Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 557/2021 vom 13.09.2021

LKW-Kartell: Auch Absprache von Listenpreisen führt zu Kartellschäden

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem am 09.09.2021 veröffentlichten Urteil vom 13.04.2021 | KZR 19/20 einige grundsätzliche Fragen klären können, die in Schadensersatzprozessen wegen des LKW-Kartells eine wichtige Rolle spielen. Die Kartellanten machen häufig geltend, die Absprache über Listenpreise sei ein bloßer Informationsaustausch gewesen, der nicht zu höheren Preisen geführt habe. Außerdem wird häufig bestritten, dass die Listenpreise bei dem konkreten Erwerbsvorgang relevant gewesen seien. Der BGH stellt nun klar, dass auch bei einer Absprache über Listenpreise davon auszugehen sei, dass sich ein erhöhtes Preisniveau als ohne Kartellabsprache ergibt, wenn die Listenpreise Kostensteigerungen bei der Produktion abbilden. Des Weiteren weist der BGH darauf hin, dass die Gerichte bei Kartellschadensersatzprozessen an alle Fest-stellungen tatsächlicher und rechtlicher Natur, mit der die Wettbewerbsbehörde einen Kartellverstoß begründet, gebunden sind.

Sachverhalt

Die EU-Kommission hatte am 19.07.2016 Bußgeldbescheide gegen MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF wegen des sog. Lastwagenkartells erlassen (Case AT.39824 – TRUCKS). Gegenstand der Kartellabsprachen waren nach Feststellungen der EU-Kommission die Koordinierung der Bruttolistenpreise für mittel-schwere und schwere Lastkraftwagen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und eine Koordinierung der Ein-führung von Emissionssenkungstechnologie. Von dem Kartell waren auch zahlreiche kommunale Unternehmen betroffen; es sind eine Vielzahl von Schadensersatzklagen anhängig.

Die Entscheidung

Im konkreten Fall konnte sich der BGH mit dem wiederkehrenden Argument der Kartellanten auseinandersetzen, die Absprache über Listenpreise habe zu keinen Preissteigerungen geführt. Der BGH verwies zunächst darauf, dass die EU-Kommission das Verhalten der Kartellbeteiligten als Preiskoordinierungen eingeordnet habe, die in der praktizierten Weise zu den schädlichsten Einschränkungen des Wettbewerbs gehörten. Diese Feststellung sei für die Gerichte auch im Schadensersatzprozess bindend. Für die Kartellbetroffenheit des Klägers sei es auch unerheblich, ob und inwieweit die Preise der erworbenen Fahrzeuge durch die Kartellabsprache beeinflusst gewesen seien. Es genüge, dass diese Fahrzeuge auf den Grundmodellen ("Ecktypen") aufbauten, deren Listenpreise Gegenstand der Absprachen gewesen seien.

Der BGH bestätigte auch, dass auch im Falle einer Absprache über Listenpreise eine tatsächliche Vermutung bestehe, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten. Soweit Kartellanten allerdings konkret dazu vortragen (z.B. durch Gutachten), dass die Preise nicht beeinflusst worden seien, müssen sich Gerichte allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung aller für und gegen einen Schadenseintritt sprechenden Indizien auch mit diesen Argumenten auseinandersetzen.

Stellungnahme

Die BGH-Entscheidung wird die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen das LKW-Kartell weiter erleichtern.

21.1.4.8-002/001 we

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