Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 322/2010 vom 18.08.2010

Informationspflichten bei Konzessionsübernahmen

Der Umfang der Informationspflichten des bisherigen Konzessionärs bei einer Netzübernahme gehört zu den derzeit umstrittensten Fragen im Zusammenhang mit der Neuvergabe von Netzkonzessionen. Die praktischen Probleme, die durch die unklare Rechtslage bei Netzübernahmen entstehen, sind nicht zu unterschätzen. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Hannover vom 24.06.2010 stärkt die rechtliche Position der Netzübernehmer und trägt zur rechtlichen Klärung dieser Fragen bei.

Mit diesem Urteil, das für Mitgliedskommunen im Intranet des Verbandes unter Fachinfo/Service, Fachgebiete, Finanzen und Kommunalwirtschaft, Energiewirtschaft abrufbar ist, ist einem Neukonzessionär ein Anspruch auf Auskunft über die jeweiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten der Anlagegüter des Stromnetzes, das jeweilige Jahr der Aktivierung sowie die der letzten Netzentgeltgenehmigung zugrunde liegenden kalkulatorischen Restwerte und Nutzungsdauern für Abschreibungen zugesprochen. Das Landgericht leitet diesen sehr umfassenden Auskunftsanspruch zu wirtschaftlichen Netzdaten aus dem Grundsatz von Treu und Glauben als vertragliche Nebenpflicht ab. Ohne die Auskünfte könne der Neukonzessionär nicht erkennen, ob der vom bisherigen Netzeigentümer geforderte Preis berechtigt sei und den bisher von der Rechtsprechung entwickelten Bemessungskriterien entspreche und ob die Übernahme des Netzes ggf. überhaupt wirtschaftlich sei. Das Landgericht führt weiter aus, von einem Netzeigentümer könne nicht verlangt werden, dass er - ohne die für die Ertragssituation des Netzes maßgeblichen Komponenten zu kennen - als angemessene Entschädigung für die Netzübernahme eine Pacht oder einen Kaufpreis zu akzeptieren habe, welche auf einer für die Erlösermittlung irrelevanten Kalkulation und Abschreibungsermittlung beruhen und ihn deshalb potenziell benachteiligen. In diesem Zusammenhang weist das Landgericht auch darauf hin, dass nach der Neuregelung des § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG in jedem Fall davon auszugehen sei, dass unter einer „wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ jedenfalls keine Vergütung zu verstehen sei, die die Ertragssituation und die historischen Anschaffungskosten völlig ausblende. Des Weiteren entschied das Landgericht, dass zu den ihm Rahmen einer Neuvergabe einer Konzession zu überlassenden Anlagen auch solche Anlagen gehören, die auch zur Versorgung anderer Gebiete benutzt werden, soweit sich diese Anlagen im Gemeindegebiet befinden.

Das Urteil des Landgerichts ist nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass die in dem Urteil angesprochenen Fragen im weiteren Verlauf des Verfahrens dann auch einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden.

Az.: II/3 811-00/1

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