Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 183/2014 vom 27.01.2014

Kommune als Bieter eines Bauauftrages

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 07.08.2013 — Az. Verg 14/13 — in einem Vergaberechtsfall folgende Entscheidung gefällt:

  1. Die Anmietung eines neu zu errichtenden oder zu sanierenden Gebäudes stellt einen Bauauftrag dar, wenn die Erfordernisse vom Auftraggeber aufgestellt werden.
  2. Öffentliche Auftraggeber (Kommunen) können sich an Ausschreibungen beteiligen, wenn sie mit der Leistung einen öffentlichen Zweck verwirklichen.
  3. Freiheiten nach EU-Recht können nicht durch nationales Recht beschnitten werden.

Die Kreispolizeibehörde schreibt die Neuunterbringung der Polizeiwache in Ratingen (NRW) europaweit aus. Die Stadt Ratingen beteiligt sich, kritisiert aber Details der Ausschreibung und wird schließlich nicht über eine Verschiebung des gewünschten Bezugstermins informiert. Die Vergabekammer gibt ihr Recht. Die Stadt leitet aber darüber hinaus ein Änderungsverfahren für den Bebauungsplan des Gebiets, in dem der Konkurrent die Polizeiwache bauen will, ein, womit dies unmöglich werden soll. Vergabestelle und Beigeladene legen Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer ein.

Zwar sind nach § 6 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A Betriebe der öffentlichen Hand und Verwaltungen zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassen; die Rechtsprechung des EuGH hat diese Frage aber anders entschieden (Urteil vom 23.12.2009 — Rs. C-305/08, „Conisma“). Auch das nordrhein-westfälische Gemeinderecht steht dem nicht entgegen, da die Aktivität durch einen öffentlichen Zweck gedeckt ist. Das ist bei der Ansiedlung einer Polizeiwache anzunehmen. Schließlich ist die Aktivität auch nach Wettbewerbsrecht zulässig, da die Kommune keine relevante Marktmacht hat. Jedoch hat sich die Antragstellerin durch die eingeleitete Bebauungsplanänderung für das Vergabeverfahren „disqualifiziert“.

Praxishinweis


Ein nicht alltäglicher Fall und eine überraschende Lösung: Dass die Polizeidienststelle ihre Polizeiwache und insbesondere deren lokale Ansiedlung einem Vergabeverfahren unterwirft, ist ebenso wenig üblich wie die Aktivität der betroffenen Kommune, die dieses Vorhaben im Vergabeverfahren gewinnen und zugleich einen Erfolg der Konkurrenz mit den Mitteln des Bauordnungsrechts verhindern will. Wichtig ist jedenfalls, dass sich öffentliche Auftraggeber als Anbieter an Ausschreibungen beteiligen dürfen, wenn dafür ein öffentliches Interesse spricht, auch wenn mitgliedstaatliche Normen dem entgegenstehen. EU-Recht bricht nationales Recht. Dass die Kommune dann zusätzlich zur vergaberechtlichen Nachprüfung den Zuschlag an den Konkurrenten durch einen Bebauungsplan auszuschließen versuchte, wird ihr vom Senat ohne nähere Begründung als „disqualifizierend“ angelastet, als ein „Trick“ außerhalb der vergaberechtlichen Spielregeln. [Quelle: IBR 2014, 101]

Az.: II gr-ko

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