Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 487/2008 vom 03.07.2008

Gewerbliche Altpapiertonnen I

Wegen der zurzeit sehr hohen Erlöse bei der Verwertung von Altpapier, versuchen private Abfallentsorgungsunternehmen bei privaten Haushaltungen gewerbliche Altpapiertonnen in den Städten und Gemeinden anzubieten. Bislang erfolgt dieser Versuch nur in denjenigen Städten und Gemeinden, in denen das Altpapier über Depotcontainer oder über Bündel- oder Sacksammlungen und nicht über eine Altpapiertonne bei den privaten Haushaltungen am Grundstück eingesammelt wird. Werden durch die Gemeinde aus der kommunalen Altpapiererfassung und –verwertung Erlöse erzielt und damit die Abfallgebühr stabil gehalten, empfiehlt es sich, die Bürgerinnen und Bürger über die Kostenzusammenhänge aufzuklären und darauf hinzuweisen, dass nur mit der Überlassung des Altpapiers an die Gemeinde die Abfallgebühr zukünftig stabil gehalten werden kann. Aus den Erfahrungsberichten von Städten und Gemeinden ist bekannt geworden, dass die gebührenpflichtigen Bürgerinnen und Bürger auf eine entsprechende Aufklärung der Gemeinde in der Lokalpresse positiv reagieren. Es besteht nicht zuletzt wegen der stetig steigenden Energiepreise ein großes Interesse der Bürgerinnen und Bürger an stabilen Abfallgebühren. Ebenso haben die Bürgerinnen und Bürger den Wunsch nach einer verlässlichen Altpapierentsorgung durch die Gemeinde (unabhängig vom Marktpreis für Altpapier). Schließlich möchten die Bürgerinnen und Bürger - vor allem in Wohngebieten – kein ständiges und störendes Bereitstellen von Abfallgefäßen auf der Straße, dem Bürgersteig oder dem Radweg sowie andauernden Verkehr mit Müllfahrzeugen, weil hierdurch die Wohnqualität und der Verkehrsfluss beeinträchtigt werden. Im Einzelnen:

1. Gewerbliche (Altpapier-)Sammlungen

Gewerbliche Altpapiersammlungen sind zwar nicht genehmigungspflichtig. Sie müssen durch den gewerblichen Sammler aber bei der unteren Abfallwirtschaftsbehörde und der Gemeinde vor Ort angezeigt werden, damit nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG geprüft werden kann, ob die dort vom Bundesgesetzgeber geregelten Voraussetzungen erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört, dass das Altpapier ordnungsgemäß und schadlos verwertet wird und der gewerblichen Sammlung keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen (vgl. Queitsch Abfallrecht 2008, S. 78ff.). Die Rechtsprechung ist zurzeit nicht bereit, überwiegende öffentliche Interessen anzuerkennen, weil sie eine Gefährdung der öffentlichen (kommunalen) Abfallentsorgung nicht anerkennen möchte. Auch die Rechtsprechung des VG Dresden zur Stadt Görlitz (Beschluss vom 9.5.1998 – Az.: 1 L 20/08) ist soeben wieder durch das OVG Sachsen mit Beschluss vom 27.6.2008 (Az.: 4 B 193/08) aufgehoben worden.

Das VG Dresden hatte zutreffend wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, Beschluss vom 12.1.2005 – Az.: 20 CS 04.2047 – NuR 2006, S. 114) die Untersagungsverfügung gegen eine gewerbliche Altpapiersammlung der Stadt Görlitz in einem gerichtlichen Eilverfahren bestätigt und ausgeführt, dass über die Zulässigkeit einer gewerblichen Altpapiersammlung erst in einem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren entschieden werden kann, weil die Stadt anderenfalls bei Zulassung der gewerblichen Sammlung vor vollendete Tatsachen gestellt werde und die Folgen der durchgeführten Sammlung dann nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 12.1.2005 – Az.: 20 CS 04.2047 – NuR 2006, S. 114) stellt dabei maßgeblich darauf ab, dass die kommunale Entsorgung von Altpapier die Regelentsorgung und die gewerbliche Sammlung die Ausnahme darstellt und deshalb in einem Hauptsacheverfahren die Auswirkungen einer gewerblichen Sammlung im Hinblick auf das Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen genau geprüft werden müssen. Diese Sichtweise teilt unter anderem das OVG Sachsen (ebenso u.a.: OVG Schleswig, Urteil vom 22.4.2008 – Az.: 4 LB 7/06 - nicht rechtskräftig - ; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2008 – Az.: 7 ME 192/07 - ; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.2.2008 – Az.: 10 S 2422/07 -) nicht und führt aus, dass die vorhergesagten Einnahmeverluste der Stadt Görlitz in Höhe von 28.000 pro Jahr die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung nicht erkennbar beeinträchtigten.

