Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 162/1996 vom 05.04.1996

Gemeindefinanzen: Resolution der Stadt Lippstadt

Die Finanzlage der Städte und Gemeinden verschlechtert sich zunehmend, die Anzahl der Kommunen mit einem unausgeglichenen Haushalt steigt von Jahr zu Jahr. Die Stadt Lippstadt ist vor allem wegen stagnierender Steuern, drastisch sinkender Schlüsselzuweisungen und steigender Sozial- und Jugendhilfeaufwendungen im Jahr 1996 erstmals nicht in der Lage, ihren Haushalt auszugleichen: Das strukturelle Defizit im Verwaltungshaushalt beträgt 13,2 Mio DM, das nur mit Einsatz der letzten frei verfügbaren Rücklagen auf die Hälfte reduziert werden kann. Die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes ist daher die zwingende Folge.

I.

In dieser Situation ist es völlig unverständlich und unzumutbar, daß die Landesregierung mit weiteren Befrachtungen des kommunalen Finanzausgleichs die prekäre kommunale Finanzlage noch weiter verschärfen und so ihre Politik der Verlagerung von Aufgaben und Ausgaben auf die kommunale Ebene ungehemmt fortsetzen will. Dies steht auch in eklatantem Widerspruch zu offiziellen Aussagen des Landes, wie "Die Interessen der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen sind bei der Landesregierung in guten Händen" (Finanzminister Schleußer, in: NRW-Wochendienst Nr. 41/95, Anlage 1, S.6) und "Wir werden die Chancen der kommunalen Gebietskörperschaften, ihre Haushaltsprobleme zu lösen, verbessern ..." (Koalitionsvereinbarung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, S. 124).

Der Rat der Stadt Lippstadt lehnt daher die vorgesehene Befrachtung des Steuerverbundes in Höhe von 289 Mio DM ab und fordert den Landtag und alle Fraktionen auf, den Vorschlägen der Landesregierung nicht zu folgen.

II.

Die Stadt Lippstadt als ehemaliger Standort britischer Truppen unternimmt zur Zeit erhebliche, auch finanzielle Anstrengungen, die mit dem Wegzug der Alliierten verbundenen negativen Folgen zu bewältigen. Wegen der zeitintensiven liegenschaftlichen und planungsrechtlichen Vorleistungen kann diese Aufgabe auch 1996 noch nicht bewältigt, geschweige denn abgeschlossen sein. Der Haushalt der Stadt Lippstadt wird daher auch in diesem Jahr von diesem Umwandlungsprozeß negativ betroffen sein.

Um diese Härten zu mildern, bittet daher der Rat der Stadt Lippstadt den Landtag und alle Fraktionen, bei der Berechnung der Einwohnerzahl für den Finanzausgleich 1996 die sog. A + D-Einwohner erneut auf der Basis der im Gemeindefinanzierungsgesetz 1993 festgesetzten Zahl festzulegen und damit die Anpassungshilfe des Jahres 1995 fortzusetzen.

III.

Ebenfalls mit großer Sorge verfolgen die Städte und Gemeinden gerade des ländlichen Raumes die derzeitige Diskussion über das ifo-Gutachten zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs. Die Vorschläge der Gutachter können die Finanzprobleme der begünstigten kreisfreien Städte auch nicht annähernd lösen, wohl aber eine Vielzahl der belasteten kreisangehörigen Kommunen endgültig in den finanziellen Ruin treiben.

Bei einer nur punktuellen Umsetzung der Reformvorschläge droht der Stadt Lippstadt ein Einnahmeverlust von bis zu 7 Mio DM, der durch die Zusicherung der Landesregierung, keine Kommune müsse mit reformbedingten Mindereinnahmen rechnen, nicht akzeptabler wird, da die zum Ausgleich vorgesehene Anpassungshilfe zeitlich befristet sein wird.

Der Rat der Stadt Lippstadt lehnt daher die Umschichtung von Finanzmitteln zugunsten des kreisfreien Raumes ab und fordert vor einer teilweisen oder vollständigen Umsetzung der Gutachtervorschläge eine gründliche Diskussion und umfassende Beratung aller Aspekte des kommunalen Finanzausgleichs. Eine solche Reform hat sich im wesentlichen an folgenden Grundsätzen zu orientieren:

- Eine solide, sparsame Haushaltswirtschaft muß belohnt, ausgabefreudiges Verhalten darf nicht zu Lasten anderer Kommunen gefördert werden.

- Grundsätzlich sind alle Einwohner gleich zu gewichten. Unterschiedliche Belastungssituationen sind durch spezielle Nebenansätze aufzufangen. Hierzu zählt auch die Versorgungsfunktion von Mittelzentren in ländlich strukturierten Räumen.

- Bei der Festlegung der fiktiven Hebesätze sind die Interdependenzen zur Ausgleichsquote zu beachten. Dabei ist sicherzustellen, daß den Kommunen ein ausreichender fiskalischer Anreiz zur Pflege ihrer eigenen Steuerquellen verbleibt und steuerwirksame Ergebnisse einer erfolgreichen örtlichen Wirtschaftsförderung durch Effekte des kommunalen Finanzausgleichs nicht in einem zu hohen Maße neutralisiert oder gar überkompensiert werden.

Daher fordert der Rat der Stadt Lippstadt, die im Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes 1996 vorgesehene Anpassungshilfe in Höhe von 250 Mio DM in voller Höhe der gemeindlichen Schlüsselmasse zuzuweisen.

IV.

Die Landesregierung wird aufgefordert, angesichts der desolaten Finanzen der Städte und Gemeinden gegenüber der Bundesregierung alles zu unternehmen, damit eine weitere Verlagerung von Finanzproblemen vom Bund auf die Kommunen unterbunden wird.

Az.: V-902-17/0

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