Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 202/2008 vom 04.03.2008

Haushaltsprognose für die Jahre 2007 und 2008

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat für die Jahre 2007 und 2008 die Haushaltsprognose erstellt. Aufgrund der positiven Einnahmeentwicklung schließen die Kommunen das Haushaltsjahr 2007 voraussichtlich mit einem Finanzierungsüberschuss von 6,4 Milliarden Euro ab. Im Jahr 2008 wird sich dieser Finanzierungsüberschuss auf 3,95 Milliarden Euro reduzieren. Der bevorstehende Tarifabschluss kann die aktuelle Haushaltssituation erheblich gefährden und – aufgrund unzureichender Einnahmen – in zahlreichen Städten und Gemeinden zu einem weiteren Anstieg der Kassenkredite führen. Grundsätzlich darf der bei mehr als 12.000 Städten, Gemeinden und Landkreisen ermittelte aggregierte Finanzierungssaldo nicht über eine nach wie vor angespannte Haushaltslage in zahlreichen Kommunen hinwegtäuschen.

Die Prognose beruht auf:

a) den aggregierten Umfragedaten zu den Haushaltsergebnissen und Haushaltsplanungen der Kommunen für die Jahre 2006 bis 2008,

b) den Kassenergebnissen für die ersten drei Quartale 2007 sowie

c) den Ergebnissen der Steuerschätzung vom November 2007.

Auf Grund der nach wie vor bestehenden Unterschiede in den alten und neuen Ländern wurden jeweils getrennte Schätzungen für die Kommunen in den alten und neuen Ländern erstellt. Zu den einzelnen Ergebnissen:

1. Finanzierungssaldo

Die Einnahmen der Kommunen stiegen im Jahr 2007 um 5,5 Prozent (auf 167,30 Mrd. Euro). Die Ausgaben entwickelten sich mit +3,3 Prozent verhaltener (auf 160,9 Mrd. Euro). Infolge dieser erfreulichen Entwicklung konnten die Kommunen das Haushaltsjahr 2007 voraussichtlich mit einem Finanzierungssaldo von +6,4 Milliarden Euro abschließen. Davon entfallen etwa fünf Milliarden Euro auf die Kommunen der alten Länder und 1,4 Milliarden Euro auf die Kommunen der neuen Länder.

Im Jahr 2008 werden sich die Einnahmen deutlich verhaltener entwickeln (+1,9 %). Die Ausgaben werden einen Zuwachs von +3,4 Prozent aufweisen. Auf Grund der verhalteneren Einnahmeentwicklung im Jahr 2008 reduziert sich der Finanzierungsüberschuss voraussichtlich auf 3,95 Milliarden Euro, der in Höhe von 3,1 Milliarden Euro auf die westdeutschen und mit 850 Millionen Euro auf die ostdeutschen Kommunen entfällt. Je höher der bevorstehende Tarifabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ausfallen wird, umso stärker wird die zusätzliche Ausgabenbelastung mit entsprechend negativen Auswirkungen auf den Finanzierungssaldo.

2. Einnahmen

Bundesweit stiegen die Einnahmen im Jahr 2007 um +5,5 Prozent, was vor allem auf die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen und Zuweisungen zurückzuführen ist.

In den Gemeinden der alten Ländern stiegen die Einnahmen kräftiger (+6,4 %) als in den neuen Ländern (+0,9 %). Der relativ moderate Zuwachs der Einnahmen in den neuen Ländern ist auf den Sondereffekt der Stadt Dresden zurückzuführen, die aus der Veräußerung von Wohnungsbeständen im Jahr 2006 eine Milliarde zusätzlicher Veräußerungserlöse verbuchen konnte. Bereinigt um diesen Effekt stiegen die Einnahmen in den neuen Ländern mit +4,1 Prozent.

Im Jahr 2008 entwickeln sich die Einnahmen deutlich verhaltener (+1,9 %) – sowohl in den Kommunen der alten (+2,1 %) wie auch der neuen (+0,4 %) Länder. Ursächlich hierfür ist die Unternehmensteuerreform, die zu einem Rückgang des Gewerbesteueraufkommens führt.

