Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 405/2007 vom 19.06.2007

Kompromiss bei der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges

Nach einem Kompromiss der EU-Finanzminister bleibt es Deutschland bis auf Weiteres verwehrt, das Erhebungsverfahren für die Mehrwertsteuer auf das Reverse-Charge-Verfahren umzustellen. Vielmehr soll nun von der Europäischen Kommission geprüft werden, ob der Einsatz dieses Systems als Pilotprojekt in Österreich einsetzbar wäre.

Mit der jetzigen Lösung scheint die Bundesregierung ihre Forderung nach einem schnellen Umstieg auf ein neues System aufgegeben zu haben. Bei ihrem Treffen am 5. Juni 2007 in Luxemburg beschlossen die EU-Finanzminister nun vielmehr, dass Österreich als einziges EU-Land das neue Verfahren testen soll. Dass Deutschland nicht an dem Pilotversuch teilnimmt, wird mit der Größe der deutschen Volkswirtschaft begründet, womit ein Pilotversuch schwieriger als in einem kleineren Land wie Österreich sei.

Nun soll vom EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs eine Studie ausgearbeitet werden, in der der Modellversuch in Österreich untersucht werden soll. So könnte dieser schon im Januar 2008 beschlossen werden und im Juli 2008 beginnen. Der Test werde wahrscheinlich drei Jahre dauern. Erst danach könne entschieden werden, ob auch Deutschland oder andere EU-Staaten das so genannte Reverse-Charge-Verfahren nutzen können. Neben dem Test des Reverse-Charge-Verfahrens soll die Kommission aber auch andere Alternativen prüfen.

Hintergrund

Die Betrugstatbestände bei der Umsatzbesteuerung haben mittlerweile einen solch drastischen Umfang angenommen, dass eine gemeinschaftliche Bekämpfung auf Ebene der EU als erforderlich erscheint. Für Deutschland werden die Steuerausfälle resultierend aus dem Umsatzsteuerbetrug für 2005 allein auf knapp 17 Mrd. € geschätzt, davon ca. 5 Mrd. € durch professionellen Karussellbetrug. Für die EU geht man von insgesamt 60 bis 100 Mrd. € an Steuerausfällen durch Hinterziehung aus.

Mit dem Reverse-Charge-Verfahren will Deutschland den Umsatzsteuerbetrug bekämpfen. Dabei würde die Steuerschuld für steuerpflichtige Umsätze in der Unternehmenskette allein auf den Endabnehmer verlagert. Die Veränderung würde es Steuerhinterziehern erschweren, nichtgezahlte Vorsteuer mit gefälschten Rechnungen beim Finanzamt zurückzufordern. Nur Österreich unterstützte bislang den deutschen Plan.

Hintergrund des jetzigen Kompromisses ist auch die Regelung, dass ein EU-Land, welches sein Umsatzsteuersystem ändern will, die Zustimmung der anderen EU-Länder in dieser Frage bedarf. Hier zeichneten sich bereits im letzten Jahr Divergenzen zwischen Europäischer Kommission und Deutschland sowie Österreich ab. Die EU-Kommission sprach sich bereits damals gegen einen Systemwechsel in Form des Reverse-Charge-Verfahrens aus, da aus ihrer Sicht die Folgen für Mittelstand und Handwerk nicht genügend untersucht worden seien. Für die Kommission sei dieses Verfahren zwar eine Option zur Betrugsbekämpfung, vielmehr möchte sie aber eine grundlegende Änderung. Das mit der Vollendung des EU-Binnenmarktes 1992 eingeführte Übergangssystem für die Mehrwertsteuererhebung beruhend auf dem Bestimmungslandprinzip soll in Richtung des Ursprungslandprinzips reformiert werden. Danach soll die Umsatzsteuer am Sitz des Herstellers nach den dort geltenden Sätzen erhoben werden, um diese dann an den Fiskus des Landes zu überweisen, in dem die Ware konsumiert wird.

Position des StGB und DStGB

Der StGB NRW und der DStGB begrüßten generell die Reformdiskussion in Richtung einer Begrenzung der Umsatzsteuerkriminalität. Denn mit der direkten Beteiligung der Kommunen am Umsatzsteueraufkommen und dessen Bedeutung hinsichtlich des kommunalen Finanzausgleichs und der damit verbundenen Finanzausgleichsmasse ist eine Bekämpfung der Umsatzsteuerkriminalität grundsätzlich im Interesse der Kommunen.

Aufgrund der umsatzsteuerlichen Doppelstellung, die sich aus den nichtunternehmerischen und unternehmerischen Bereichen ergibt, und aufgrund der Tatsache, dass jede Kommune mit der Gesamtheit ihrer Betriebe gewerblicher Art nur ein einheitliches umsatzsteuerliches Unternehmen bildet, ergaben sich seitens des DStGB auch Bedenken gegenüber dem Reverse-Charge-Verfahren, welche auch gegenüber dem Finanzministerium bereits zu Beginn des Jahres 2006 mitgeteilt wurden.

Denn aus der Doppelstellung der Kommunen entsteht in den unterschiedlichsten Bereichen (z. B. Abfallwirtschaft, Bestattungswesen, Fremdenverkehr, Entgeltabrechnung, Datenverarbeitung usw.) die Notwendigkeit der anteiligen Zuordnung von umsatzsteuerpflichtigen Bezügen von Waren und Dienstleistungen. Die anteilige Zuordnung unmittelbar zum Zeitpunkt des Bezugs ist jedoch praktisch nicht möglich, da umsatzbezogene Zuordnungsprämissen häufig erst nach Abschluss der Jahresbuchhaltung feststehen und sich außerdem auch in der Folgezeit jährlich ändern. Aufgrund dessen und der Tatsache, dass von Kommunen als juristische Personen des öffentlichen Rechts regelmäßig kein Missbrauch ausgeht, wurde gefordert, die Kommunen insgesamt, also mit ihrem Unternehmensbereich und dem nichtunternehmerischen Bereich, vom Reverse-Charge-Verfahren auszunehmen.

Az.: IV/1 922-00

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