Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 101/2002 vom 05.02.2002

Geltung des Vergaberechts für Kommunen

Aufgrund einer Vielzahl von Anfragen der Mitgliedskommunen bringt die Geschäftsstelle die folgende Übersicht über die Geltung der vergaberechtlichen Vorschriften für die Kommunen.

1. Das neue Vergaberecht (§§ 97 bis 129 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB) ist am 01. Januar 1999 in Kraft getreten. Dieses neue Recht löst ab Erreichen von bestimmten Auftragswerten, den sog. Schwellenwerten, die bisherige in Deutschland geltende sog. "haushaltsrechtliche Lösung" ab. Zu den Schwellenwerten wird auf die Ermächtigungsnormen der §§ 100 Abs. und 127 Nr. 1 GWB und auf § 2 Vergabeordnung (VgV) vom 09. Januar 2001 (BGBl. I 2001, S. 110 ff) hingewiesen. Die wichtigsten Schwellenwerte sind 5 Mio Euro für Bauaufträge und 200.000 Euro für die meisten Liefer- und Dienstleistungaufträge (Beispiele für letztere: Kauf von beweglichen Sachen, Abfallabfuhrverträge).

Das öffentliche Vergaberecht ist seither durch eine grundlegende Zweiteilung geprägt, je nach dem, ob der Auftragswert die Schwellenwerte erreicht oder unterschreitet.

2. Nur ab Erreichen der Schwellenwerte gelten die §§ 97 bis 129 GWB. §§ 4 bis 7 VgV schreiben vor, daß Aufträge nur unter Anwendung der Verdingungsordnungen erteilt werden dürfen: Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB), Verdingungsordnung für sonstige Leistungen (VOL), Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF).

Dieses zwingende Recht gilt nicht nur für die Kommunen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, sondern auch für kommunale Eigenbetriebe, für Anstalten des öffentlichen Rechts nach § 114 a GO und für kommunale Gesellschaften (GmbH, AG), auf die die Kommunen einen bestimmenden Einfluß haben. Für Einzelheiten, wer öffentlicher Auftraggeber im Sinn des GWB ist, wird auf § 98 GWB, insbesondere Nr. 2, hingewiesen. Kommunen können sich also durch privatrechtliche Rechtsformen nicht der Geltung der §§ 97 ff GWB und der Verdingungsordnungen entziehen.

3. Unterhalb der Schwellenwerte gelten die §§ 97 ff GWB und die Vergabeverordnung nicht .

3.1 Für die nordrhein-westfälischen Gemeinden gilt unterhalb der Schwellenwerte folgende Rechtslage: Aufgrund von § 31 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) in Verbindung mit den Vergabegrundsätzen des Innenministeriums nach § 31 GemHVO vom 15.06.1993 (MinBl. NRW 1993, S. 1187) sind die Gemeinden formalrechtlich nur verpflichtet, die VOB anzuwenden. Zur Anwendung VOL sind die Gemeinden dagegen nicht gesetzlich verpflichtet. Die Anwendung der VOL wird den Kommunen in den Vergabegrundsätzen des IM lediglich empfohlen.

Die Bestimmung des § 31 Abs. 1 GemHVO ändert an dieser Beurteilung nichts. Dort wird nur verlangt, daß in der Regel eine öffentliche Ausschreibung erfolgen muß, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine beschränkte Ausschreibung oder freihändige Vergabe rechtfertigen. In § 31 Abs. 1 ist aber nicht die Anwendung der VOB oder der VOL vorgeschrieben.

3.2 Eine städtische Gesellschaft (GmbH oder AG) ist kraft Gesetzes nicht verpflichtet, die VOB oder VOL anzuwenden. Dies gilt auch für 100 %ige Tochtergesellschaften einer Gemeinde. Um so mehr gilt dies, wenn es sich um eine sog. gemischtwirtschaftliche Gesellschaft handelt, an der private Firmen und eine Gemeinde Anteile haben (gleichgültig in welcher Größenordnung). Unterhalb der Schwellenwerte gilt also eine lediglich formale Betrachtungsweise. Durch Bildung einer kommunalen Gesellschaft kann man die zwingende Anwendung der VOB ausschalten.

3.3 Für Eigenbetriebe vertritt das Innenministerium NRW die Ansicht, daß unterhalb der Schwellenwerte auch diese nicht kraft Gesetzes verpflichtet sind, die VOB anzuwenden (die VOL sowieso nicht, weil ja auch die Gemeinden selbst die VOL nicht anwenden müssen).

Für eigenbetriebsähnliche Einrichtungen (das sind die in der Rechtsform des Eigenbetriebs geführten Betriebe, die in § 107 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 GO aufgeführt sind) vertritt das Innenministerium NRW seit 1997 die Ansicht, daß diese Betriebe die VOB anwenden müssen, die VOL aber nicht (genauso wie die Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts). Für die neue Anstalt des öffentlichen Rechts nach § 114 a GO gilt nach der Kommunalunternehmensverordnung (KUV) § 8, der jedenfalls für wesentliche Bereiche die Anstalt des öffentlichen Rechts so behandelt wie die Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts.

4. In den Fällen, in denen Kommunen oder kommunale Eigenbetriebe oder Gesellschaften die VOB oder VOL nicht kraft Gesetzes anwenden müssen, entschließen sich manche Gemeinden trotzdem, die Verdingungsordnungen auch unterhalb der Schwellenwerte anzuwenden, nicht selten in sog. kommunalen Vergabeordnungen. Der Städte- und Gemeindebund NRW rät den Kommunen davon ab, die Verdingungsordnungen auch dort in vollem Umfang zu übernehmen, wo sie kraft Gesetzes dazu nicht verpflichtet sind, und zwar aus folgenden Gründen: Die Kommunen und die kommunalen Spitzenverbände protestieren laufend mit guten Gründen gegen die ständig anschwellende Vorschriftenflut auf europäischer Ebene und auf Bundes- und Länderebene. Diese Proteste laufen zum Teil ins Leere, wenn die Kommunen umfassende verfahrensaufwendige Vorschriften im öffentlichen Vergabewesen auch dort anwenden, wo der Gesetzgeber dies nicht vorschreibt. Der Städte- und Gemeindebund hat selbstverständlich keine Einwendungen gegen freiwillige öffentliche oder beschränkte Ausschreibungen auch unterhalb der Schwellenwerte. Er empfiehlt i.S.d. § 31 Abs. 1 GemHVO solche Ausschreibungen durchaus, weil sie in der Regel geeignet sind, die günstigsten Bieter zu finden. Nicht notwendig und auch nicht empfehlenswert ist es aber, sich freiwillig den strikten, oft bürokratischen Regelungen der Verdingungsordnungen zu unterwerfen, die z.T. den Bemühungen, möglichst preisgünstige Vergaben zu erzielen, im Wege stehen. Insbesondere sollten die Kommunen sich in solchen Fällen die Möglichkeit zu Nachverhandlungen mit den günstigsten Bietern über den Preis und über eventuelle Änderungen der technischen Ausführung offenhalten. Dies praktizieren die Firmen der Privatwirtschaft, wenn sie selbst Auftraggeber sind, ganz regelmäßig. Die Kommunen sollten sich solchen Möglichkeiten nicht ohne Not verschließen.

Az.: II

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