Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 422/2011 vom 12.07.2011

Kommunale Spitzenverbände NRW zur Dichtheitsprüfung I

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat im Rahmen der Landtags-Anhörung „Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen“ am 6. Juli 2011 mit Datum vom 30.6.2011 folgende Stellungnahme abgegeben:

„Wir bedanken uns für die Möglichkeit, zum Thema Dichtheitsprüfungen bei privaten Abwasserleitungen (§ 61 a LWG NRW) und zu den Landtags-Drucksachen 15/1548 und 15/1650 insgesamt Stellung nehmen zu können. Im Einzelnen:  Aus der Presse und den Medien konnte in den letzten Monaten entnommen werden, dass insbesondere in Ostwestfalen eine Diskussion darüber entstanden ist, warum private Grundstückseigentümer nach § 61 a LWG NRW die Pflicht haben, ihre privaten Abwasserleitungen auf Dichtheit zu prüfen. Im Übrigen sind die Städte und Gemeinden landesweit durch „Äußerungen aus Düsseldorf“ über den Fortbestand der Regelung des § 61 a LWG NRW verunsichert worden. Insoweit war es hilfreich, dass Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in einer Video-Diskussion am 8.4.2011 klargestellt hat, dass das „Ob“ der Regelung nicht in Frage steht und über das „Wie“ der Umsetzung noch einmal gesprochen werden muss. Hilfreich war ebenso der gemeinsame Entschließungsantrag von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Landtags-Drucksache 15/2165), der ebenfalls eine Versachlichung der Diskussion herbeigeführt hat.

Schlussendlich hat auch ein Schreiben des Umweltministers, Herrn Remmel, im Juni 2011 an den Städte- und Gemeindebund NRW sowie der Erlass des Umweltministeriums vom 17.6.2011 dazu geführt, dass wieder eine verlässlichere Umsetzungsplattform für die Städte und Gemeinden geschaffen werden konnte. In diesem Zusammenhang ist vorab zunächst darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Regelung über die Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen“ (§ 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW) nach wie vor gültiges Landesrecht ist. Diese Pflicht ist bereits seit dem 1.1.1996 nordrhein-westfälisches Landesrecht (damals: § 45 Landesbauordnung NRW alte Fassung) und wurde zum 31.12.2007 durch den Landtag in das Landeswassergesetz überführt (§ 61 a LWG NRW).

Zur weiteren Versachlichung der entstandenen Diskussion ist im Einzelnen auf Folgendes hinzuweisen:

1. Neues WHG macht § 61 a LWG NRW nicht gegenstandlos

Die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen (§ 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW) ist gültiges Landesrecht. Durch das Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes (WHG) am 01.03.2010 ist § 61 a LWG NRW nicht gegenstandslos geworden. Solange der Bund zu dem Thema der Überprüfung der Dichtheit von privaten Abwasserleitungen keine Bundes-Rechtsverordnung erlässt, gilt § 61 a LWG NRW uneingeschränkt fort, weil die bundesrechtliche Regelung das vorgefundene (bereits bestehende) Landesrecht mit dem Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes zum 1.3.2010 bruchlos fortführt und die Bundesländer im Rahmen des Art. 72 Abs. 1 Grundgesetz eine ergänzende Regelungskompetenz inne haben, auch wenn § 61 WHG eine stoffbezogene (Abwassereinleitungen) und anlagenbezogene (Abwasseranlagen) Regelung ist (so ausdrücklich: BT-Drucksache 16/12275, S. 70; Berendes, WHG, Kommentar, 1. Aufl. 2010, § 61 WHG Rz. 5; Egner/Fuchs, Natur- und Wasserrecht 2009, 1. Aufl. 2010, § 61 WHG, Rz. 2; Czychowski/Reinhardt, WHG, Kommentar, 10. Aufl. 2010, § 61 WHG Rz. 25; Queitsch in: Wellmann/Queitsch/Fröhlich, WHG, Kommentar, 1. Aufl. 2010, § 61 WHG Rz. 6). 

Von dieser Regelungskompetenz haben die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen, Schleswig-Holstein und Hamburg Gebrauch gemacht. Aber auch das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes selbst toleriert keine kaputten Abwasserleitungen (§§ 60, 61 WHG), sondern gibt insoweit für Abwasseranlagen — wozu auch private Abwasserleitungen gehören — ausdrücklich gesetzlich Überwachungspflichten (§ 61 Abs. 2 WHG) und Sanierungspflichten (§ 60 Abs. 2 WHG) für den Betreiber vor. In Nordrhein-Westfalen haben außerdem seit der Einführung der Prüfpflicht (1.1.1996) viele Grundstückseigentümer bereits eine Dichtheitsprüfung durchgeführt und - wenn nötig -  ihre Leitungen saniert. Dieses verdient Anerkennung, weil sich diese Grundstückseigentümer in Erfüllung der landesgesetzlich bestehenden Pflicht für den Grundwasser-, Trinkwasser- und Bodenschutz verdient gemacht haben, denn der Austritt von Schmutzwasser aus undichten privaten Abwasserleitungen kann nicht nur das Grundwasser, sondern auch den Boden auf dem privaten Grundstück verschmutzen. Die Überprüfung der Dichtheit von privaten Abwasserleitungen dient also auch dazu, schädliche Bodenveränderungen (z.B. durch Rückstände von Wasch- und Putzmitteln, Farb- und Lackresten, Arzneimitteln) zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund dient der Fortbestand der seit nahezu 16 Jahren geltenden landesgesetzlichen Regelung (heute: § 61 a LWG NRW, früher: § 45 LBauO NRW a.F.) auch dazu, diesen gesetzestreuen Bürgerinnen und Bürger nicht „buchstäblich“ vor den Kopf zu stoßen. Auch insoweit wird der gemeinsame Entschließungsantrag von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Landtags-Drucksache 15/2165) für konsequent gehalten.

