Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 683/2022 vom 16.11.2022

LG Wuppertal zur Starkregengefahrenkarte

Das LG Wuppertal hat mit Urteil vom 05.07.2022 (Az.: 1 O 361/20 – nicht rechtskräftig - Nachinstanz: OLG Düsseldorf – Az.: I-9 U 92/22) entschieden, dass eine Stadt tätig werden muss, wenn auf der Grundlage einer von der Stadt erstellten Starkregengefahrenkarte sichtbar ist, dass das Grundstück des Klägers durch Niederschlagswasser von einer asphaltierten Stichstraße der Stadt bei Starkregenereignissen Überschwemmungen ausgesetzt ist. Das LG Wuppertal hat deshalb dem Kläger einen Beseitigungsanspruch gegen die Stadt aus § 1004 BGB i. V. m. den §§ 27, 29 des Nachbarrechtsgesetzes NRW (NachbG NRW) zugesprochen. Gemäß § 27 Abs. 1 NachbG sei die Stadt verpflichtet, ihre baulichen Anlagen so einzurichten, dass das Niederschlagswasser nicht auf das Nachbargrundstück (hier: das klägerische Grundstück) tropft, auf dieses abgeleitet wird oder übertritt. Gemäß § 29 Abs. 1 NachbG NRW sei die Stadt verpflichtet, ihre baulichen Anlagen (hier: die asphaltierte Straße) so einzurichten, dass Abwässer und andere Flüssigkeiten nicht auf das Nachbargrundstück übertreten.

Abwasser ist – so das LG Wuppertal – entsprechend der Definition in § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser. Es handele sich vorliegend also um das auf bebauten Flächen gesammelte Niederschlagswasser, welches sodann auf das Nachbargrundstück übertrete. Dabei ist es – so das LG Wuppertal – unerheblich, ob das Wasser direkt übertritt oder erst nach einer gewissen Zeit des Sammelns. Aus der Starkregengefahrenkarte der Stadt könne jedenfalls entnommen werden, dass das Wasser von dem asphaltierten Weg Stichweg und einem gepflasterten Fußweg mit großer Geschwindigkeit und in großer Menge zum Grundstück des Klägers gelange. Dieser Zustand widerspreche § 29 Abs. 1 NachbG NRW.

Das LG Wuppertal weist ebenso darauf hin, dass die Regelung in § 37 WHG (wild abfließendes Wasser) nicht einschlägig sei, weil im konkreten Fall namentlich Niederschlagswasser im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG das Problem verursache, welches von einem asphaltierten Weg bzw. einem gepflasterten Weg stammt. Es gehe somit gerade nicht um sog. wild abfließendes Wasser, welches unmittelbar auf den unversiegelten Boden fällt. Davon zu unterscheiden sei wiederum das sog. „Baulichkeitswasser“, also jenes Wasser, das von einem benachbarten Grundstück auf das danebenliegende und sodann auf das Nachbargrundstück laufe. Auf dieses Wasser finden – so das LG Düsseldorf – die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes NRW Anwendung. Dieser Vorrang des Nachbarrechts vor dem Wasserrecht gelte selbst dann, wenn Niederschlagswasser zunächst auf das eigene Grundstück abfließt und erst anschließend auf das Nachbargrundstück abläuft (so: BGH, Urteil vom 12.06.2015 – Az.: V ZR 168/14 – zu einem Beseitigungsanspruch eines Grundstückseigentümers – Kläger - aus § 1004 BGB gegen den Nachbargrundstücks-eigentümer, wenn durch die Versickerung von Niederschlagswasser auf dem Nachbargrundstück, unterirdisch Sickerwasser auf Grundstück des Klägers übertritt).

Das LG Wuppertal weist schlussendlich darauf hin, dass es für einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB nicht darauf ankommt, ob ein extremes Starkregenereignis vorgelegen hat, welches einen Anspruch aus sog. höherer Gewalt ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2004 – Az.: III ZR 108/03 -), denn im konkreten Fall, könne ein Schaden bereits bei weniger dramatischen Regenfällen auftreten.

Az.: 24.1.1 qu

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