Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 184/1997 vom 05.04.1997

Kindergartenplätze für Asylbewerber

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Fischer, Rita Grießhaber und der Fraktion BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN (Drs. 13/5714) zur Durchsetzung des Rechtsanspruchs von Asylbewerbern auf einen Kindergartenplatz hat namens der Bundesregierung das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geantwortet (Drs. 13/5876). Im Anschluß an die Feststellung, daß es in der Praxis immer wieder zu Auseinandersetzungen in den Kommunen über die Frage kommt, ob Kinder von Asylbewerbern einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gemäß § 24 KJHG haben und ob gegebenenfalls der örtliche Träger der Jugendhilfe zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet ist, richten die Fragesteller an die Bundesregierung folgende zwei Fragen:

1. Ist die Bundesregierung vor diesem Hintergrund bereit, gesetzgeberische Maßnahmen zu erwägen, um sicherzustellen, daß der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz auch für Kinder von Asylbewerbern gilt? Wenn nein, warum nicht?

Nach § 6 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - können Ausländer Leistungen nach diesem Buch nur beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Andererseits wird - im Gegensatz zur Anspruchsberechtigung auf kindbezogene Sozialleistungen - nicht vorausgesetzt, daß Ausländer im Besitze einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sein müssen (§ 1 a Satz 1 des Bundeserziehungsgeldgesetzes, § 1 Abs. 2 a des Unterhaltsvorschußgesetzes). Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht bereits deshalb ausgeschlossen wird, weil im Einzelfall nicht eine Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung, sondern - wie bei Asylbewerbern - nur eine Aufenthaltsgestattung erteilt wird. Dies bedeutet, daß im Einzelfall auch Asylbewerber ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben können und ihren Kindern der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zustehen kann.

Nach der Definition des gewöhnlichen Aufenthalts in § 30 Abs. 3 SGB I, die für das Achte Buch Sozialgesetzbuch maßgeblich ist, müssen Umstände erkennbar sein, die erkennen lassen, daß der Aufenthalt nicht nur vorübergehend ist. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn im Anschluß an das Asylverfahren der Ausländer eine Duldung erhält. Solche Umstände werden ebenfalls dann anzunehmen sein, wenn Asylbewerber in das landesinterne Verteilungsverfahren kommen und infolgedessen die Aufnahmeeinrichtung verlassen und einer Gemeinde für die Dauer der Durchführung des Asylverfahrens zugewiesen werden. In dieses Verteilungsverfahren kommen Asylbewerber, bei denen keine oder keine kurzfristige Entscheidung des Inhalts getroffen werden kann, daß der Asylantrag unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet ist, oder bei denen ein Abschiebungshindernis nach § 53 des Ausländergesetzes vorliegt. In diesen beiden Fällen ist ein gewöhnlicher Aufenthalt anzunehmen mit der Folge, daß ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht. Der Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung, der nach § 47 des Asylverfahrensgesetzes bis zu sechs Wochen, längstens jedoch drei Monate beträgt, dürfte jedoch nun ein vorübergehender sein. In diesen Fällen besteht kein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz.

Dieses Ergebnis ist sachgerecht. Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz auch Kindern solcher Asylbewerber zuzuerkennen, deren Aufenthalt im Inland nur ein vorübergehender ist. Der Besuch des Kindergartens gehört nicht zu den Schutzmaßnahmen zur Abwehr einer Gefährdung für das Kindeswohl und setzt hinsichtlich seiner pädagogischen Eignung eine gewisse zeitliche Kontinuität der Anspruchnahme voraus.

2. Sieht sich die Bundesregierung vor diesem Hintergrund veranlaßt, sicherzustellen, daß der örtliche Träger der Jugendhilfe ggf. zur Deckung der Kosten verpflichtet wird?

Wenn nein, wer soll nach Auffassung der Bundesregierung für die Kosten aufkommen?

Nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes richtet sich die Finanzierungsverantwortung nach der Ausführungskompetenz. Diese liegt bei den Jugendbehörden in den Ländern. Soweit im Einzelfall die Voraussetzungen für den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gegeben sind, trägt die Kosten der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also der Kreis, die kreisfreie Stadt bzw. die kreisangehörige Gemeinde mit eigenem Jugendamt. Dieser Grundsatz gilt für alle Leistungen der Jugendhilfe, so daß es einer spezifischen Regelung für den hier maßgeblichen Personenkreis nicht bedarf. Der örtlich zuständige Träger der Jugendhilfe hat jedoch nach Maßgabe von § 89 d SGB VIII einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Leistungen an Ausländer nach der Einreise gegenüber dem von einer Schiedsstelle bestimmten überörtlichen Träger der Jugendhilfe.

Az.: I/3-802

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