Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 20/2010 vom 01.12.2009

Jahresgutachten des Sachverständigenrats 2009/10

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat im November sein Jahresgutachten 2009/10 vorgelegt. Das Gutachten trägt den Titel „Die Zukunft nicht aufs Spiel setzen“. Bewertet wird darin auch der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP. Die Sachverständigen kritisieren, dass „eine Wirtschaftspolitik, die eine konsequente Exit-Strategie vermissen lässt und zu geringe Spielräume für Investitionen in Bildung und Innovation schafft, Gefahr (läuft), die Zukunft aufs Spiel zu setzen“.

Der Sachverständigenrat setzt sich in seinem Jahresgutachten u. a. mit finanzpolitischen Themen auseinander. Die wichtigsten Aussagen hierzu werden vom DStGB wie folgt zusammengefasst:

I. Koalitionsvertrag

1. Konsolidierung der öffentlichen Haushalte

In der Rückführung der - durch die Krise bedingten und notwendigen - staatlichen Neuverschuldung sieht der Sachverständigenrat die größte fiskalpolitische Herausforderung der neuen Legislaturperiode. Die Konsolidierung sollte ab dem Jahr 2011 vorangetrieben werden. Allein durch wirtschaftspolitisch induziertes Wachstum lasse sich diese gewaltige Konsolidierungsaufgabe „bei realistischer Betrachtung“ aber nicht bewältigen. Die Haushaltskonsolidierung sollte demnach an der Ausgabenseite ansetzen. Die Sachverständigen verkennen jedoch nicht, dass die Kürzungsspielräume nicht allzu groß sind. Selbst bestehende Kürzungspotentiale bei den Finanzhilfen und Steuervergünstigungen würden nicht ausreichen. Dennoch seien Ausgabenkürzungen grundsätzlich Steuererhöhungen vorzuziehen. Allerdings lasse der Koalitionsvertrag nicht darauf schließen, dass die Koalition derart weit reichende Ausgabenkürzungen in Erwägung zieht. Ohne deutliche Ausgabenkürzungen würden Steuererhöhungen aber nicht zu vermeiden sein. Sollte sich eine Steuererhöhung als unabwendbar erweisen, sei eine weitere Erhöhung des regulären Umsatzsteuersatzes unter Wachstumsaspekten und Verteilungsgesichtspunkten die beste Lösung. Bestehende Defizite im Steuersystem sollten aufkommensneutral behoben werden.

2. Wachstumsbeschleunigungsgesetz

Im Rahmen seiner Bewertung des Koalitionsvertrages nimmt der Sachverständigenrat auch Stellung zu den im Entwurf für ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz bereits in Angriff genommenen steuerpolitischen Sofortmaßnahmen der Koalition.

- Erhöhung der Kinderfreibeträge

Die Sachverständigen sprechen der von den Koalitionsparteien geplanten Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages ab dem 1. Januar 2010 jegliche Wachstumswirkung ab. „Zu der von der Koalition erhofften ‚spürbaren Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums’ dürften diese Maßnahmen so gut wie nichts beitragen. Sie treiben aber den Konsolidierungsbedarf weiter in die Höhe“, heißt es in dem Gutachten. Im Bereich der Einkommensteuer sieht der Sachverständigenrat zwar langfristig grundsätzlich Handlungsbedarf, aber in den kommenden Jahren keine zwingende Notwendigkeit für tarifbedingte Einkommensteuerentlastungen.
 
- Korrekturen der Unternehmensteuerreform

Auf dem richtigen Weg hingegen befände sich die Koalition mit den vorgesehenen Korrekturen der Unternehmensteuerreform. So seien die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen bei der Zinsschranke (dauerhafte Erhöhung der Freigrenze, EBITDA-Vortrag, Escape-Klausel) mittelfristig zielführende Maßnahmen. Ebenso zu begrüßen seien die vorgesehenen Regelungen im Zusammenhang mit der körperschaftsteuerlichen Sanierungsklausel.

- Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Beherbergungsleistungen

Der Sachverständigenrat begrüßt das Vorhaben der Koalition, eine Kommission einzusetzen, die sich mit dem Katalog der ermäßigten Umsatzsteuersätze befasst. Als „ganz und gar unverständlich“ erachten die Sachverständigen in diesem Zusammenhang aber, dass zuvor ab dem 1. Januar 2010 noch der Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auch auf Beherbergungsleistungen des Hotel- und Gastronomiegewerbes ausgedehnt werden soll. Damit bediene man letztlich Partikularinteressen.

- Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen

Nach Ansicht der Sachverständigen sind - wenn an der Gewerbesteuer und ihrem Objektcharakter festgehalten wird, was der Sachverständigenrat nicht unbedingt als erstrebenswert ansieht - die im Rahmen der Unternehmensteuerreform vorgenommenen Neuregelungen letztlich konsequent, da sämtliche Finanzierungsentgelte im Rahmen der Gewerbesteuer ansatzweise gleich behandelt werden. Dem stehe aber die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reduzierung des Hinzurechnungssatzes bei den Immobilienmieten von 65 auf 50 Prozent auch nicht im Wege.

3. Kommission „Gemeindefinanzen“

Für begrüßenswert erachtet der Sachverständigenrat auch die geplante Einsetzung einer Kommission „Gemeindefinanzen“, „die einen erneuten Anlauf für eine grundlegende Reform der Gewerbesteuer nehmen will.“ Allerdings gilt es an dieser Stelle klarzustellen, dass die Einrichtung der Kommission weniger auf eine „Reform“ der Gewerbesteuer als vielmehr auf deren Abschaffung abzielt. Beizupflichten ist den Sachverständigen jedoch, wenn sie gleichzeitig feststellen, dass „die Erfahrungen mit früheren Reformkommissionen nicht gerade optimistisch stimmen.“

II. Konjunkturpakete

Das Volumen der von der Bundesregierung beschlossenen Konjunkturprogramme in Höhe von rund 85 Mrd. Euro erachten die Sachverständigen als angemessen. Der deutsche Anteil an den Konjunkturprogrammen im Euro-Raum liegt in den Jahren 2009 und 2010 bei fast 50 Prozent. Zudem ist Deutschland das einzige Land im Euro-Raum, das im Jahr 2010 einen größeren fiskalischen Stimulus setzt als im Vorjahr.

Nach Auffassung der Sachverständigen ist unbestritten, dass eine Aufstockung von staatlichen Infrastrukturinvestitionen zentraler Bestandteil eines Konjunkturprogramms sein sollte. Zwar sei es richtig, dass Infrastrukturprogramme aufgrund von Planungs- und Implementierungsproblemen nur zeitverzögert wirken. Dem stehe allerdings der Vorteil gegenüber, dass Infrastrukturinvestitionen regelmäßig die größten Multiplikator-Effekte zugeschrieben werden und überdies von längerfristigen Wachstumswirkungen ausgegangen werden kann. Die Sachverständigen erwarten im Zusammenhang mit den Konjunkturpaketen insgesamt einen Anstieg der öffentlichen Bauinvestitionen von 5,6 Prozent im Jahr 2009 und 14,9 Prozent im Jahr 2010. Insgesamt beurteilen die Sachverständigen die Konjunkturpakete als positiv.

Das Jahresgutachten kann unter http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de abgerufen werden.

Az.: IV/1 900-04/1

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