Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 169/2009 vom 20.02.2009

Haftung für extremen Starkregen

In jüngster Zeit stellt sich wegen aufgetretener Katastrophenregen die Frage, wann eine Gemeinde für Schäden haften muss. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einem Urteil vom 5.6.2008 (- Az.: III ZR 137/07 - BADK-Information 2008, S. 151) bereits darauf hingewiesen, dass für ein Hochwasserereignis mit einer Wiederholungszeit von 100 Jahren durch die Gemeinde keine Vorsorge getroffen werden muss. Bereits im Jahr 2004 hatte der BGH (Urteil vom 22.4.2004 (Az.: III ZR 108/03 - BGHZ 159, S. 19ff.) entschieden, dass bei einem sehr seltenen Starkregen mit einer Wiederkehrzeit von 100 Jahren haftungsrechtlich der Einwand der höheren Gewalt nicht ausgeschlossen ist, d.h. die Gemeinde durch die Berufung auf den Tatbestand der „höheren Gewalt“ wie etwa bei einem naturkatastrophenartigen Regenereignis eine Haftung für Schäden abwenden kann.

Das Landgericht Trier hat in einem Urteil vom 21.5.2007 (Az.: 11 O 33/06, GVV-Mitteilungen, 1/2008, S. III) unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG München (Urteil vom 12.11.1998 - Az.: 1 U 6040/95 -) festgehalten, dass bei einem Starkregenereignis mit einer Wiederkehrzeit von einmal in 25 Jahren bis einmal in 30 Jahren höhere Gewalt angenommen werden kann, so dass eine Haftung der Gemeinde sowohl nach § 2 Abs. 1 Haftpflichtgesetz als auch aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 Grundgesetz) ausscheidet. Diese Wertung des Landgerichtes Trier ist durch das OLG Koblenz (Az.: 1 U 787/07) zumindest in einem Hinweisbeschluss mitgetragen worden, woraufhin der Kläger die Klage zurücknahm. Nach dem LG Trier kommt deshalb eine Haftung der Gemeinde nicht in Betracht, wenn durch ein katastrophenartiges Regenereignis Schäden durch Regenwasser entstehen, weil dieses von der (bereits überfüllten) Kanalisation nicht mehr aufgenommen werden kann, sondern ungefasst auf die Anliegergrundstücke gelangt (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2001 - Az.: III ZR 322/00 - ; OLG Schleswig, Urteil vom 10.5.2002 - Az.: 11 U 202/00).

Allerdings liegt noch keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dazu vor, wann im unteren Jahresbereich höhere Gewalt bei Katastrophenregen angenommen werden kann. Der Bundesgerichtshof hat jedenfalls in einem Urteil vom 11.3.2004 - Az.: III ZR 274/03 - BADK-Information 1/2005, S. 42) die Annahme von höherer Gewalt bei einer Wiederkehrhäufigkeit von höchstens alle 14 Jahre noch verneint.

Deshalb empfiehlt es sich für eine Gemeinde, bei einer wiederholten Überstauung eines Kanals durch erhebliche Starkregenereignisse in die abwassertechnische Überprüfung einzusteigen, ob der konkrete Kanal noch ausreichend dimensioniert ist, denn ein Grundstückseigentümer muss es nach der Rechtsprechung nicht hinnehmen, dass sein Grundstück einmal jährlich einer Überschwemmung ausgesetzt ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.1991 - Az.: III ZR 177/90 - NJW 1992, S. 39ff. und den Arbeitsbericht der der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.5 in der Zeitschrift KA 2008, S. 972ff.). Generell darf nicht verkannt werden, dass eine Gemeinde nicht gehalten ist, ihr Kanalnetz auf Katastrophenregen oder katastrophenartige Unwetter ausrichten kann, weil dieses budgetmäßig nicht vertretbar wäre und einen erheblichen Anstieg der Regenwassergebühr zur Folge hätte (vgl. BGH, Urteil vom 11.7.1991 - Az.: III ZR 177/90 - NJW 1992, S. 39ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 13.5.1985 - Az.: 1 U 164/84 - VersR 1986, S. 1125). Eine ausführliche Behandlung dieser Gesamtthematik wird auch in der Zeitschrift Abwasser-Report der Kommunal- und Abwasserberatung NRW (Heft 1/2009) erfolgen.

Az.: II/2 24-30 qu-qu

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