Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 673/2008 vom 24.10.2008

Gerichte im Streit um gewerbliche Altpapiersammlung

Mit seinem Beschluss vom 09.10.2008 (Az.: 4 E 2524/08) hat das VG Hamburg für eine erneute Wende im Streit um die gewerbliche Sammlung von Altpapier aus privaten Haushalten in Hamburg gesorgt. Nachdem das Hamburger Oberverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 08.07.2008 (Az.: 1 BS 91/08) als erstes Oberverwaltungsgericht in jüngerer Zeit die gewerbliche Altpapiersammlung untersagt hatte, liegt nach Auffassung des VG Hamburg nunmehr eine veränderte Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Verpackungsentsorgung vor, welche einer gewerblichen Sammlung von Altpapier nicht mehr entgegensteht. Außerdem berücksichtigt der Beschluss des VG Hamburg eine Reihe weiterer Aspekte, die noch nicht Gegenstand des Eilverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht waren.

Das OVG Hamburg hatte die Untersagung der gewerblichen Altpapiersammlung mit dem Hinweis begründet, dass sie die systematische Erfassung und Verwertung von haushaltsnah erfassten PPK-Verkaufsverpackungen gefährde. Da das betroffene private Entsorgungsunternehmen nicht von einem Systembetreiber beauftragt sei und die PPK-Verpackungen konkurrierend zur bisherigen drittbeauftragten Stadtreinigung Hamburg (SRH) entsorge, ohne deren Sortiereinrichtungen zu nutzen, würde den anerkannten Systemen der Nachweis über einen maßgeblichen Anteil der in Verkehr gebrachten Verpackungsverpackungen entzogen. Dadurch könne der erforderliche Nachweis, dass siebzig Prozent der in Verkehr gebrachten Verkaufsverpackungen verwertet würden, nicht mehr erbracht werden.

Das OVG hatte in seinem Beschluss vom 08.07.2008 bereits darauf hingewiesen, dass die Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn das private Entsorgungsunternehmen von einem Systembetreiber beauftragt gewesen wäre und somit die Menge der erfassten Verkaufsverpackungen auch nachgewiesen würde. Das private Entsorgungsunternehmen hat sich daraufhin von verschiedenen Systembetreibern (unter anderem von der Duales System Deutschland GmbH) beauftragen lassen und meldet ihnen nun die erfassten und verwerteten PPK-Verpackungsmengen. Daraufhin hatte das private Entsorgungsunternehmen die gewerblichen Altpapiersammlungen in Hamburg bereits einen Tag nach der Beauftragung des Systembetreibers am 08.08.2008 wieder aufgenommen. Gleichzeitig stellte das private Entsorgungsunternehmen wegen der veränderten Sachlage beim VG Hamburg einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO.

Für das VG Hamburg ist der nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellte Antrag auf Abänderung des Beschlusses des hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 08.07.2008 zulässig und begründet. Es liegt nach dem VG Hamburg eine Veränderung der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage vor.
Die Gefahr, dass im Falle eines Rückzugs des privaten Entsorgungsunternehmens aus der gewerblichen Altpapiererfassung das Verpackungsverwertungssystem in seiner Funktionsfähigkeit gefährdet wäre, sieht das VG Hamburg nicht. Das private Entsorgungsunternehmen agiere aufgrund unbefristeter Auftragsverhältnisse. Es sei Aufgabe der Systembetreiber, die Quote ordnungsgemäß verwerteter Verkaufsverpackungen nachzuweisen. Die bisher drittbeauftragte Stadtreinigung Hamburg (SRH), die ebenfalls mit der Entsorgung von Verkaufsverpackungen beauftragt ist, besitze keinerlei gesetzliche Auffangzuständigkeit, da der Bereich durch die Verpackungsverordnung vollständig in private Hände übergeben wurde. Die SRH erfülle lediglich in gleicher Weise wie das private Entsorgungsunternehmen ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Systembetreibern. Weiterhin ist es für das VG Hamburg irrelevant, dass das private Entsorgungsunternehmen bislang nur für drei der neuen Systembetreiber Auftragsverhältnisse nachgewiesen hat. Die übrigen sechs in Hamburg tätigen Systeme sehen ihre Verwertungsquote bereits aufgrund der gegenwärtigen Sammlungen der SRH und ihre Subunternehmer als ausreichend erfüllt an. Sollten sich die Marktanteile zugunsten des privaten Entsorgungsunternehmens verschieben, bliebe ihnen ein Vertragsabschluss mit diesem Unternehmen unbenommen.

Angesichts dieser Sachlage sieht das VG keinen Anlass, davon auszugehen, das private Entsorgungsunternehmen würde PPK-Verpackungen an den festgestellten Systembetreibern vorbei ohne Mengenstromnachweis verwerten, so dass es zu einer Funktionsgefährdung des haushaltsnahen Verpackungsverwertungssystems kommen könnte. Folglich dürften den vom OVG Hamburg beschriebenen überwiegenden öffentlichen Interessen an einer funktionsfähigen Verpackungsverwertung genüge getan sein. Weiterhin führt das VG Hamburg aus, dass die Sammeltätigkeit des privaten Entsorgungsunternehmens greife auch nicht in unzulässiger Weise in die aus der Verpackungsentsorgung hervorgehenden Rechte der Stadtreinigung Hamburg ein. Weder die Verpackungsverordnung noch die Mitbenutzungsverträge garantierten dem kommunalen Entsorger eine exklusive Organisationshoheit hierüber. In § 6 Abs. 3 S. 8 der derzeit gültigen Verpackungsverordnung sei zwar geregelt, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsdienstleister die Übernahme oder Mitbenutzung der Sammel- und Sortieranlagen gegen ein angemessenes Entgelt verlangen könnten. Dies begründe jedoch keinen Benutzungszwang durch die Systembetreiber, sondern besage lediglich, dass, wenn die Einrichtung genutzt werde, ein angemessenes Entgelt zu entrichten sei. Was die Neufassung der Verpackungsverordnung, die am 01.01.2009 in Kraft tritt, anbelangt, sei in § 6 Abs. 4 ausdrücklich der Anspruch des Systembetreibers auf Mitbenutzung der kommunalen Einrichtungen geregelt worden, nicht jedoch ein Anspruch des kommunalen Entsorgers auf Benutzung durch die Systembetreiber. Auch dies spreche dafür, dass der Gesetzgeber eine einseitige Bindung der Systembetreiber an den kommunalen Entsorger bewusst nicht habe schaffen wollen.

Es wird nunmehr abzuwarten sein, wie gegebenenfalls das OVG Hamburg die Sach- und Rechtslage beurteilen wird.

Az.: II/2

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