Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 252/2007 vom 14.03.2007

Landtagsanhörung zum Kommunalabgabengesetz

Am 12.3.2007 fand im Landtag NRW eine Anhörung zum Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (LT-Drucksache 14/2594) zur Änderung des KAG NRW und der GO NRW statt. Die Geschäftsstelle des StGB NRW hat hierzu gemeinsam mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden wie folgt Stellung genommen:

„Die kommunalen Spitzenverbände sehen keine Notwendigkeit zu einer Änderung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW). Im Einzelnen:

1. Zu § 6 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 KAG NRW des Gesetzentwurfes (Abschreibung nach
dem Wiederbeschaffungszeitwert oder Herstellungs- bzw. Anschaffungswert)

Das OVG NRW hat in ständiger Rechtsprechung seit dem Jahr 1994 (zuletzt: Urteil vom 13.04.2005 – Az. 9 A 31220/03; grundlegend: OVG NRW Urteil vom 05.08.1994 – 9 A 1248/92, NWVBL 1994, Seite 428) entschieden, dass im Rahmen der Gebührenbedarfsberechnung bei der Ermittlung kalkulatorischer Kosten die Abschreibung auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten mit einer Nominalverzinsung auf Anschaffungsrestwertbasis kombiniert werden kann. Diese Rechtsprechung berücksichtigt insbesondere, dass in der Betriebswirtschaftslehre unverändert mit beachtlichen wissenschaftlichen Gewicht vertreten wird, dass eine kalkulatorische Abschreibung von Anlagegütern nach dem so genannten Wiederbeschaffungszeitwert angezeigt ist, wenn der Anlagenbetreiber nach Ablauf der mutmaßlichen Nutzungsdauer eine Erneuerungsinvestition tätigen muss (vgl. hierzu Wöhe, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 22. Auflage 2005, Seite 1089 ff.; Coenenberg, Kostenrechnung, Kostenanalyse, 5. Auflage 2003, Seite 44 ff; Steger,Kosten- und Leistungsrechnung, 3. Auflage 2001, Seite 194 ff und Seite 222 ff; Zimmermann, Grundzüge der Kostenrechnung, 8. Auflage 2001, Seite 34 ff und Seite 50 ff; Olfert, Kostenrechnung, 11. Auflage 1999, Seite 113 ff und Seite 125 ff; Ebert, Kosten- und Leistungsrechnung, 10. Auflage 2003, Seite 38 ff und Seite 43 ff; Macha, Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung, 3. Auflage 2003, Seite 62 ff, 66 ff; Heinhold, Kosten- und Erfolgsrechnung in Fallbeispielen, 2. Auflage 2001, Seite 119 ff, 140 ff.). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Mai 2006 (Az.: 10 B 56.05) diese seit 17 Jahren geltende und ständige Rechtsprechung des OVG NRW bestätigt. Das Bundesverwaltungsgericht weist in seinem Beschluss vom 10.05.2006 (Az.: 10 B 56.05) ausdrücklich darauf hin, dass die vom OVG NRW gebilligte Methode der Kostenrechnung den Kostenanschauungen entspricht, die in der Betriebswirtschaftslehre unverändert mit beachtlichen wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden und in der Praxis sogar überragende Bedeutung haben. Vor dem Hintergrund dieser höchstrichterlichen und ständigen Rechtsprechung sehen wir keinen Änderungsbedarf mit Blick auf die Regelungen in § 6 Abs. 2 KAG NRW.

2. Zu § 6 a KAG NRW des Gesetzentwurfes (Einführung einer getrennten
Regenwassergebühr

Es bedarf auch keiner Regelung im KAG NRW, dass bei der Kalkulation von Abwassergebühren die Kosten der Regenwasserbeseitigung über eine getrennte Regenwassergebühr abgerechnet werden müssen. Auch hier gibt es eine klare und eindeutige Rechtsprechung des OVG NRW (zuletzt: Beschluss vom 05.02.2003 – Az. 9 B 2482/02). Hiernach ist eine getrennte Regenwassergebühr durch eine Gemeinde einzuführen, wenn sie keine einheitliche Bebauungs- und Siedlungsstruktur hat und der so genannte Frischwassermaßstab (Frischwasser = Abwasser) zur Abrechnung der Kosten für die Beseitigung von Schmutzwasser und Regenwasser nicht mehr mit dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden kann. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn mehr als 10 % der veranlagten Grundstückseigentümer durch die schlichte Anwendung des Frischwassermaßstabes für die Abrechnung der Kosten der Schmutzwasserbeseitigung und der Kosten der Regenwasserbeseitigung ungerecht behandelt werden und daraus entnommen werden kann, dass der angewendete Frischwassermaßstab kein geeigneter Verteilungsmaßstab für die Kosten der Regenwasserbeseitigung mehr ist (vgl. hierzu auch: Queitsch, KStZ 2006, S. 121ff.).