- Steuereinnahmen:

Das gemeindliche Steueraufkommen nahm im Jahr 2007 um +7,7 Prozent zu und belief sich auf 65,75 Mrd. Euro. Dabei verlief die Entwicklung in den ostdeutschen Gemeinden mit +11 Prozent (6,2 Mrd. Euro) etwas dynamischer als im Westen (+7,4 % auf 59,55 Mrd. Euro).

Die positive Aufkommensentwicklung des gemeindlichen Einkommensteueranteils (+15,2 %) sowie die weiter erfreuliche Entwicklung der Gewerbesteuer (+4,0 %) prägten die Entwicklung des Steueraufkommens im Jahr 2007. Der gemeindliche Einkommensteueranteil wuchs im Osten mit +24,3 Prozent (auf 1,8 Mrd. Euro) kräftiger als im Westen (+14,6 % auf 21,6 Mrd. Euro). Auch die Gewerbesteuer netto entwickelte sich im Westen mit einem Plus von 3,4 Prozent verhaltener als in den Gemeinden der neuen Länder (+9,3 % auf 2,85 Mrd. Euro).

Im Jahr 2008 wächst das gemeindliche Steueraufkommen deutlich langsamer (jeweils +1,6 % in den alten und neuen Ländern). Getragen wird die Entwicklung auch im Jahr 2008 vom Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (+6,9 %). Der Zuwachs fällt mit +12,3 Prozent im Osten deutlich höher aus als im Westen (+6,5 %). Die Gewerbesteuer netto wird mit -2,2 Prozent rückläufig sein, wobei es unterschiedliche Entwicklungen in Ost und West gibt: Der Rückgang fällt mit -2,4 Prozent in den Gemeinden der alten Länder etwas stärker aus als in den neuen Ländern.

- Zuweisungen:

Bundesweit nahmen die laufenden Zuweisungen der Länder (einschließlich Familienleistungsausgleich) und des Bundes (Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II) im Jahr 2007 um +8,5 Prozent zu. Dabei waren die Zuwächse in den Gemeinden der alten Länder mit +10,1 Prozent noch etwas stärker als in den neuen Ländern (+4,3 %). In den höheren Zuweisungen kommt die positive Entwicklung der Steuereinnahmen der Länder zum Ausdruck, die sich zeitverzögert über den kommunalen Finanzausgleich niederschlägt.

Auch im Jahr 2008 ist mit einem weiterhin kräftigen Zuwachs der Zuweisungen zu rechnen (+5,6 %), wobei auch hier die Zuwachsraten in den Gemeinden der alten Länder (+7,0 %) deutlich höher ausfallen als in den neuen Ländern (+1,6 %). Zur verlangsamten Entwicklung der laufenden Zuweisungen trägt die Reduzierung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II von durchschnittlich 31,8 Prozent auf 29,2 Prozent bei, wodurch den Kommunen etwa 400 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen.

Die Investitionszuweisungen stiegen im Jahr 2007 um +7,3 Prozent (West: +7,0 %, Ost: +7,8 %). Die Entwicklung der Investitionszuweisungen hat maßgeblich zur Ausweitung der Investitionstätigkeit der Kommunen beigetragen.

Im Jahr 2008 ist mit einem deutlich geringerem Zuwachs der Investitionszuweisungen zu rechnen (+1,2 %). Während die Kommunen in den alten Ländern im Jahr 2008 noch von einem Zuwachs von +4,9 Prozent ausgehen können, müssen die Gemeinden in den neuen Ländern mit einem Rückgang ihrer Investitionszuweisungen um -5 Prozent rechnen.

3. Ausgaben

Die Ausgaben stiegen im Jahr 2007 im Bundesdurchschnitt um +3,3 Prozent (auf 160,9 Milliarden Euro). Der Zuwachs fiel mit +3,8 Prozent in den Kommunen der alten Länder etwas höher aus als in den neuen Ländern (+0,9 %).

Im Jahr 2008 ist mit einem Ausgabenzuwachs von +3,4 Prozent zu rechnen. Auch im Jahr 2008 steigen die Ausgaben in den Kommunen der alten Länder mit +3,6 Prozent voraussichtlich etwas stärker als in den neuen Ländern (+2,5 %). Unter Berücksichtigung der bislang noch offenen Tarifeinigung ist es sehr wahrscheinlich, dass der Ausgabenanstieg deutlich steiler verläuft.

