Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 799/2003 vom 06.10.2003

Kostenerstattung des Jugendhilfeträgers bei Selbstbeschaffung der Hilfeleistung

Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom 14.03.2003 (12 A 122/02) entschieden, daß der Träger der Jugendhilfe unter bestimmten Voraussetzungen auch dann zur Kostenerstattung verpflichtet ist, wenn der Hilfesuchende sich die relevante Leistung selbst beschafft.

Im zugrundeliegenden Fall begehrte der Kläger Kostenübernahme für seine Unterbringung in einem Internatsgymnasium. Dieses Angebot hatte sich der Kläger selbständig organisiert. Der Beklagte hatte zwar im Widerspruchsverfahren die seelische Behinderung des Klägers i.S.d. § 35 a SGB VIII bzw. das Drohen einer derartigen seelischen Behinderung anerkannt, jedoch die Kostenübernahme abgelehnt. Ein eigenes alternatives Hilfsangebot hatte der Beklagte dem Kläger nicht gemacht.

Das Gericht führt dazu aus: Überläßt der Träger es dem Hilfesuchenden, sich die Leistungen zur Deckung eines unaufschiebbaren Bedarfes selbst zu beschaffen, kann er gegen den Anspruch auf Erstattung der Kosten dieser Leistung nicht einwenden, er hätte eine andere Hilfe für geeignet und notwendig erachtet. Dies gilt unabhängig davon, ob ihm bei der Entscheidung über die Art der Hilfe ein gerichtlich nicht in vollem Umfang überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht.

Das Gericht wies darauf hin, daß der Hilfesuchende zur Selbstbeschaffung einer Jugendhilfeleistung berechtigt sei, wenn er hierauf zur Deckung eines faktisch bestehenden Jugendhilfeanspruchs angewiesen ist, weil der öffentliche Jugendhilfeträger sie nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt hat. Voraussetzung sei ein wegen der Dringlichkeit unaufschiebbarer Hilfebedarf. Außerdem müsse der Hilfesuchende die Leistungserbringung durch eine rechtzeitige Antragstellung und seine hinreichende Mitwirkung ermöglicht haben. Ferner sei das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für eine Hilfeleistung erforderlich.

Diese Voraussetzungen waren jeweils erfüllt. Die Selbstbeschaffung der Hilfeleistung warf im vorliegenden Fall auch keine Bedenken im Hinblick auf § 5 SGB VIII auf. Da der Beklagte keine alternativen Hilfsangebote aufgezeigt hat, war die konkret gewählte Form mit dem Wunsch- und Wahlrecht des § 5 SGB VIII vereinbar. Der Beklagte hatte keine Alternativangebote gemacht, so daß sich eine Wahlmöglichkeit nicht stellte. Fehlt es aber mangels Alternativen an einer Wahlmöglichkeit, so beurteilt sich die Tauglichkeit einer Hilfsmaßnahme allein nach ihrer Eignung und danach, daß sie nicht als unwirtschaftlich anzusehen ist. Vorliegend war sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden und erfüllte damit die genannten Voraussetzungen.

Der zugrundeliegende Fall ist als Ausnahme anzusehen, da der Träger der Jugendhilfe im Regelfall eigene Angebote machen wird, um eine angemessene Hilfeleistung zu gewährleisten. Außerdem lag eine besondere Dringlichkeit vor, da der Beginn des Schuljahres eine umgehende Einschulung des Klägers erforderlich machte. Im Hinblick auf seine diagnostizierte seelische Behinderung war es dem Kläger nicht zuzumuten, eine endgültige Entscheidung des Trägers der Jugendhilfe abzuwarten.

Das Urteil kann bei Interesse bei der Geschäftsstelle angefordert werden.



Az.: III/2 702

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search