Es ist mehr als bedauerlich, dass die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung in Anbetracht der ständigen Diskussion über die sog. Nebenkosten (Gebühren, Heizöl, Strom, Gas usw.) die Gefahr für die Stabilität der Abfallgebühr nicht anerkennt. Verliert die Gemeinde das Altpapier, brechen ihr oder dem Kreis Erlöse weg, so dass die Kosten der Abfallentsorgung nicht mehr durch diese Erlöse mitfinanziert werden können. Die Folge ist zwangsläufig ein erhöhter Gebührenbedarf und ein Anstieg der Abfallgebühr. Gleichwohl hat das OVG Schleswig (Urteil vom 22.4.2008 – Az.: 4 LB 7/06) zutreffend klargestellt, dass der Gebühren zahlende Bürger es selbst in der Hand hat, seine Abfallgebühr stabil zu halten, in dem er der Gemeinde das Altpapier überläßt. Denn die Gemeinde ist kommunalabgabenrechtlich verpflichtet, mit den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers die Kosten der Abfallentsorgung zu finanzieren, so dass der Gebührenbedarf sinkt und die Abfallgebühr stabil bleibt. Vor diesem Hintergrund ist es als unerlässlich anzusehen, dass die Gemeinde ihre gebührenpflichtigen Bürgerinnen und Bürger über diese Kostenzusammenhänge aufklärt.

2. Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger

Der StGB NRW empfiehlt deshalb den Städten und Gemeinden, die Bürgerinnen und Bürger in der Lokalpresse darüber aufzuklären, dass die Abschöpfung von Altpapier durch gewerbliche Sammlungen in der Regel dazu führen wird, dass der Gemeinde und dem Kreis Erlöse aus der Verwertung des Altpapiers wegbrechen mit der Folge, dass die Abfallgebühren nicht mehr stabil gehalten werden können. Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger der Stadt oder Gemeinde das Altpapier andienen, kann die Gemeinde auch in der Zukunft die Erlöse verwenden, um die Kosten der Abfallentsorgung damit zum Teil zu finanzieren. Der Städte- und Gemeindebund NRW hält die Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger in diesem Punkt für unverzichtbar, weil diese die Zusammenhänge nicht kennen können. Außerdem ist aus betroffenen Städten und Gemeinden bekannt geworden, dass die Bürgerinnen und Bürger überwiegend zu ihrer Gemeinde halten, da das Interesse an einer stabilen Abfallgebühr und einer gesicherten Entsorgung (unabhängig von etwaigen Marktpreisen) für viele Bürgerinnen und Bürger ein wichtiger Gesichtspunkt ist. Außerdem haben Bürgerinnen und Bürger anscheinend erkannt, dass sie bei der Frage der Überlassung des Altpapiers es selbst in der Hand haben, ihre Abfallgebühr zu beeinflussen.

3. Straßen- und Wegerecht

Das VG Aachen hat mit Beschluss vom Beschluss vom 17.06.2008 (Az.: 6 L 252/08) in einem Eilverfahren entschieden, dass eine Stadt berechtigt ist, einem gewerblichen Altpapiersammler das Abstellen von Altpapiertonnen auf öffentlichen Verkehrsflächen (Straße, Bürgersteig, Radweg) als unerlaubte Sondernutzung der öffentlichen Straße zu untersagen, wenn die gewerblichen Altpapiertonnen durch den Grundstückseigentümer nicht bestellt worden sind. In diesem Fall stellt das Verteilen von Altpapiergefäßen eine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar, weil auf der öffentlichen Straße um Kunden geworben wird. Auch auf dieser Grundlage kann deshalb einer gewerblichen Altpapiersammlung – unabhängig vom Abfallrecht (s.o.) – Einhalt geboten werden. Wichtig ist allerdings, dass dieses Instrument nur bei nicht bestellten Altpapiertonnen funktioniert, so dass die Bürgerinnen und Bürger an aller erster Stelle über die Zusammenhänge aufgeklärt werden müssen (s.o.), so dass sie auf Angebote von gewerblichen Altpapiersammlern nicht eingehen und bei diesen keine gewerblichen Altpapiertonnen bestellen oder sie wieder abbestellen. Im Übrigen ist es bislang immer das Interesse der Städte und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger gewesen, die Abfalleinsammlungen durch Müllfahrzeuge auf das notwendige Maß (Restmülltonne, Biotonne, Altpapiertonne und ab und zu Sperrmüll) zu beschränken, damit die Wohnqualität in den Wohngebieten keinen Schaden nimmt und auch der Verkehrsfluss nicht zu sehr beeinträchtigt wird.

Az.: II/2 31-02

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