3. Zu § 6 Abs. 1 Satz 4 KAG NRW des Gesetzentwurfes

Mit der seit dem 11. Mai 2005 geltenden Regelung in § 53 c Satz 3 Landeswassergesetz NRW ist bereits eine gesetzliche Vorgabe dafür geschaffen worden, bei der Kalkulation und Bemessung der Abwassergebühr die Gesichtspunkte des sparsamen Umgangs mit Wasser und der Regenwassernutzung zu berücksichtigen (vgl. hierzu auch: Queitsch, NWVBl. 2006. S. 321ff., S. 326f.). Wer mit Frischwasser sparsam umgeht, muss eine geringere Schmutzwassergebühr bezahlen, weil bei der Erhebung der Schmutzwassergebühr der Frischwassermaßstab (Frischwasser = Abwasser) als Kostenverteilungsschlüssel zur Anwendung gebracht wird. Wer darüber hinaus Regenwasser als Brauchwasser nutzt (z.B. zum Wäsche waschen, zur Spülung der Toilette) erhält regelmäßig einen Gebührenabschlag (vgl. Queitsch, NWVBl. 2006. S. 321ff., S. 326f.). Weiterer gesetzlicher Regelungen bedarf es deshalb im KAG NRW nicht mehr. Auch in § 9 Abs. 3 Satz 2 LAbfG NRW ist seit über 15 Jahren die Regelungsvorgabe enthalten, dass über die Abfallgebühren wirksame Anreize zur Abfallvermeidung und –verwertung geschaffen werden sollen. Die Erfahrungssätze im Bereich der Abfallentsorgung haben allerdings gezeigt, dass diese Regelung erhebliche Probleme in der Anwendungspraxis erzeugt (z.B. die Zunahme verbotswidriger Abfallablagerungen), denen keine wirklichen ökologischen Vorteile gegenüberstehen. Außerdem wird verkannt, dass in den Bereichen der Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung die verbrauchsunabhängigen Vorhaltekosten (sog. Fixkosten) anerkanntermaßen bei mindestens 70 % liegen (so auch: OVG NRW, Urteil vom 2.2.2000 – Az.. 9 A 3915/98), weil unter anderem anspruchsvolle Entsorgungsstandards einzuhalten und zu erfüllen sind. In Anbetracht dieses hohen Kostenblocks an Vorhaltekosten führen zurückgehende Abfallmengen bzw. zurückgehende Abwassermengen dazu, dass die Höhe der Gebührensätze – nicht jedoch die tatsächliche Gebührenbelastung - nicht sinkt, sondern steigt. Insgesamt sind die bestehenden Regelungen in § 53 c Satz 3 LWG NRW und § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW als völlig ausreichend anzusehen, wenn eine ordnungsgemäße und umweltverträgliche Entsorgung weiterhin sichergestellt sein soll. Außerdem müsste im Zeitalter des Bürokratieabbaus und dem Streben nach Verwaltungsvereinfachung eher darüber nachgedacht werden, die Regelungen in § 53 c Satz 3 LWG NRW und § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW ersatzlos zu streichen, weil bereits das gesetzlich verankerte kommunalabgabenrechtliche Äquivalenzprinzip (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW) beinhaltet, das zwischen der Benutzungsgebühr und der tatsächlichen Inanspruchnahme kein offensichtliches Missverhältnis bestehen darf. Jedwede weitere gesetzliche Regelungen sind daher überflüssig.

4. Zur vorgeschlagenen Änderung des § 114 Abs. 1 Satz 3 GO NRW

Es bedarf keiner gesetzlichen Festschreibung, dass eine Gemeinde im Bereich der Abfallentsorgung bzw. Abwasserbeseitigung ihre öffentliche Entsorgungseinrichtung zumindest als eigenbetriebsähnliche Einrichtung und nicht als Regiebetrieb zu führen hat. Die vergangenen 10 Jahre haben gezeigt, dass der Regiebetrieb ohnehin als Organisationsform immer mehr abnimmt. Stattdessen werden öffentliche Entsorgungseinrichtungen als eigenbetriebsähnliche Einrichtungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 114 a GO NRW) geführt. In Anbetracht dieser klaren und eindeutigen Tendenz bei den gewählten Organisationsformen ist eine gesetzliche Regelung überflüssig“.

Az.: II/2 33-10/24-21 qu/ko

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