Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 12/2005 vom 09.12.2004

Klage gegen Gewerbesteuer-Mindesthebesatz

Die brandenburgische Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg plant eine Verfassungsbeschwerde gegen den seit Beginn des Jahres geltenden Mindesthebsatz bei der Gewerbesteuer. Kommunen sind dadurch gesetzlich verpflichtet, den Gewerbesteuerhebesatz mindestens auf 200 Prozent anzuheben. Die Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg hatte aus Gründen der lokalen Wirtschaftsförderung durch neue Unternehmensansiedelungen einen Gewerbesteuerhebesatz von Null für das Jahr 2004 beschlossen, an dem sie auch im kommenden Jahr festhalten möchte. Durch den nunmehr gesetzlich festgeschriebenen Mindesthebesatz sieht sich die Gemeinde in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt (Art. 28 Abs. 2 GG).

Hintergrund für die Verfassungsbeschwerde ist ein Konzept der Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg zur lokalen Wirtschaftsförderung. Dieses sieht als Kompensation für die nicht erhobene Gewerbesteuer einen Standortentwicklungsbeitrag durch die ortsansässigen Unternehmen vor, zu dem sich die Unternehmen durch vertragliche Vereinbarung verpflichtet haben. Der Beitrag beträgt zwei Prozent des Unternehmensgewinns vor Steuern und Zinsen. Diese zwei Prozent sollen etwa nur zehn Prozent von dem Betrag ausmachen, den durchschnittlich die Gewerbesteuerschuld eines Unternehmens in einer Großstadt beträgt. Die Gemeinde fürchtet, dass die ca. 40 Unternehmen, die sich bisher in ihrem Gebiet angesiedelt haben, nun abwandern könnten, wenn der Steuervorteil entfällt. Außerdem argumentiert die Gemeinde damit, dass sie den Gewerbesteuerhebesatz im Falle der Rechtmäßigkeit der Mindestsatzregelung auf den Landesdurchschnitt von ca. 320 Prozent anheben müsse, weil sie ansonsten mehr in den Finanzausgleich einzahlen müsse, als sie an Steuern einnehme.

Es ist zu erwarten, dass sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil mit der Frage auseinander setzen wird, wie weitgehend die von der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG umfasste finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen auszulegen ist. Dabei geht es um die Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen finanzielle Einbußen durch die Einführung des Mindesthebsatzes gegen die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen verstößt. Dahinter steht letztlich ein Zielkonflikt zwischen dem finanziellen und wirtschaftlichen Interesse von Kommunen, aus denen Gewerbetreibende in solche „Steueroasen“ flüchten auf der einen Seite, und dem Interesse von Kommunen wie Beiersdorf-Freudenberg auf der anderen Seite, die zur lokalen Wirtschaftsförderung keine oder nur geringe Gewerbesteuern erheben.

Ziel der gesetzlichen Einführung des Mindesthebesatzes war unter anderem, Steuersparmodelle von Konzernen zu beenden, bei denen durch eine Tochtergesellschaft in Form einer Personenhandelsgesellschaft in einer Kommune mit keinem oder nur geringem Hebesatz pauschal die Einkommensteuerschuld mit der fiktiven Gewerbesteuer verrechnet wurde.

Az.: IV/1 932-00/1

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