Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 241/2008 vom 13.03.2008

Gewerbliche Altpapier-Sammlungen

In Anbetracht der Beschlüsse des OVG Lüneburg und des VGH Mannheim (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2008 – Az.: 7 ME 192/07 – Mitt. StGB NRW März 2008 Nr. 185 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.2.2008 – Az.: 10 S 2422/07 - ) weist die Geschäftsstelle auf Folgendes hin: Die private Entsorgungswirtschaft versucht zurzeit wegen der hohen Verwertungserlöse beim gemischten Altpapier (77,50 € pro Tonne) flächendeckend blaue Altpapiertonnen bei den privaten Haushaltungen zu platzieren, um die verwertbaren Altpapiermengen zu steigern. Hierbei werden gewerbliche Sammlungen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG eingerichtet.

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG entfällt die Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushalte nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG gegenüber den Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ausnahmsweise dann, wenn

- nicht gefährliche Abfälle (§ 13 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG)

- durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dieses den öffentlichen rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen wird und

- keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen.

Gegenwärtig versuchen die privaten Entsorgungsfirmen insbesondere dort eine grundstücksbezogene Altpapiertonne bei privaten Haushaltungen zu installieren, wo es lediglich eine Erfassung des Altpapiers über Depot-Container oder Bündelsammlungen gibt.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 16.3.2006 – Az.: 7 C 9-05 -) entschieden, dass überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Altpapiersammlung dann entgegenstehen, wenn die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gefährdet wird.

In den jüngsten Entscheidungen oberer Verwaltungsgerichte sind ist aber ein Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen bei gewerblichen Altpapiersammlungen aus privaten Haushaltungen durchgängig abgelehnt worden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.1.2008 – Az.: 7 ME 192/07 – Mitt. StGB NRW März 2008 Nr. 185 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.2.2008 – Az.: 10 S 2422/07 - ).

Sowohl das OVG Lüneburg als auch der VGH Baden-Württemberg vertreten die Rechtsauffassung, dass dem kommunalen (öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger) nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) lediglich eine Auffangfunktion zukommt und er deshalb seine kommunale Abfallentsorgungseinrichtung flexibel anpassen muss, wenn ihm durch gewerbliche Sammlungen z.B. Altpapiermengen entzogen werden. Insoweit sieht es der VGH Baden-Württemberg sogar als belanglos an, dass die Stadt Karlsruhe gegebenenfalls ihre Abfallgebühren um rund 10 € pro Einwohner und Jahr erhöhen muss, wenn eine private Entsorgungsfirma das Altpapier aus den privaten Haushaltungen über eine blaue Tonne sammelt und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsschiene damit entzieht. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bislang nicht detailliert mit der Frage der Zulässigkeit von gewerblichen Abfallsammlungen auseinandersetzen müssen. Gleichwohl gibt es auch anders lautende Rechtsprechung, die unter anderem darauf abstellt, dass die gewerblichen Sammlungen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG im Gesamtzusammenhang nur eine Ausnahme von der Regelentsorgung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger darstellen und deshalb die Ausnahme nicht zur Regel werden kann (so etwa : VGH München, Beschluss vom 12.1.2005 – Az.: 20 CS 04.2947 – NuR 2006, S. 114). Dennoch darf nicht verkannt werden, dass die Rechtsprechung die Hürde für das Entgegenstehen überwiegender öffentliche Interessen zurzeit sehr hoch ansetzt. Es darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine geordnete und funktionstüchtige kommunale Abfallentsorgung dann gefährdet würde, wenn mehrere Altpapiergefäße auf privaten Grundstücken von verschiedenen privaten Entsorgungsfirmen aufgestellt werden, weil der zur Verfügung stehende Stellplatz auf den Privatgrundstücken ohnehin bereits oftmals begrenzt ist, da bereits vielfach eine Restmülltonne, eine Biotonne und eine gelbe Tonne aufgestellt sind. Es kann auch nicht im Interesse der Gemeinde sein, dass in Wohngebieten zukünftig unzählige Müllfahrzeuge die privaten Haushalte anfahren, um irgendwelche Abfälle abzuholen, weil hierdurch etwa unnötige Gefährdungssituationen z.B. für spielende Kinder entstehen können.

