Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 300/2002 vom 05.06.2002

Grundsteuer-Reform im Praxistest

Die Grundsteuer ist eine der ältesten Formen der Besteuerung und war seit der Nachkriegszeit Gegenstand von Reformdiskussionen. Reformbedarf wurde dabei von Anfang an vor allem im Hinblick auf eine möglichst einfache Erfassung des Steuergegenstandes gesehen. In jüngster Zeit gewannen daneben auch boden- und umweltpolitische Ziele zunehmend an Bedeutung. Mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1995 zur Erbschaft- und Vermögensteuer ist die geltende Bemessungsgrundlage, der Einheitswert, auch für die Grundsteuer zweifelhaft geworden. Nachdem damit der Rationalisierungsaspekt des Einheitswerts als Bemessungsgrundlage für mehrere Steuerarten entfallen ist, haben auch die Finanzbehörden der Länder eigene Reformvorstellungen entwickelt.

Das Deutsche Institut für Urbanistik wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beauftragt, die aktuell diskutierten Reformmodelle einem Praxistest zu unterziehen. In sieben Planspielgemeinden wurden die steuerlichen Belastungsveränderungen berechnet und die Praktikabilität der Modelle getestet:

- eine reine Flächensteuer, das heißt, die Bemessung nach Grundstücks- und Gebäudefläche (Modell A),

- eine kombinierte Bodenwert- und Gebäudewertsteuer (Modell B) sowie

- eine reine Bodenwertsteuer (Modell C).

Zur vergleichenden Beurteilung der Wirkungen wurde außerdem ein weiteres Modell in den Praxistest einbezogen:

- eine kombinierte Bodenwert- und Grundstücksflächensteuer (Modell D).

Die Modelle wurden besonders mit Blick auf die wesentlichen Reformziele der administrativen Praktikabilität sowie möglicher Boden mobilisierender Effekte untersucht. Für die Beurteilung des Mobilisierungseffekts, aber auch der Akzeptanz der Modelle, wurde zudem die entstehende steuerliche Belastungsveränderung als wesentlicher Indikator in die Untersuchung einbezogen.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind in einer ausführlichen Dokumentation in der Reihe "Difu-Berichte" (Nr. 3/2002; 232 Seiten, Preis: 24 Euro) dargelegt. Zusammengefaßt gelangt das Difu zu folgenden Ergebnissen und Empfehlungen:

Im Hinblick auf die wesentlichen Reformziele der administrativen Praktikabilität sowie möglicher Mobilisierungseffekte machen die Ergebnisse des Planspiels deutlich, daß zwar die Aspekte der Verwaltungsvereinfachung sowie die Ausgestaltung der Grundsteuer auch als Instrument der Bodenmobilisierung prinzipiell unstrittig sind, indes erscheint fragwürdig, ob sich diese Ziele aufkommensneutral, und mit möglichst geringen Belastungsänderungen, erreichen lassen.

"Nachdem die Einheitswerte bereits seit längerer Zeit als eine nicht den aktuellen Wertverhältnissen entsprechende und ungerechte Bemessungsgrundlage erkannt wurden, können sie kaum als Referenzmaßstab zur Beurteilung der Reformmodelle herangezogen werden. In seinen Beschlüssen zur Erbschaft- und Vermögensteuer hat das Bundesverfassungsgericht - neben Wertverzerrungen innerhalb des Grundbesitzes - ausdrücklich auch auf die Unterbesteuerung von Grund und Boden im Vergleich zu anderen Wirtschaftsgütern hingewiesen. Dies macht die grundsätzliche Notwendigkeit einer deutlichen Erhöhung der Grundsteuer sichtbar. Auch daher kann das Modell der aufkommensneutralen Gestaltung der Grundsteuer nur ein vorübergehendes sein.

Die auf einzelne Grundstückstypen und Betroffenengruppen bezogenen Belastungsveränderungen müssen daher unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: der im Einzelfall bestehenden Unterbesteuerung und der Bodenmobilisierung. Aufkommensneutralität bedeutet also nicht, daß die Grundsteuer nicht langfristig erhöht werden kann. Vielmehr sollte in einer längeren zeitlichen Perspektive die Reform der Grundsteuer in eine allgemeine Reform der kommunalen Steuern und in die ökologische Steuerreform eingebettet werden.

Vor diesem Hintergrund sind die getesteten Modelle folgendermaßen zu bewerten: Zu empfehlen sind unter dem Aspekt der Verwaltungsvereinfachung die Modelle C und D. Dagegen bewirkt Modell B vor allem durch die komplizierte Gebäudewertermittlung einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand. Auch die nach Modell A erforderliche Ermittlung der Wohn-/Nutzflächen verursacht einen beachtlichen Aufwand.

Unter dem Aspekt Boden mobilisierender Wirkungen sind die errechneten Steuermehrbelastungen bei der überwiegenden Zahl der Fälle - Modell übergreifend - als bei weitem nicht ausreichend zu betrachten. Selbst bei prozentual großen Zunahmen muß im Regelfall davon ausgegangen werden, daß keine Steuerbeträge erreicht werden, die zu der gewünschten Verhaltensänderung der Grundeigentümer und potentiellen Bauherren führen. Bei fünf bis zehn Prozent der unbebauten oder schwach bebauten Grundstücke konnten jedoch deutliche Steuermehrbeträge festgestellt werden, von denen bereits eine Mobilisierung ausgehen könnte.

Werden höhere Hebesätze oder Steuermeßbeträge zugrunde gelegt, ist die relative Struktur der Belastungsänderungen bezogen auf Mobilisierungseffekte von besonderem Interesse. Für die sich daraus ergebende Notwendigkeit einer Weiterentwicklung und Feinjustierung der Bodenwert orientierten Modelle kann eine zusätzliche Flächen orientierte Bemessungskomponente einen guten Ansatz bieten."

Az.: VI/1 931-02

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