Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 629/2001 vom 05.10.2001

Landesregierung zu US-Leasing-Geschäften

Im Landtag NRW wurde folgende Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Lindlar zu US-Leasinggeschäften an die Landesregierung gestellt (LT-Drs. 13/1387):

"Nahezu alle großen deutschen Städte haben bereits seit geraumer Zeit ihre Straßenbahnanlagen inklusive des rollenden Materials in sogenannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte mit US-Partnern eingebracht, um an den Zinsvorteilen der US-Investoren teilzuhaben und auf diesem Wege zusätzliche Einnahmen zu erzielen.

Zurzeit stehen deutsche Umweltschutzimmobilien, vor allem Kläranlage und Kanalnetze, im Mittelpunkt des Interesses US-amerikanischer Geldanleger. Daher werden in großem Umfang von Wasserverbänden und Kommunen in NRW Anlagen-Pakete geschnürt, um sie in Cross-Border-Geschäfte einzubringen. Die Anlagenbesitzer spekulieren auf einen bei diesen Geschäften zu erzielenden Barwertvorteil bzw. auf jährliche Zinserträge, wenn sie dieses Geld gewinnbringend anlegen.

Kläranlagen und Kanalnetze in kommunalem Eigentum sind u.a. aus Gründen der Klarheit und Wahrheit der Gebührenkalkulation häufig wirtschaftlicher Bestandteil von eigens gegründeten Eigenbetrieben und als Anlagevermögen in deren Bilanz enthalten.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung derartige Cross-Border-Leasing-Geschäfte nordrhein-westfälischer Kommunen.

2. Welche Risiken müssen Kommunen in NRW bei derartigen Geschäften beachten bzw. ausschließen.

3. Wenn die Objekte des Leasinggeschäftes (Kläranlagen, Kanalnetz und ähnliches mehr) wirtschaftlicher Bestandteil eines kommunalen Eigenbetriebes sind, sind die zu erzielenden Erträge (Barwertvorteil oder die aus seiner Anlage zu erwartenden Zinserträge) dann ausschließlich dem Eigenbetrieb zuzuführen oder können sie auch im allgemeinen Haushalt der Kommune vereinnahmt werden ?"

Der Finanzminister hat namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister, dem Minister für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Minister für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport zu den Fragen wird wie folgt Stellung genommen (LT-Drs. 13/1530):

Zur Frage 1:

Sogenannte "US-Cross-Border-Leasing" - Geschäfte sind bisher überwiegend von kommunalen Eigenbetrieben bzw. eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und rechtlich selbständigen Eigengesellschaften getätigt worden. So haben einige öffentliche Verkehrsunternehmen in NRW (z.B. in Köln, Düsseldorf, Essen und Bielefeld) für die Schienenfahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs entsprechende Transaktionen durchgeführt. Die daraus gewonnenen Barwertvorteile konnten für Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden. Diese Geschäfte mit kommunaler Beteiligung sind dadurch gekennzeichnet, dass das Eigentum und die Verfügungsgewalt über die betreffenden Wirtschaftsgüter im kommunalen Bereich verbleiben, denn Gegenstand der zivilrechtlichen Transaktionen ist ein Miet- bzw. Leasingvertrag zwischen dem deutschen Eigentümer und US-Investoren mit gleichzeitiger Rückvermietung des Wirtschaftsgutes. Derartige Geschäfte begründen regelmäßig keine Tatbestände, die über die verfassungsmäßige kommunale Selbstverwaltung hinausgehen. Daher besteht für eine Kommune auch keine gesetzliche Verpflichtung aus der Gemeindeordnung, der zuständigen Aufsichtsbehörde ein solches Rechtsgeschäft anzuzeigen.

Zur Frage 2

Die Komplexität der Vertragsstruktur und die regelmäßige lange Laufzeit der abzuschließenden Verträge erfordern vertiefte Rechtskenntnisse über "US-Cross-Border-Leasing"-Geschäfte. Risikobegrenzende Regelungen sind z.B. erforderlich im Hinblick auf eine mögliche Beschädigung bzw. Zerstörung oder einen sonstigen Verlust des Vertragsgegenstandes, die Sicherstellung der öffentlichen Zweckbestimmung des Vertragsgegenstandes, eines Konkurses des US-Investors oder mögliche steuerrechtliche Aspekte. Dies setzt insgesamt eine sorgfältige vorherige Analyse der Gesamtgestaltung der grenzüberschreitenden zivilrechtlichen Transaktion und damit regelmäßig eine entsprechende rechtliche Beratung der Kommune voraus.

Bei allen durchgeführten Transaktionen, z.B. im Bereich der Verkehrsunternehmen, wurde durch die Einschaltung einer Zweckgesellschaft - in der Regel eine Bank - als Zwischenvermieter und -mieter sowie als Depot der kapitalisierten Mietzahlungen der Verkehrsunternehmen, die Risiken minimiert. Das verbleibende Restrisiko wird durch die Rückstellungsbildung aus dem Barwertvorteil abgedeckt und ist nach Einschätzung der Beteiligten als sehr gering anzusehen. Bisher sind keine Fälle bekannt, in denen sich die Risiken realisiert haben.

Zur Frage 3:

Kommunale Eigenbetriebe bzw. eigenbetriebsähnliche Einrichtungen sind zwar rechtlich unselbständig, werden jedoch finanzwirtschaftlich als Sondervermögen mit einigem Rechnungswesen geführt. Daher müssen die in der Anfrage angesprochenen Erträge grundsätzlich dem Eigenbetrieb bzw. der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung zufließen. Eine weitere Transferierung an den kommunalen Haushalt ist ggf. unter Berücksichtigung abgaberechtlicher Aspekte nicht ausgeschlossen, soweit dadurch die Aufgaben- bzw. Zweckerfüllung und die künftige Entwicklung des Eigenbetriebs bzw. der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung nicht beeinträchtigt werden.

Az.: II/2 24-21

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