Vor diesem Hintergrund kann den Städten und Gemeinden nur empfohlen werden, über die Einführung einer grundstücksbezogenen Altpapiererfassung mit Abfallgefäß (z.B. blaue oder grüne oder andersfarbige Tonne) zeitnah nachzudenken, weil davon ausgegangen werden muss, dass private Entsorgungsfirmen bei Städten und Gemeinden mit Depot-Containern oder Altpapier-Bündelsammlungen, den privaten Haushaltungen die „Luxus-Varinante“ der Altpapier-Tonne anbieten werden. Dieses wiederum kann zur einer kurz- bis mittelfristigen Erhöhung der Abfallgebühren führen, weil dann die regulären Kosten der Abfallentsorgung nicht mehr über die Verwertungserlöse für das Altpapier gesenkt werden könnten und damit mehr Kosten über die Abfallgebühr auf die gebührenpflichtigen Benutzer verteilt werden müssten. Führt eine Stadt oder Gemeinde eine Altpapier-Tonne ein, so sollte sie sich die Tonnen selbst kaufen, weil die Erfahrungspraxis gezeigt hat, dass von einem privaten Entsorgungsunternehmer gemietete Tonnen dann schnell zu einer gewerblichen Sammlung umfunktioniert werden, wenn der bisherige private Entsorgungsunternehmer nach einer Ausschreibung der kommunalen Abfallentsorgung nicht mehr den Zuschlag erhält, sondern ein anderes privates Entsorgungsunternehmen. Die Kosten für den Kauf der Altpapiertonnen können z.B. über einen Zeitraum von 10 Jahren über die Abfallgebühren refinanziert werden, d.h. die Abfalltonnen werden als ein Abschreibungsgut behandelt und dann durch kalkulatorische Abschreibung über die Abfallgebühren refinanziert. Damit kommt es auch bei dem Kauf von Altpapiertonnen regelmäßig nicht zu merklichen Erhöhungen der Abfallgebühren.

Unabhängig davon hat die Erfahrungspraxis gezeigt, dass gewerbliche Abfallsammlungen i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG regelmäßig dann nicht mehr durchgeführt werden, wenn sich wegen sinkender Verwertungspreise eine Abfuhr der verwertbaren und nicht gefährlichen Abfälle nicht mehr rechnet. So sind die zahlreichen gewerblichen Altkleidersammlungen gewissermaßen über Nacht verschwunden waren, nachdem sich ein Erlöseinbruch bei der Verwertung von Altkleidern einstellte. Hierin besteht aber gerade die begründete Gefahr, dass im schlechtesten Fall überhaupt kein Erfassungssystem für verwertbare und nicht gefährliche Abfälle zur Verfügung steht. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn die Stadt oder Gemeinde ihr Erfassungssystem wegen zahlreicher gewerblicher Sammlungen einstellt und diese gewerblichen Sammlungen wiederum irgendwann eingestellt werden, weil der Verwertungserlös eine gewerbliche Sammlung nicht mehr als lukrativ erscheinen lässt.
Einer solchen Entwicklung kann im Zweifelsfall nur dadurch begegnet werden, dass für die Altpapiererfassung Altpapiertonnen eingeführt werden, weil hierdurch ein flächendeckendes grundstücksbezogenes und damit auch bequemes Erfassungs- und Entsorgungssystem für Altpapier dem Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung angeboten wird.
Es besteht dann grundsätzlich kein Anlass, auf alternative Angebote zur Erfassung von Altpapier im Rahmen von gewerblichen Sammlungen einzugehen. Darüber hinaus kann den Bürgerinnen und Bürgern nur deutlich gemacht werden, dass Verwertungserlöse beim Altpapier in der Vergangenheit die Abfallgebühren stabil gehalten haben oder diese sogar - wegen der Verwertungserlöse beim Altpapier - niedriger ausgefallen sind und eine Erhöhung der Gebühren nicht ausgeschlossen ist, wenn die private Haushalte ihr Altpapier anderweitig entsorgen sollten.

Az.: II/2 31-02 qu/ko

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