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StGB NRW-Mitteilung 700/2006 vom 24.10.2006

Landgericht Verden zum Anspruch auf einen Sitzplatz im Schulbus

Das Landgericht Verden hat am 07.09.2005 ein Urteil verkündet (Az.: 7 O 167/2005), dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Die 9jährige Klägerin fuhr mit dem Schulbus zur Grundschule. Die Fahrtstrecke beträgt 7 km. Die Klägerin musste im Mittelgang des Busses stehen und sich an Haltegriffen festhalten, wie ca. 20 bis 25 andere Kinder auch, weil die vorhandenen Sitzplätze belegt waren. Als der Busfahrer verkehrsbedingt gezwungen war zu bremsen, verlor die Klägerin den Halt und stürzte über ein anderes Kind hinweg. Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung habe eine besondere Fürsorgepflicht, die dahingehe, sicherzustellen, dass die Schülerbeförderung für alle Schulkinder möglichst gefahrlos gestaltet werde. Dies sei in keiner Weise der Fall, wenn Kinder im Stehen in einem Schulbus befördert würden. Es bestehe die Pflicht des Beklagten zumindest für jeden Grundschüler einen Sitzplatz zu garantieren.

Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil dem Beklagten eine Amtspflichtverletzung im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht zur Last falle. Denn eine Verletzung von Amts- und Fürsorgepflichten durch den Beklagten als Träger der Schülerbeförderung sei nicht gegeben. Gemäß § 1 der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis bestehe ein Anspruch auf Beförderung gem. § 114 Abs. 3 Niedersächsisches Schulgesetz im Rahmen der Regelung dieser Satzung. In § 4 Abs. 1 der Satzung heiße es, „Die Schülerin bzw. der Schüler hat das vom Landkreis bestimmte Beförderungsmittel zu benutzen. Die Beförderung wird – soweit möglich – im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs durchgeführt, sofern der Landkreis nicht eigene Beförderungsleistungen zur Verfügung stellt. Es besteht kein Anspruch auf die Beförderung mit einem besonderen Beförderungsmittelpunkt.“

Das Gericht hat weiter ausgeführt, der Beklagte lasse die Schülerbeförderung über den öffentlichen Personennahverkehr durchführen, was aufgrund der Satzung zulässig sei. Einen Anspruch auf gesonderte Schulbusse mit Sitzplätzen für jeden Schüler bzw. Grundschüler werde gerade nicht eingeräumt, vielmehr seien die von dem Beklagten zur Verfügung gestellten KOM des öffentlichen Personennahverkehrs zu benutzen. Der Beklagte habe lediglich sicherzustellen, dass der jeweils eingesetzte Schulbus die für die Anzahl der zu befördernden Schüler notwendige Betriebserlaubnis für den öffentlichen Personennahverkehr besitze. Dies sei aber der Fall, weil der eingesetzte Schulbus mit 45 Sitz- und 46 Stehplätzen amtlich zugelassen sei. Unter Ausnutzung der vorhandenen Stehplätze hätte jeder der 60 bis 63 Schüler einen Platz, so dass der Schulbus nicht überfüllt gewesen sei. Von daher sei der Beklagte seinen Amtspflichten nachgekommen. Ferner weist das Gericht darauf hin, das Verlangen der Klägerin, für jeden Grundschüler einen Sitzplatz zu garantieren, sei nicht durchführbar. Denn es sei davon auszugehen, dass ältere Schüler den Grundschülern die zur Verfügung stehenden Sitzplätze nicht von sich aus anbieten würden, so dass dies vielmehr durch den Beklagten mit unverhältnismäßig hohem Personalaufwand sichergestellt werden müsse. Dies aber wäre wirtschaftlich nicht zumutbar.

Soweit die Klägerin auf eine Statistik zum Schülerunfallgeschehen verweise, die auf das gesamte Bundesgebiet ausgelegt sei, ergäbe sich ausweislich der Tabelle 4, dass die Schulart Grundschule 11,9 % der angezeigten Schulwegunfälle betreffe. Ausweislich der Tabelle 12 sei die große Anzahl der Schulwegunfälle auf private Verkehrsmittel zurückzuführen, während die Schülerbeförderung im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs insoweit lediglich mit 0,7 % ausgewiesen wäre, wobei auf Seite 22 der Statistik ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass sich erhöhte Schulbusunfallzahlen mit der Erweiterung des versicherten Kollektivs in den neuen Bundesländern erklären ließen. Daher erscheine es unverhältnismäßig, weil wirtschaftlich nicht vertretbar, von dem Beklagten fordern zu wollen, dafür Sorge zu tragen, dass jeder Schüler einen Sitzplatz in einem Schulbus einnehmen könne.

Az.: IV/2 214-50/1

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