- Personalausgaben:

Im Jahr 2007 reduzierten die Kommunen ihre Personalausgaben bundesweit um -0,7 Prozent auf 40,25 Milliarden Euro. Der Rückgang fiel in den Kommunen der neuen Länder mit -1,8 Prozent etwas stärker aus als in den alten Ländern (-0,5 %). Die Reduzierung der Personalausgaben ist Ergebnis der fortgesetzten Konsolidierungsbemühungen der Kommunen. Per Saldo – unter Berücksichtigung von Ausgliederungen – bauten die Kommunen im Jahr 2006 gegenüber 2005 gut fünftausend Stellen ab. Dieser Trend wird sich auch im Jahr 2007 fortgesetzt und dämpfend auf die Personalausgaben der Kommunen niedergeschlagen haben.

Im Jahr 2008 rechnen die Kommunen mit einem Zuwachs ihrer Personalausgaben von +2,1 Prozent. Während die Kommunen in den neuen Ländern ihre Personalausgaben voraussichtlich um +3,7 Prozent aufstocken, fällt der Zuwachs in den Kommunen der alten Länder mit +1,8 Prozent geringer aus. Offen ist, inwieweit die Städte und Gemeinden den bevorstehenden Tarifabschluss bereits in ihren Haushaltsplanungen berücksichtigt haben. Es ist aber davon auszugehen, dass die tatsächlichen Personalausgaben im Jahr 2008 noch über dem Niveau der geschätzten Ausgaben in der Haushaltsprognose liegen werden.

- Laufender Sachaufwand:

Der laufende Sachaufwand verzeichnete mit +6,1 Prozent im Jahr 2007 einen kräftigen Zuwachs (West: +6,9 %, Ost: +1,4 %). Zurückzuführen sind die hohen Sachaufwendungen auf gestiegene Instandhaltungsmaßnahmen, die derzeit aufgrund der verbesserten Einnahmesituation in verstärktem Maße durchgeführt werden.

Im Jahr 2008 rechnen die Kommunen mit einem geringeren Zuwachs (+3,5 %). Die Kommunen im Westen geben +3,7 Prozent mehr für laufende Sachaufwendungen aus, die Kommunen im Osten +2,1 Prozent.

- Investitionen:

Die Sachinvestitionen verzeichnen im Jahr 2007 einen Zuwachs von +7,3 Prozent (West: +8,2 %, Ost: +3,9 %). Damit sind die Sachinvestitionen seit dem Jahr 2006 erneut angestiegen. Leider ist ein Großteil der Ausgabenerhöhung nicht auf eine Erhöhung der Investitionstätigkeit zurückzuführen, sondern auf höhere Baupreise und die zum 01. Januar 2007 um drei Prozentpunkte höhere Mehrwertsteuer. Die höheren Investitionszuweisungen der Länder beeinflussten die Investitionstätigkeit der Kommunen positiv.

Wegen der weiterhin relativ erfreulichen Einnahmeentwicklung werden die Kommunen auch im Jahr 2008 mehr investieren. Bundesweit ist mit einem Plus von +6,6 Prozent zu rechnen, wobei der Zuwachs in den Kommunen der alten Länder mit +7,3 Prozent stärker ausfallen wird als in den neuen Ländern (+3,7 %).

- Soziale Leistungen:

Auch im vergangenen Jahr befanden sich die sozialen Leistungen der Kommunen im Aufwind. Die Ausgaben für soziale Leistungen stiegen im Jahr 2007 um +2,8 Prozent auf 37,67 Milliarden Euro an. Dabei fiel der Anstieg in den alten Ländern mit +3,2 Prozent deutlich kräftiger aus als in den neuen Ländern (+0,9 %). Zurückzuführen sind die unterschiedlichen Zuwachsraten auf die unterschiedliche Struktur der sozialen Leistungen in West und Ost: Der relativ höhere Anteil an SGB II-Leistungen im Sozialbudget der ostdeutschen Kommunen führt zu einer stärkeren Dämpfung der Ausgaben im Zuge einer Entspannung des Arbeitsmarktes. In den Sozialhaushalten der westdeutschen Kommunen sind SGB II-Leistungen von relativ geringerer Bedeutung; hier spielen konjunkturunabhängige Leistungen, wie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Pflegeleistungen, eine relativ größere Rolle.

