Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 409/1997 vom 05.08.1997

Kommunale Verpackungssteuer

1. Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund hatte den Mitgliedsstädten mit Schnellbrief vom 11.10.1995 eine Mustersatzung für die Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer zur Kenntnis gegeben. Es war die Empfehlung ausgesprochen worden, auf der Grundlage der örtlichen Verhältnisse zu prüfen, ob der Erlaß einer kommunalen Verpackungssteuersatzung erforderlich ist und einen wirksamen Beitrag zur Abfallvermeidung leisten kann. Gleichzeitig war die Empfehlung ausgesprochen worden, alternativ zu prüfen, ob auch freiwillige Maßnahmen der Betroffenen geeignet sind, die Abfallvermeidung voranzubringen.

2. Bislang haben 46 Kommunen (Stand: 01.07.1997) in der Bundesrepublik Deutschland, davon 20 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, eine kommunale Verpackungssteuersatzung erlassen. Es handelt sich dabei nach diesseitigem Erkenntnisstand um folgende Kommunen:

Arnsberg Lemgo

Bonn Löhne

Brühl (bei Köln) Lübeck

Chemnitz Marburg

Coesfeld Mülheim/Ruhr

Delmenhorst Münster

Detmold Neuwied

Dormagen

Dresden Nordhausen

Dülmen Bad Oeynhausen

Eckernvörde Bad Oldesloe

Erkrath Kreis Ostholstein

Frankfurt/Main Osnabrück

Gießen Raisdorf

Greven Rendsburg

Gummersbach Riesa/Sachsen

Hagen Saarbrücken

Hannover Bad Salzungen

Heidelberg Soest

Herford Bad Vilbel

Karlsruhe Wadgassen

Kassel Wesel

Kiel Wuppertal

Leipzig

3. Die Mehrzahl der Kommunen hat zunächst in Gesprächen mit den Betroffenen vor Ort die Übereinkunft erzielt, den Erlaß einer kommunalen Verpackungssteuersatzung zeitlich z.B. für 1 ½ - 2 Jahre zurückzustellen, so daß die Betroffenen freiwillige Maßnahmen ergreifen können. Nach Ablauf der Frist für ein freiwilliges Tätigwerden der Betroffenen soll dann in den jeweiligen Kommunen erneut darüber beraten werden, ob der Erlaß einer kommunalen Verpackungssteuersatzung erforderlich ist.

Zahlreiche Kommunen haben auf der Grundlage der örtlichen Verhältnisse durchgerechnet, ob bei der Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer die voraussichtlichen Verwaltungskosten gedeckt werden. Dabei hat sich oftmals ergeben, daß eine Deckung der Verwaltungskosten aufgrund der Verhältnisse vor Ort nicht zu erwarten war. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Das Aufkommen einer kommunalen Verpackungssteuer hängt maßgeblich davon ab, ob und inwieweit in einer Kommune Einwegmaterialien zur Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden. Soweit in einer Kommune schon ein sehr fortgeschrittener Umstellungsprozeß zu verzeichnen ist, können die Einnahmen aus der kommunalen Verpackungssteuer durchaus hinter den Verwaltungskosten zurückbleiben. Schließlich ist die kommunale Verpackungssteuer eine Steuer, von der sich der Steuerpflichtige befreien kann, wenn er auf die Verwendung von Einwegmaterialien bei der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle verzichtet. Dabei ist auch zu beachten, daß sich die kommunale Verpackungssteuer nicht auf den sog. Außer-Haus-Verkauf erstrecken kann, weil in diesen Fällen nicht mehr sichergestellt ist, daß die Wirkung der kommunalen Verpackungssteuer auf den Bereich der steuererhebenden Gemeinde beschränkt bleibt (sog. Örtlichkeitsprinzip; Beispiel: das sog. Pizza-Taxi fährt von der Gemeinde A in die Nachbargemeinde B).

Insgesamt kann aber gleichwohl festgestellt werden, daß die Diskussion über die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer vielerorts Überlegungen bei den Verwendern von Einwegverpackungen und sogar freiwillige Verhaltensänderungen ausgelöst hat.

Zwischenzeitlich haben zahlreiche Verwender von Einwegverpackungen festgestellt, daß durch einen freiwilligen Umstellungsprozeß auch finanzielle Einsparungen erzielt werden können. Denn es wird oft vergessen, daß Mehrwegverpackungen nicht mit dem "Grünen Punkt" belegt sind, d.h. im Verkaufspreis keine Erfassungs- und Verwertungskosten im Hinblick auf das privatwirtschaftliche Duale System enthalten sind. Außerdem haben Verwender von Einwegverpackungen festgestellt, daß Klein-Verpackungen mit wenig Inhalt regelmäßig teurer sind als Groß-Verpackungen mit mehr Inhalt. So konnte ein Kaffeehaus durch die Umstellung von Einweg-Zuckertütchen/Einweg-Milchdöschen auf kleine Milchkännchen und Tisch-Zuckerstreuer einen Einsparungseffekt von 5.000 DM/Jahr erzielen. Daneben haben Hotels, die beim Frühstücksbüffet auf Einweg-materialien verzichten, äußerst positive Kundenreaktionen erhalten und das "abfallarme" Frühstück als Werbemittel entdeckt.

