung 403/1996 vom 20.08.1996

Merkmal Mindestlöhne in kommunalen Ausschreibungstexten

Die Geschäftsstelle hat zahlreiche Anfragen zum Problem der Zulässigkeit der Aufnahme des Merkmals "Mindestlöhne" in kommunale Ausschreibungstexte im Baubereich erreicht. Zu dem Problemkreis nimmt die Geschäftsstelle wie folgt Stellung:

1. Es handelt sich nicht um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Angelegenheiten der Gemeinde sind nur solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben und von dieser eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können (vgl. hierzu die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30.07.1958 - 2 BvG 1/58 - BVerfGE 8, S. 122/134; Rehn/ Cronauge, Komm. zur Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, § 2 GO a. F., Anm. I 3).

Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen ist eine Angelegenheit des Bundes.

Zwar überschreitet eine Gemeinde ihre gesetzlichen Kompetenzen grundsätzlich noch nicht dadurch, daß sie sich mit Fragen befaßt, die nach der gesetzlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsverteilung anderen Trägern öffentlicher Gewalt zugewiesen sind. Vielmehr sind die Gemeinden auch dann, wenn der Kompetenz- und Tätigkeitsbereich des Bundes berührt ist, berechtigt, Stellungnahmen in Form einer Meinungsäußerung oder eines Ersuchens (auch in Form eines Beschlusses) abzugeben, wenn ortsbezogene Bedürfnisse und Interessen betroffen sind oder möglicherweise in Zukunft betroffen sein könnten (vgl. die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts v. 14.12.1990, NVwZ 1991, S. 682 und 684, sowie OVG Münster vom 16.12.1983, DÖV 1984, S. 300).

Der erforderliche spezifische örtliche Bezug ist nur bei solchen Angelegenheiten gegeben, die den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (Bundesverwaltungsgericht, a.a.O., S. 683 m.w.N.). Die Forderung, das Zahlen von Mindestlöhnen in den Ausschreibungstext für Bauleistungen aufzunehmen, ist allgemeinpolitischer Art, ohne über einen ortsspezifischen Bezug zu verfügen. Zwar besteht die Möglichkeit, daß durch solche Ausschreibebedingungen die Konkurrenzsituation der im Gebiet der Gemeinde ansässigen Betriebe sowie die finanzielle Lage der bei diesen Betrieben Beschäftigten verbessert wird. Gleichzeitig wirken sich solche Ausschreibebedingungen aber auch, da sie nicht auf das Gemeindegebiet beschränkt sind, auf nicht ortsansässige Betriebe und die dort Beschäftigten aus. Die Aufnahme des Merkmals "Mindestlöhne" hat folglich eine zwangsläufig überörtliche Wirkung. Darüber hinaus ist die Frage der Zahlung von Mindestlöhnen keine Angelegenheit, die "das Zusammenleben und -wohnen der Menschen" im jeweiligen Gemeindegebiet in besonderer, also von anderen Gemeinden zu unterscheidender Weise betrifft.

2. Die Aufnahme des Merkmals "Mindestlöhne" in Vergabebestimmungen verstößt gegen Regelungen der VOB/A.

Wann ein Bewerber von dem Ergebnis der Ausschreibung ausgeschlossen werden kann, ist durch § 8 Nr. 5 VOB/A geregelt. Danach können Unternehmer von der Teilnahme am Wettbewerb u.a. deswegen ausgeschlossen werden, wenn sie ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Abgaben sowie der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß nachgekommen sind. Eine darüber hinausgehende Sanktionsmöglichkeit im Bereich des Arbeitsrechts besteht nicht. Unzulässig ist es insbesondere, durch rechtlich nicht abgedeckte Eingriffe in den Wettbewerb irgendwelchen Absprachen der Tarifpartner "Geltung zu verschaffen". Eine derartige Verhaltensweise würde zwangsläufig begründete Schadenersatzansprüche von Unternehmern hervorrufen.

Az.: I 020-08-2 pa/le

Az.: 608-01 bo/do

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