Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 329/2009 vom 25.05.2009

Landgericht Kleve zu § 6 Abs. 5 Kommunalabgabengesetz NRW

Das Landgericht Kleve hat mit Beschluss vom 21.1.2009 (AZ.: 4 T 240/08) entschieden, dass Abfallgebühren grundstücksbezogene Benutzungsgebühren sind und deshalb nach § 6 Abs. 5 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen. Nach der Abfallgebührensatzung der beklagten Stadt seien – so das LG Kleve - die Grundstückseigentümer, die Inhaber grundstücksgleicher Rechte gemäß § 870 ZPO (Erbbaurecht, Wohnungseigentum) und dinglich Berechtigte (insbesondere Nießbraucher, §§ 1030f. BGB) Gebührenschuldner. Es sei nach der Abfallgebührensatzung nicht von Interesse, wer die Abfallentsorgungseinrichtung – etwa als Mieter oder Pächter oder als Betreiber von Unternehmen u.a. – tatsächlich nutzt und die Dienstleistung der öffentlichen Hand in Anspruch nimmt. Der Anknüpfungspunkt für die Haftung im Hinblick auf die Abfallgebühren sei damit ausschließlich grundstücksbezogen, weil eine sich aus dem Grundstück ergebende Berechtigung Voraussetzung für das Entstehen der Gebührenschuld sei. Damit lagen nach dem LG Kleve öffentliche Grundstückslasten in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) vor. Dieses seien alle persönlichen, sachlichen und finanziellen Leistungen, die dem Bürger zugunsten der Allgemeinheit auferlegt würden. Öffentliche Grundstückslasten seien die öffentlich-rechtlichen Lasten nur, soweit das Grundstück dafür dinglich hafte. Die Eigenschaft als öffentliche Last müsse sich hierbei aus der rechtlichen Ausgestaltung der Zahlungspflicht und aus ihrer Beziehung zum Grundstück ergeben (vgl. OLG Zweibrücken, WM 2008, S. 179f.; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz – ZVG -, 17. Aufl. § 10 Rz. 6 m.w.N.). Dieses sei bei den Abfallgebühren der Fall.
Nach dem Landgericht Kleve erfasst die Neuregelung des § 6 Abs. 5 KAG NRW, die seit dem 17.10.2007 gilt, auch die zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung rückständigen Benutzungsgebühren.
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 KAG NRW seien grundstücksbezogene Benutzungsgebühren unabhängig davon öffentliche Last auf dem Grundstück, ob es sich um die Gebühren für die Benutzung kommunaler Anlagen aus der Zeit vor oder nach Inkrafttreten (der Änderung) des Kommunalabgabengesetzes handele. Auch die weiteren Bestimmungen des KAG NRW und die Gesetzesmaterialien enthalten nach dem LG Kleve zu der Frage der zeitlichen Geltung keine Differenzierung. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung werden damit – so das LG Kleve – Benutzungsgebühren auch aus der Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung von der Einstufung als öffentliche Last miterfasst.
Dieses sei auch keine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung (vgl. BGH NJW 2005, S. 1428f. m.w.N.), denn die Pflicht zur Entrichtung von Gebühren für die Inanspruchnahme der kommunalen Abfallentsorgung besteht nach dem LG Kleve fortlaufend für den Zeitraum, für den der Gebührenschuldner der Eigentümer des an die städtische Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücks ist . Ergeht ein Gebührenbescheid und zahlt der Schuldner nicht, ist es – so das LG Kleve - zunächst völlig offen, ob es zur Durchsetzung der Forderung überhaupt der Immobiliarvollstreckung bedarf. Dementsprechend handele es sich hinsichtlich der Entstehung dieser Gebühren und der Frage, ob diese Gebühren mit dem Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 5 ZVG geltend gemacht werden können, nicht um einen abgeschlossenen Rechtszustand, in den unter den Voraussetzungen einer echten Rückwirkung eingegriffen werden könne. Tatsächlich sei bezüglich der Rangklasse der Benutzungsgebühren vielmehr für die an der Zwangsversteigerung zu beteiligenden Gläubiger und den Schuldner jedenfalls so lange ein Vertrauensschutz nicht entstanden , wie die Zwangsversteigerung und damit die Rangfolge der Gläubiger hinsichtlich ihrer Rechte auf Befriedigung aus dem Grundstück (§§ 10f. ZVG) noch nicht angeordnet war.
Die aus der fehlenden Übergangsregelung des § 6 Abs. 5 KAG NRW hiernach folgende bloße unechte Rückwirkung für Benutzungsgebühren aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung sei damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die vom Gesetzgeber angeordnete sofortige Geltung war – so das LG Kleve - für die Erreichung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich. Auch diene die Neuregelung Belangen des Gemeinwohls, weil mit der rangbesseren Berücksichtigung die Stadt die größere Aussicht erhalte, für die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen auch tatsächlich die geschuldeten Benutzungsgebühren zu erhalten. Diesen öffentlichen Zwecken gegenüber hätten die privaten Bestandsinteressen der weiteren beteiligten Gläubiger und des Schuldners zurückzutreten.

Az.: II/2 33-10 qu-qu

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