Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 440/2002 vom 05.08.2002

Kopplung von Grundstücksverkauf und Bezug von Fernwärme

Eine Gemeinde kann die Käufer gemeindlicher Grundstücke zur Abnahme von Fernwärme einer GmbH, an der die Gemeinde mehrheitlich beteiligt ist, verpflichten. Ein solches Verhalten ist weder als wettbewerbs- noch als kartellrechtswidrig anzusehen. Die Gemeinde verhält sich in einem solchen Fall vergleichbar einem privaten Bauträger. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 9. Juli 2002 (KZR 30/00) entschieden.

Die beklagte Gemeinde ist zusammen mit den H. Gaswerken Mehrheitsgesellschafterin eines Energieverteilungsunternehmens, der Gas- und Wärmedienst B. GmbH. Seit 1998 unterhält die GmbH ein eigenes auf dem Prinzip der Kraft-Wärmekopplung beruhendes gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, das ein Neubaugebiet der Gemeinde mit Fernwärme versorgen soll. Ein Teil der Grundstücke im Neubaugebiet steht im Eigentum der Gemeinde. Beim Verkauf der Grundstücke verpflichtet sie die Käufer zur Abnahme der Fernwärme der Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH und lässt sich diese ausschließliche Bindung durch eine im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit sichern. Außerdem macht sie die Vergabe von Aufträgen für die Erschließung des Neubaugebiets davon abhängig, dass die Erschließungsträger eigene Grundstücke in diesem Gebiet ebenfalls nur mit einer solchen Verpflichtung zur Abnahme von Fernwärme verkaufen.

Der klagende Interessenverband hat dieses Verhalten der Gemeinde als wettbewerbswidrig bestandet und ein Verbot für beide Formen der Einflussnahme - einmal die unmittelbare Verpflichtung der Käufer, einmal ihre mittelbare Verpflichtung über die Entschließungsträger – beantragt. Seine Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Diese haben gestützt auf § 1 UWG den Wettbewerbsverstoß darin gesehen, dass die beklagte Gemeinde unter Ausnutzung der Vorteile, die ihr aus ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung erwachsen, mit ihrem Verhalten den Leistungswettbewerb unter den Energielieferanten zu Lasten der Mineralölhändler ausschließe. Ferner wurde das Verhalten der Beklagten als kartellrechtswidrig eingestuft.

Der BGH hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat das Verhalten der Gemeinde weder als wettbewerbs- noch als kartellrechtswidrig angesehen. Soweit die Gemeinde durch ihre Beteiligung an einem Blockheizkraftwerk Aufgaben der Daseinsvorsorge in privatwirtschaftlicher Form wahrnehme oder als Verkäuferin von Grundstücken am privaten Rechtsverkehr teilnehme, genieße die öffentliche Hand keine Vorzugsstellung. Sie unterliege grundsätzlich aber auch keinen strengeren Verhaltensregeln als ein privater Grundstückseigentümer oder ein privates Energieversorgungsunternehmen. Die öffentliche Hand dürfe sich allerdings bei ihrer privatwirtschaftlichen Betätigung nicht dadurch einen unsachlichen Vorsprung vor ihren Mitbewerbern verschaffen, dass sie ihre hoheitlichen Befugnisse zur Förderung ihrer Position im Wettbewerb einsetze oder ihre Mitbewerber mit Mitteln verdränge, die nur ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung zur Verfügung stünden.

Derartige Umstände hat der BGH im vorliegenden Fall für nicht gegeben angesehen. Sie lägen insbesondere nicht in den vertraglichen Ausschließlichkeitsbindungen. Das Verhalten der Gemeinde sei vergleichbar mit dem Verhalten eines Bauträgers, der für ein Neubaugebiet eine Fernwärmeversorgung vorsehe und in die Grundstückskaufverträge eine entsprechende Bezugsverpflichtung aufnehme.

Ein kartellrechtswidriges Verhalten hat der Senat verneint, da die beklagte Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Verkäuferin von Bauland nicht in demselben Markt auftrete, in dem die Mitglieder des Klägers tätig seien, nämlich dem Markt der Wärmeenergie. Die Frage, ob durch die Förderung der Gas- und Wärmedienst B. GmbH die Beklagte auch eine eigene Tätigkeit in dem Markt der Wärmeenergie entfalte, konnte der Gerichtshof offen lassen, da ein solches Verhalten der Beklagten aus den im Rahmen der Lauterkeitsprüfung bereits angestellten Erwägungen auch kartellrechtlich nicht zu beanstanden wäre.

Auch die mittelbare Verpflichtung der Käufer über die Erschließungsträger hat der Bundesgerichtshof nicht beanstandet. Dieses Verhalten der beklagten Gemeinde unterliege zwar einem strengeren wettbewerbsrechtlichen Maßstab, weil die Vergabe öffentlicher Erschließungsaufträge nicht mit privaten Interessen der Gemeinde verquickt werden dürfe. Einen Wettbewerbsverstoß hat der Senat gleichwohl verneint, weil es der Gemeinde mit der Bezugsverpflichtung in erster Linie nicht um den wirtschaftlichen Erfolg der Gas- und Wärmedienst GmbH, sondern um den Klima- und Umweltschutz gegangen sei. Es sei ein berechtigtes von der Gemeinde verfolgtes Interesse, wenn sie auch auf diese Weise dafür Sorge trage, dass die Häuser in dem fraglichen Neubaugebiet nicht dezentral unter Verwendung fossiler Brennstoffe, sondern mit Fernwärme aus dem Blockheizkraftwerk versorgt werden.

Az.: G/3 812-00

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