4. Viele Kommunen haben bislang auch deshalb keine kommunale Verpackungssteuersatzung erlassen, weil eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit der kommunalen Verpackungssteuer immer noch aussteht. Lediglich das Bundesverwaltungsgericht (Beschluß vom 19.08.1994; - Az.: 8.N1.93 - ; NVwZ 1995, 59) sowie der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 29.06.1995; - Az.: 5 N 1202/92 - ) und das Oberverwaltungsgericht in Schleswig (Beschluß vom 05.03.1997; - Az.: 2 M 9/96 -) haben die Zulässigkeit der Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer bejaht. Eine entgegengesetzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist damit aber nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist in der Mustersatzung zur Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer (siehe den Schnellbrief den NWStGB vom 11.10.1995) unter Fußnote 2 auch empfohlen worden, die kommunale Verpackungssteuer wegen der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zunächst gem. § 165 AO vorläufig festzusetzen. Nach Auskunft der Geschäftsstelle des Bundesverfassungsgerichts laufen dort derzeitig 5 Beschwerdeverfahren zur kommunalen Verpackungssteuer (2 BvR 2376/94, 2 BvR 2377/94, 2 BvR 1991/95, 2 BvR 1922/95, 2 BvR 2004/95). Eine Aussage darüber, wann über die Zulässigkeit der kommunalen Verpackungssteuer entschieden wird, konnte durch das Bundesverfassungsgericht noch nicht getroffen werden (vgl. hierzu auch die Mitt. NWStGB vom 5.6.1997 Nr. 292).

5. In der jüngsten Vergangenheit sind durch die Geschäftsstelle auch Gespräche mit der Krankenhausgesellschaft NW und der Deutschen Krankenhausgesellschaft zum Einsatz von Einweg-Portionsverpackungen in Kliniken und Krankenhäusern geführt worden. Gegenstand dieser Fachgespräche war insbesondere die Fragestellung, ob auf Einweg-Portionsverpackungen in Kliniken und Krankenhäusern aus hygienischen Gründen in vollem Umfang verzichtet werden kann. Als Ergebnis dieser Gespräche kann festgehalten werden, daß ein möglicher Verzicht auf Einweg-Portionsverpackungen grundsätzlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles und insbesondere von den medizinischen Einzelleistungen abhängt, die von dem einzelnen Krankenhaus bzw. der einzelnen Klinik vorgehalten werden. Zumindest bei der Verpflegung von Schwerkranken und/oder immungeschwächten Patienten (Intensivstationen, Stationen mit onkologischen Patienten bei Chemotherapiebehandlung u.s.w.) können Einmal-Portionsverpackungen grundsätzlich die höchste Gewähr für Keimarmut (orginalverpackt) sowie in der Bevorratung (Kühlung, Verfalldatenkontrolle u.s.w.) bieten, so daß insoweit die Weiterverwendung von Einweg-Portionsverpackungen aus Gründen der Vermeidung von Keimbelastungen angezeigt erscheinen kann. In diesem Zusammenhang haben einige Städte und Gemeinden aufgrund von Gesprächen mit den örtlichen Krankenhausträgern den Steuerbefreiungstatbestand in der kommunalen Verpackungssteuersatzung dahin erweitert, daß die Verwendung von Einweg-Portionsverpackungen dann steuerbefreit ist, wenn sich aus Rechtsvorschriften die hygienische Notwendigkeit der Verwendung von Einweg-Portionsverpackungen ergibt (z.B. Stadt Bad Oeynhausen, Stadt Arnsberg). Im übrigen hat die Krankenhausgesellschaft NW vorgeschlagen, ihrerseits bei den Krankenhäusern und Kliniken abzufragen, ob und inwieweit durch den Verzicht auf den Einsatz von Einweg-Portionsverpackungen auch betriebswirtschaftlich Kosteneinsparungen für die Kliniken und Krankenhäuser erreichbar sind. Ergebnisse liegen bislang hierzu noch nicht vor. Insgesamt empfiehlt es sich, im Hinblick auf die Frage der Steuerpflichtigkeit von Krankenhäusern und Kliniken in Gesprächen mit den Kliniken und Krankenhäusern vor Ort eine Lösung zu suchen, die auch den hygienischen Notwendigkeiten Rechnung trägt.

</DIR>

Az.: IV/2 32-10-11/32-12-1 qu/sb

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