Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 402/2011 vom 26.07.2011

Klage gegen Biogasanlage wegen erheblicher Geruchsbelästigung

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Biogasanlage im Kreis Nordfriesland aufgehoben. Geklagt hatte eine Anwohnerin aus der unmittelbaren Nachbarschaft der schon in Betrieb befindlichen Anlage. Ihr 1990 vom Vater des jetzigen Betreibers erworbenes Wohngebäude ist Teil eines ehemaligen landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes. Nach Ansicht des VG verstößt die jetzt in unmittelbarer Nähe genehmigte Biogasanlage — unter anderem wegen erheblicher Geruchsbelästigungen — sowohl gegen das Bundesimmissionsschutzgesetz als auch gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot (Urteil vom 27.01.2011, Az.: 6 A 60/10).

Überschreitung der Grenzwerte macht Einzelfallbewertung erforderlich

Das Wohngebäude werde erheblichen Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt, so das VG. Eine im Genehmigungsverfahren eingeholte Immissionsprognose sei von der Genehmigungsbehörde unzutreffend gewichtet worden. Der nach der als Entscheidungshilfe herangezogenen Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) im Außenbereich grundsätzlich unbedenkliche Wert von 0,15 (entspricht 15 Prozent der Jahresstunden) werde mit errechneten 0,20 (20 Prozent) überschritten, sodass es einer Einzelfallbewertung bedürfe. Diese gehe im vorliegenden Fall zugunsten der Nachbarin aus.

Kein einziges Kriterium spricht für Anlage

Bei der vorzunehmenden Abwägung ergebe sich nicht ein einziges Kriterium zugunsten der Anlage, so das VG. Bei der Biogasanlage handele es sich um einen Gewerbebetrieb. Das Grundstück der Nachbarin sei jedoch weder rechtlich durch irgendeinen Gewerbebetrieb noch tatsächlich durch eine andere Biogasanlage in der näheren Umgebung vorgeprägt. Die vorzunehmende Einzelfallbewertung habe aber die grundsätzlich andere rechtliche Bewertung von Biogasanlagen im Vergleich zu landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen ebenso zu berücksichtigen, wie die Tatsache, dass Biogasanlagen eine Konzentration von großen Mengen Gärsubstrat und Gärresten an einem Standort verursachen, für die es weder in Dorfgebieten noch im Außenbereich eine charakteristische Vorprägung gebe.

Genehmigte Anlage keine planmäßige Weiterentwicklung

Hinzu komme im vorliegenden Einzelfall, dass es sich bei der genehmigten Anlage auch nicht um eine planmäßige Weiterentwicklung des betreffenden Grundstückes handele, sondern eine Intensivierung der Nutzung des Grundstückes zum Zeitpunkt des Verkaufs des Wohngebäudes an die Nachbarin gerade nicht beabsichtigt gewesen sei.

Wohngrundstück wird von Anlage erdrückt

Außerdem verstoße die Biogasanlage auch gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Das Wohngrundstück der Nachbarin werde durch die in unmittelbarer Nähe errichtete Anlage und deren Betriebsabläufe vollständig erdrückt. Dieser für die Nachbarin nicht zumutbare Zustand hätte nach Ansicht des VG ohne weiteres durch die Wahl eines anderen Standorts, gegebenenfalls unter Inkaufnahme der Kosten eines B-Plan-Verfahrens, vermieden werden können. Das Gericht betont im Urteil mehrfach, dass es sich bei der Entscheidung nicht um ein Grundsatzurteil in Bezug auf die Zulässigkeit von Biogasanlagen handele, sondern lediglich den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung getragen werde. [Quelle: DStGB]

Az.: II/1 620-00

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