2. Warum müssen private Abwasserleitungen dicht sein ?

Private Abwasserleitungen - die Schmutzwasser führen - müssen dicht sein, weil insbesondere der Trinkwasserschutz dieses erfordert. Trinkwasser wird überwiegend aus Grundwasser und nicht nur aus sog. dem Uferfiltrat der Flüsse aufbereitet. Das öffentliche Kanalnetz und die öffentlichen Kläranlagen dienen deshalb dazu, dass Schmutzwasser zu reinigen und damit die Flüsse und Bäche sowie den gesamten Wasserkreislauf (einschließlich der Trinkwasserversorgung) zu schützen. Schmutzwasser, welches etwa im Vorgarten aus undichten Leitungen in den Untergrund versickert, gefährdet somit nicht nur die Umwelt, sondern auch den Trinkwasserschutz. Historisch hat sich die öffentliche (kommunale) Abwasserreinigung gerade deshalb bis zum heutigen Stand entwickelt, um gesundes Trinkwasser zu gewährleisten und um Seuchen zu verhindern und hygienisch einwandfreie Zustände in den Städten und Gemeinden sicherzustellen. Niemand wird sich wohl ernsthaft, die Verhältnisse im Mittelalter zurück wünschen, wo das Schmutzwasser in Kübeln auf die Straße gekippt wurde, was unhygienische Zustände und vor allem Seuchen nach sich zog. Auch deshalb gibt es heute den Straftatbestand der „Gewässerverunreinigung“ (§ 324 Strafgesetzbuch), der unter anderem auch die Verschmutzung von Grundwasser durch Schmutzwasser umfasst.  

3. Gesetzliche Frist „31.12.2015“ nur für die Prüfung

In § 61 a Abs. 3 und 4 LWG NRW ist landesgesetzlich bestimmt, dass für alle bestehenden privaten Abwasserleitungen, die Schmutzwasser führen und noch nie auf Dichtheit geprüft worden sind, bis zum 31.12.2015 eine Dichtheitsprüfung durchgeführt werden muss.

Wichtig ist, dass es zunächst nur um die Durchführung einer Prüfung der Dichtheit geht. Die Frage, ob überhaupt und wann eine kaputte Abwasserleitung saniert werden muss, stellt sich erst zeitlich später, wenn die Prüfung durchgeführt sowie ausgewertet worden ist, welche Schäden bestehen. Daran schließt sich dann an, ob überhaupt und - wenn ja -  wie kostengünstig saniert werden kann. Zurzeit geht es also nur darum, wann eine Dichtheitsprüfung erstmals durchgeführt werden muss. Die Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen ist somit vergleichbar der Hauptuntersuchung beim Auto, die alle zwei Jahre durchgeführt werden muss. Die Fahrt zur Hauptuntersuchung heißt grundsätzlich nicht, dass auch repariert werden muss. Die Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen muss im Gegensatz zur Hauptuntersuchung beim Auto aber nicht alle 2 Jahre, sondern nur im Abstand von 20 Jahren durchgeführt werden. Dieses ist in Nordrhein-Westfalen bereits seit dem 01.01.1996 so gesetzlich geregelt. Ähnliche Regelungen haben die Bundesländer Hessen, Hamburg und Schleswig-Holstein.

Mit Blick auf die gesetzlich geregelte Frist (31.12.2015) haben die Städte und Gemeinden allerdings die gesetzliche Pflicht durch Satzung diese gesetzliche Frist bei Grundstücken in Wasserschutzgebieten zu verkürzen, wenn die privaten Abwasserleitungen

-              bei häuslichem Abwasser vor dem 01.01.1965 und

-              bei gewerblichen/industriellen Abwasser vor dem 01.01.1990

errichtet worden sind (§ 61 a Abs. 5 Satz 2 LWG NRW).

Für alle anderen Abwasserleitungen kann es die Stadt/Gemeinde entweder bei der gesetzlich festgelegten Frist (31.12.2015) belassen oder sie kann die gesetzliche Frist durch den Erlass einer Satzung verlängern oder verkürzen. Eine Verlängerung der gesetzlichen Frist zur Dichtheitsprüfung ist nach einem Erlass des  Umweltministeriums vom 05.10.2010 durch Satzung aber längstens bis zum 31.12.2023 möglich. Dieser Erlass wurde allerdings mit den kommunalen Spitzenverbänden im Vorfeld nicht abgestimmt.

Im Übrigen ist es grundsätzlich sinnvoll, die Vorlage der Prüfbescheinigung über die durchgeführte Dichtheitsprüfung zeitnah einzufordern. In der Praxis ist es vorgekommen, dass versehentlich auf Prüfbescheinigungen das Datum der Prüfung oder die Unterschrift des Sachkundigen fehlte. Bei einer zeitnahen Vorlage kann der Grundstückseigentümer auf dieses hingewiesen werden. Er läuft damit nicht Gefahr, dass bei einer zeitlich späteren Vorlage, der beauftragte Sachkundige gegebenenfalls gar nicht mehr tätig ist und die Korrektur bzw. Ergänzung der Prüfbescheinigung nicht mehr erreicht werden kann“.

Az.: II/2 24-30

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