Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 397/2006 vom 11.05.2006

GVV-Kommunal rechtmäßiger Bieter im Vergabeverfahren

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer grundlegenden Entscheidung vom 29. März 2006 (AZ: VII-Verg 77/05) festgestellt, dass die GVV-Kommunalversicherung in Köln (GVV-Kommunal) nicht aufgrund ihrer Rechtsform als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden kann. Damit hat das OLG Düsseldorf die entgegenstehende erstinstanzliche Entscheidung der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster aufgehoben.

I. Sachverhalt

Ein Kreis in Nordrhein-Westfalen hatte zum 01. Januar 2006 die Leistungen der Gebäude-, Inventar- und Wohngebäudeversicherung europaweit ausgeschrieben. An dieser Ausschreibung hat sich GVV-Kommunal beteiligt und ein Haupt- sowie ein Nebenangebot abgegeben. Insgesamt erhielt der Kreis Angebote von vier Bietern.

Die Angebotswertung ergab, dass das Nebenangebot von GVV-Kommunal das günstigste Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Gegen den beabsichtigten Zuschlag an GVV-Kommunal hat einer der Mitanbieter ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster eingeleitet.

Mit Beschluss vom 05. Oktober 2005 hat die Vergabekammer entschieden, die Angebote von GVV-Kommunal seien wegen einer unzulässigen Änderung der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen. Gegen den Beschluss hat GVVKommunal die sofortige Beschwerde beim OLG Düsseldorf eingelegt.

II. Entscheidung des OLG Düsseldorf

Mit Beschluss vom 29. März 2006 hat das OLG entschieden, dass der Beschluss der Vergabekammer aufgehoben wird. Der Beschluss wird im Wesentlichen durch folgende Gründe getragen:

1. Die Mitgliedschaft bei GVV-Kommunal ist für die betreffenden Kommunen und kommunalen Einrichtungen keine wirtschaftliche Betätigung i. S. d. § 107 GO NRW, da sie sich selbst nicht als Anbieter von Versicherungsdienstleistungen betätigen. Auch GVV-Kommunal unterliegt nicht den Beschränkungen nach § 107 GO NRW. Sowohl der Erwerb als auch die Aufrechterhaltung einer Mitgliedschaft sind nur mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages verbundene notwendige Nebenfolgen. Sie rechtfertigen es nicht, die wirtschaftliche Tätigkeit von GVVKommunal denselben gesetzlichen Beschränkungen zu unterwerfen, die für die wirtschaftliche Betätigung seiner Mitglieder gelten.

2. Die Preisangaben in den Angeboten von GVV-Kommunal sind vollständig. Soweit in den Verdingungsunterlagen nicht ausdrücklich gefordert, sind bei der Kalkulation der Versicherungsprämien sowohl evtl. Nachschüsse als auch Beitragsrückerstattungen nicht zu berücksichtigen. Dabei hat das Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es den tatsächlichen Eintritt einer möglichen Nachschusspflicht im Hinblick auf die Ausstattung des Reservefonds sowie der Risikoabsicherung durch Rückversicherungen als theoretisch und unwahrscheinlich einstuft.

3. Eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen liegt nicht vor. GVVKommunal hat mit seinen auf den Abschluss eines Versicherungsvertrages gerichteten Angeboten weder ausdrücklich noch konkludent ein zusätzliches Angebot auf Eingehung eines Mitgliedschaftsvertrages gemacht, weil der Kreis bereits Mitglied bei GVV-Kommunal war. Die Mitgliedschaft in einem Verein ist unteilbar. Sie kann nicht vervielfacht werden. Die mit dem Vertragsschluss verbundenen erweiterten Mitgliedschaftspflichten ändern den Inhalt der angebotenen Versicherungsleistungen nicht ab. Sie erweitern nur die vom Mitglied geschuldete Gegenleistung.

4. Der Mitanbieter hat unter dem Kriterium „Präsenz/Betreuung“ eine dezentrale Schadensabwicklung durch örtliche Geschäftsstellen mit einer „Schadenshotline“ zur Hauptgeschäftsstelle angeboten. Der Kreis hat hierzu in der Angebotswertung ausgeführt, dass die angebotene Präsenz vor Ort nicht in allen Fällen geeignet sei, den ihm obliegenden Verwaltungsaufwand zu vermindern, sondern diesen sogar erhöhen könne. Diese Bewertung ist nach Feststellung des OLG fehlerfrei und nicht zu beanstanden.

5. Der Mitanbieter hat mit seinem Nebenangebot Zusatzleistungen im Gesamtwert von 15 000,- Euro angeboten und Einsparungen auf die Versicherungsprämie des Hauptangebots in gleicher Höhe errechnet. Der Kreis hat von der angebotenen Prämienhöhe hingegen lediglich 2 500 Euro abgezogen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Der Mitanbieter durfte die angebotenen Zusatzleistungen dem Kreis nicht aufzwingen, nur um seinem Angebot eine eventuell bessere Position in der preislichen Rangfolge der Angebote zukommen zu lassen. Die Entscheidung, ob er die angebotenen zusätzlichen Leistungen in Anspruch nehmen will, obliegt allein dem Kreis.


Az.: II/1 608-00

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