Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 423/2011 vom 12.07.2011

Kommunale Spitzenverbände NRW zur Dichtheitsprüfung II

Zur Frage der Sanierung von privaten Abwasserleitungen, dem Schutz der Grundstückseigentümer vor betrügerischen Machenschaften sowie zur Verbesserung der Regelung des § 61 a LWG NRW hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in ihrer Stellungnahme vom 30.6.2011 im Rahmen der Landtags-Anhörung „Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen“ am 6. Juli 2011 folgende Stellungnahme abgegeben:

1. „Ob und Wie“ saniert wird, entscheidet die Stadt/Gemeinde

Es ist bislang immer wieder falsch verstanden worden, dass es zunächst nur um die schlichte  Durchführung einer Dichtheitsprüfung geht. Ob überhaupt und wenn ja, wie eine defekte private Abwasserleitung saniert werden muss, entscheidet sich erst nach der durchgeführten Dichtheitsprüfung, d. h. wenn das Ergebnis der Dichtheitsprüfung vorliegt. Dieses Ergebnis muss zunächst ausgewertet werden. Der Zeitraum, in dem anschließend die Sanierung eventuell durchgeführt werden muss, richtet sich nach dem festgestellten Schadensbild. Die Stadt/Gemeinde entscheidet hier, ob alsbald, mittelfristig oder wegen geringer Schäden zunächst nicht saniert werden muss. Dabei wird sich die Stadt/Gemeinde bei den Schadensbildern grundsätzlich an den Vorgaben orientieren, die es für öffentliche Abwasserkanäle gibt. Sinnvoll ist es jedenfalls eine Sanierung der privaten Leitungen spätestens dann durchzuführen, wenn auch der öffentliche Kanal vor dem Grundstück saniert wird, damit eine Straße nicht zweimal aufgerissen werden muss. Insoweit gibt nunmehr auch der Erlass des Umweltministeriums vom 17.6.2011 eine ergänzende Hilfestellung. In diesem Erlass werden auf der Grundlage eines Bildreferenzkataloges Schadensbilder an Abwasserleitungen gezeigt. Die Schäden an privaten Abwasserleitungen werden dabei in drei Schadenskategorien eingeteilt:

Schadensklasse A (groß): Sanierungszeitraum: möglichst innerhalb von 6 Monaten

Schadensklasse B (mittel): Sanierungszeitraum: möglichst innerhalb von 5 Jahren

Schadensklasse C (gering): keine Sanierung, sondern Neubeurteilung im Rahmen der wiederholten Dichtheitsprüfung nach 20 Jahren

Der Erlass stellt ausdrücklich klar, dass letzten Endes immer die Stadt/Gemeinde darüber entscheidet, wann eine defekte private Abwasserleitung saniert werden muss. Der niedergelegte Zeitrahmen für die Sanierung bezogen auf die einzelnen Schadensklasse ist insoweit eine zusätzliche Hilfestellung für die abwasserbeseitigungspflichtigen Städte und Gemeinden. Das Letztentscheidungsrecht der Stadt/Gemeinde ist besonders wichtig, weil insbesondere eine Sanierung von defekten privaten Abwasserleitungen dann erfolgen sollte, wenn zeitgleich der öffentliche Abwasserkanal saniert wird.

Bei der Sanierung einer defekten Abwasserleitung geht es außerdem darum, zunächst sorgfältig zu prüfen, welche Sanierung am kostengünstigsten ist. Selbst bei großen Schäden (Schadensklasse A) kann es deshalb durchaus länger als 6 Monate dauern, bis ein Schaden behoben ist. Auch deshalb muss der Stadt/Gemeinde ein Handlungsspielraum sowie ein Letztentscheidungsrecht eingeräumt werden.

Schließlich empfiehlt es sich, dass die Stadt/Gemeinde den Grundstückseigentümern mit Tipps und Hinweisen weiter hilft, weil kein Bürger Experte auf diesem Gebiet ist. So muss grundsätzlich z.B. ein Kellerboden nicht aufgehackt werden, wenn dort Leitungen verlegt sind. Hier sollte geprüft werden, ob eine völlig neue Leitung unter der Kellerdecke abgehangen werden kann. Gleiches gilt, wenn der Leitungsverlauf auf dem Grundstück unklar ist (fehlender oder falscher Lage-Plan). Hier kann etwa auf kürzestem Weg zum öffentlichen Kanal eine völlig neue Leitung gebaut werden. Möglich ist auch, in eine Abwasserleitung eine Kunststoffhülle einzuziehen (sog. Inliner-Sanierung). Ebenso ist auf die zinsvergünstigten Darlehen der KfW-Bank hinzuweisen.

2. Schutz vor betrügerischen Machenschaften (Verbraucherschutz)

Bedauerlich ist, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder zu betrügerischen Machenschaften im Zusammenhang mit der Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen gekommen ist. So musste die Stadt Düsseldorf noch im Januar 2011 mit einer Presseerklärung darauf hinweisen, dass sie keine Firmen beauftragt hat, die Grundstückseigentümern Dichtheitsprüfungen bei privaten Abwasserleitungen verkaufen sollen. Vor diesem Hintergrund ist den Städten und Gemeinden empfohlen worden, ihre Bürgerinnen und Bürger darüber zu informieren, dass ein Grundstückseigentümer erst dann eine Dichtheitsprüfung durchführen muss, wenn die Stadt/Gemeinde eine klare Aussage dazu trifft, wann die Pflicht zur Dichtheitsprüfung erfüllt werden muss (Stichwort: Kein macht etwas, bevor die Stadt/Gemeinde eine Ansage macht bzw. wenn einer etwas machen will z.B. Neupflasterung der Haus- und Garagenzuwegung mit Erneuerung der privaten Abwasserleitungen, soll er sich zuvor erst einmal bei der Stadt/Gemeinde informieren).

3. Gesetzgeberischer Ergänzungsbedarf

Der Landesgesetzgeber hat bei der letzten Ergänzung des § 61 a LWG NRW (in Kraft getreten am 31.3.2010) leider die Gelegenheit nicht genutzt, die aus der Vollzugspraxis festgestellten Defizite abzustellen, obwohl von der Seite der kommunalen Spitzenverbände hierzu Vorschläge gegenüber dem Umweltministerium gemacht worden waren. Insoweit ist eine Ergänzung des § 61 a LWG NRW im Rahmen der demnächst anstehenden Novellierung des Landeswassergesetzes anzustreben.

Besonders wichtig ist die Regelung in § 61 a Abs. 6 LWG NRW, dass in einer ergänzenden Rechtsverordnung unter anderem bestimmt wird, wie die zu fertigende Dichtheitsprüfungs-Bescheinigung auszusehen hat (landesweite Muster-Prüfbescheinigung) und unter welchen Voraussetzungen die Feststellung der Sachkunde für einen Sachkundigen durch die nordrhein-westfälischen Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern und die Ingenieurkammer-Bau NRW widerrufen werden kann.

Schließlich müsste in einer Rechtsverordnung auch geregelt werden, dass die Verwendung der Prüfbescheinigung nach § 66 LBauO NRW (Bescheinigung über die Errichtung oder Änderung von Abwasseranlagen — MinBl. NRW 2000, S. 1488) für den Zeitraum anerkannt wird, in welchem es eine landesweit geltende Muster-Prüfbescheinigung nach § 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW noch nicht gegeben hat.“

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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