Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 268/2016 vom 13.04.2016

Landgericht Bochum zu Medienanfragen an Städtische Gesellschaft

Das Landgericht Bochum hat geurteilt, dass ein presserechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber einem kommunalen Unternehmen auch dann besteht, wenn das Unternehmen nicht unmittelbar Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt. Gerade bei solchen Unternehmen besteht nach Auffassung des Gerichts das auf ein berechtigtes öffentliches Interesse gestütztes Informationsbedürfnis, ob und wie das Unternehmen nach den entsprechenden Vorgaben der Gemeindeordnung geführt wird.

Kläger ist ein Journalist, der für das Recherchenetzwerk Correctiv tätig ist. Dieser hatte gegen die städtische Dienstleistungsfirma Prosoz aus Herten geklagt. Die Prosoz stellt Softwareprogramme her, die hauptsächlich in der Kommunalverwaltung zum Einsatz kommen. Alleiniger Gesellschafter der Prosoz ist die Hertener Beteiligungsgesellschaft mbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt Herten ist.

Der Kläger wollte dem Verdacht nachgehen, ob sich das kommunale Unternehmen Vorteile bei der Auftragsvergabe verschafft hat. Prosoz weigerte sich jedoch, die Fragen des Journalisten zu beantworten. Als kommunale GmbH sei man, anders als eine Behörde, nicht verpflichtet, der Presse Auskünfte zu erteilen. Eine Klage des Journalisten vor dem Amtsgericht Recklinghausen blieb erfolglos (Az. 19 C 41/15). Dagegen legte der Kläger Berufung zum LG Bochum ein, die erfolgreich war.

Wesentliche Entscheidungsgründe

In seinem Urteil wendet das LG Bochum die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auf eine bisher nicht entschiedene Fallkonstellation an. Der BGH war in einem Urteil (vom 10.02.2005 - III ZR 294/04 -, juris) zu dem Ergebnis gekommen, dass ein solcher presserechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber einer GmbH besteht, die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt. Das LG Bochum stellt klar, dass sich aus der Rechtsprechung des BGH nicht das Erfordernis ergibt, dass Aufgaben der Daseinsvorsorge von der Gesellschaft wahrgenommen werden müssen.

Nach dem BGH gelte ein funktionell-teleologischer Behördenbegriff. Danach wird die Behördeneigenschaft nicht an die Erfüllung einer spezifischen staatlichen Aufgabe, sondern an die Verwendung öffentlicher Mittel zur Wahrnehmung dieser Aufgabe geknüpft. Des Weiteren widerspricht das LG Bochum dem Argument der Beklagten GmbH, dass dann jedes Privatunternehmen in öffentlicher Hand einem Auskunftsanspruch nach dem Pressegesetz (§ 4 Abs. 1 PresseG NW) ausgesetzt sei.

Diese Rechtsfolge ist nach der Argumentation des Gerichts hinzunehmen, wenn ein von einer Kommune beherrschtes und mit öffentlichen Mitteln ausgestattetes Unternehmen öffentlichen Zwecken dient. Gerade bei diesen Unternehmen bestehe ein auf ein berechtigtes öffentliches Interesse gestütztes Informationsbedürfnis, ob und wie das Unternehmen entsprechend den Vorgaben von § 109 Abs. 2 GemO NRW geführt wird. Dem Auskunftsanspruch steht nach den Ausführungen des Gerichts auch nicht entgegen, dass evtl. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden müssen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NW in Verbindung mit § 85 GmbHG).

Die Abwägung im konkreten Einzelfall zwischen der grundrechtlich garantierten Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) und den schutzwürdigen privaten Interessen ergebe, dass das Interesse der Presse an der Vorbereitung einer Berichterstattung über die ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel von einigem öffentlichen Gewicht sei. Dagegen beträfen die begehrten Auskünfte nur einzelne Aspekte der Geschäftstätigkeit der Beklagten, die keine präzisen Rückschlüsse auf ihre Geschäftspraktiken oder Preisgestaltung zuließen.

Das Gericht hat die Revision wegen der grundsätzlichen rechtlichen Bedeutung zugelassen. Ob die Beklagte Rechtsmittel gegen das Urteil einlegt, ist derzeit noch offen. Das Urteil des LG Bochum vom 23.03.2016 (Aktenzeichen I-11 S 165/15) ist im StGB NRW Intranetangebot unter Rubrik Fachinfo und Service > Fachgebiete > Finanzen und Kommunalwirtschaft > Öffentlicher Bereich hinterlegt.

Az.: 28.11.0 we

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