Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 397/2009 vom 29.06.2009

Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Föderalismusreform II

Der Bundesrat hat den Gesetzen zur Umsetzung der Föderalismusreform II - Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes sowie Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform – mehrheitlich zugestimmt. Nicht zugestimmt haben die Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein; Berlin und Schleswig-Holstein sind aber trotz der Ablehnung des Gesamtvorhabens bereit, die vereinbarten Entschuldungshilfen anzunehmen.

Im Folgenden informieren wir über die wesentlichen Inhalte der beschlossenen Gesetze, soweit sie Auswirkungen auf die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden haben.

Änderung von Art. 104b Grundgesetz

Das sog. Kooperationsverbot in Art. 104b Grundgesetz (GG) wird gelockert. Art. 104b GG wird in Satz 2 dahingehend erweitert, dass der Bund im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren kann. Die Gesetzesbegründung stellt ausdrücklich klar, dass insbesondere die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne des neuen Satzes 2 darstellt. Dort heißt es auch mit Blick auf das bereits verabschiedete Zukunftsinvestitionsgesetz, dass dieses zukünftig im Lichte der verfassungsrechtlichen Neuregelung auszulegen ist. Insofern sind die auf Grundlage des Zukunftsinvestitionsgesetzes (ZuInvG) getätigten Maßnahmen der Länder und Kommunen mit Inkrafttreten des Gesetzes grundsätzlich auch insoweit zulässig, als dem Bund keine Gesetzgebungsbefugnis zusteht. Allerdings setzt das ZuInvG selbst Grenzen. Dort, wo das Gesetz die Fördermaßnahmen von vornherein eindeutig beschränkt, wie z. B. im Straßenbau auf Lärmschutzmaßnahmen, bleibt für eine erweiterte Auslegung im Sinne der Neuregelung von Art. 104b GG kein Raum.

Einführung einer Schuldenbremse

Zur Schuldenbegrenzung wird im GG festgeschrieben, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Dazu wird Art. 109 GG geändert. Dabei ist dem Bund ein strukturelles Defizit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts erlaubt. Für die Länder dagegen ist keine strukturelle Verschuldung mehr zulässig. Die nähere Ausgestaltung der Schuldenbremse regeln Art. 115 GG neu für den Bund und die Landesverfassungen für die Länder. Die neuen Schuldenregelungen müssen vom Bund ab 2016 und von den Ländern ab 2020 vollständig eingehalten werden. Es bestehen Ausnahmeregelungen. So können Bund und Länder in ihren bundes- bzw. landesgesetzlichen Regelungen zur Kreditaufnahme Ausnahmen für Naturkatastrophen oder andere außergewöhnliche Notsituationen, wie z. B. die aktuelle Finanzmarktkrise, regeln. Für die Ausnahmeregelungen ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen, die die Rückführung der oberhalb der Regelgrenzen liegenden Kreditaufnahme verbindlich festlegt. Darüber hinaus können Bund und Länder Regelungen treffen, die bei der Bestimmung der zulässigen Kreditaufnahme die Auswirkungen der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt berücksichtigen. Entsprechende Regelungen müssen eine im Auf- und Abschwung symmetrische Berücksichtigung sicherstellen, d. h., möglichen konjunkturbedingten Defiziten während einer wirtschaftlichen Abschwungphase muss eine entsprechende Verpflichtung zur Einbeziehung konjunkturbedingter Überschüsse im Aufschwung gegenüber stehen. Damit soll mittel- bis langfristig gewährleistet werden, dass Kreditaufnahmen im Abschwung durch Überschüsse im Aufschwung ausgeglichen werden.

Zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen wird ein „Stabilitätsrat“, der für die fortlaufende Überwachung der Haushalte von Bund und Ländern zuständig ist, eingerichtet. Dafür wird ein neuer Art. 109a GG eingefügt. Neben den Finanzministern des Bundes und der Länder gehört der Bundeswirtschaftsminister dem Stabilitätsrat an. Die kommunalen Spitzenverbände können als Gäste zu den Beratungen hinzugezogen werden. Ein Ausführungsgesetz (Gesetz zur Errichtung eines Stabilitätsrats und zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen/Stabilitätsratsgesetz) konkretisiert hier.

Entschuldungshilfen

Den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wird angesichts ihrer besonders schwierigen Haushaltssituation für den Zeitraum 2011 bis 2019 die Möglichkeit eingeräumt, Konsolidierungshilfen in Höhe von insgesamt 800 Mio. Euro jährlich zu erhalten. Nach Art. 143 d GG und dem Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen (Konsolidierungshilfengesetz) entfallen auf Bremen 300 Mio. Euro, auf das Saarland 260 Mio. Euro und auf Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein jeweils 80 Mio. Euro. Voraussetzung für die Zahlungen ist die Einhaltung eines „Konsolidierungspfades“, auf dem die betreffenden Länder ihre Haushalte bis spätestens 2020 ausgleichen können. Getragen werden die Kosten je zur Hälfte vom Bund und den Ländern, von letzteren aus ihrem Umsatzsteueranteil.

Steuertausch und Feuerschutzsteuer

Die Verwaltungskompetenz für die Versicherungs- und Feuerschutzsteuer geht auf den Bund über. Die Bemessungsgrundlagen beider Steuern werden getrennt. Die Verteilung der Bemessungsgrundlagen wurde laut Gesetzesbegründung „so vorgenommen, dass die Länder mit einem Aufkommen an Feuerschutzsteuer nicht nur in Höhe von 320 Mio. Euro, sondern in Höhe von ca. 400 Mio. Euro (…) rechnen können. Der über den Betrag von 320 Mio. Euro hinausgehende Betrag trägt Unwägbarkeiten der Rechtsänderung zugunsten der Länder Rechnung.“ Die Bemessungsgrundlage der Feuerschutzsteuer wird ab 2012 jährlich so angepasst, dass das durchschnittliche Aufkommen der Jahre 2009 bis 2011 (Sockelbetrag) nicht unterschritten wird.

Az.: IV/1 902-05

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