Auf Grund der – wenn auch gedämpften – Fortsetzung der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt ist im Jahr 2008 mit einem Anstieg der sozialen Leistungen um +2,1 Prozent zu rechnen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangslage fällt dieser Anstieg mit +2,4 Prozent in den Kommunen der alten Länder etwas stärker aus als in den neuen Ländern (+0,5 %).

- Zinsausgaben:

Die Zinsausgaben nahmen im Jahr 2007 mit +7,4 Prozent zu (West: +6,1 %, Ost: -2,9 %). Der Rückgang der Zinsausgaben im Osten ist auch auf den Sondereffekt durch den Schuldenabbau der Stadt Dresden zurückzuführen. Die Zinsausgabenentwicklung im Westen ist Ausdruck der hohen Verschuldung über Kassenkredite. Auf Grund des hohen Anteils variabel verzinslicher Kassenkredite an der kommunalen Gesamtverschuldung – inzwischen rund 25 Prozent – schlagen sich Erhöhungen des Zinsniveaus unmittelbar und deutlich in steigenden Zinsausgaben in den Haushalten nieder.

Für das Jahr 2008 ist mit einer weiteren Erhöhung der Zinsausgaben zu rechnen (+5,5 %). Im Westen fällt der Zuwachs mit +5,7 Prozent etwas höher aus als im Osten (+4,2 %).

4. Ausgaben und Einnahmen im Ost-West-Vergleich

Die Haushalte der Kommunen in den alten und neuen Ländern sind nach wie vor durch strukturelle Unterschiede geprägt: Während die Steuereinnahmen für die Städte und Gemeinden der alten Länder die weitaus bedeutsamste Finanzierungsquelle darstellen, sind die Kommunen der neuen Länder in besonderem Maße auf Zuweisungen angewiesen. Der Anteil der Zuweisungen (laufende Zuweisungen und Investitionszuweisungen) an den Gesamteinnahmen der Kommunen liegt im Osten bei 56 Prozent, in den Kommunalhaushalten im Westen haben die Zuweisungen einen Anteil von nur 29 Prozent. Umgekehrt finanzieren sich die Kommunen im Osten nur zu 23 Prozent aus eigenen Steuerquellen, während dieser Anteil im Westen bei 47 Prozent liegt.

Demzufolge liegen die gemeindlichen Steuereinnahmen je Einwohner im Osten bei knapp fünfzig Prozent des Westniveaus. Spiegelbildlich hierzu lagen die laufenden Zuweisungen bei knapp 170 Prozent und die Investitionszuweisungen sogar bei knapp 280 Prozent des Westniveaus. Insgesamt lagen die Einnahmen in den Kommunen der neuen Länder je Einwohner bei etwa 94 Prozent des Betrages, der in die kommunalen Kassen im Westen floss.

Auch die Ausgaben je Einwohner waren in den Kommunen der neuen Länder mit knapp 93 Prozent des Westniveaus vergleichsweise niedriger als im Westen. Die Personalausgaben lagen bei etwa 96 Prozent und die sozialen Leistungen bei ca. 95 Prozent des Westniveaus. Über dem Westniveau lagen die Sachinvestitionen (118 Prozent), insbesondere die Baumaßnahmen (140 Prozent) – ein Zeichen des Nachholbedarfs im Wohnungsbau und Infrastrukturbereich im Osten.

5. Weitere Informationen

Eine tabellarische Zusammenstellung über die Entwicklung der wichtigsten Haushaltsbereiche in den Jahren 2006 bis 2008 ist für Mitgliedskommunen im Intranet-Angebot des Verbandes unter „Fachinfo & Service“, „Fachgebiete“, „Finanzen und Kommunalwirtschaft“, „Daten zur Finanzplanung“, „Sonstiges“ abrufbar.

Az.: IV/1 903-02

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