Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 659/1998 vom 20.11.1998

Gelsengrün- Revision von BGH nicht angenommen

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Firma "Gelsengrün" und der Stadtwerke Gelsenkirchen GmbH gegen das Urteil des 4. Senats des OLG Hamm vom 23.09.1997 (Az.: 4 U 99/97) nicht angenommen.

Die Stadt Gelsenkirchen hatte ihr städtisches Grünflächen- und Friedhofsamt in eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung umgewandelt. Als Unternehmensgegenstand waren bei der Handelsregistereintragung unter anderem die Ausführung gärtnerischer und landschaftsbaulicher Arbeiten jeder Art, sowie entsprechende Handelsgeschäfte angegeben worden. In der Folge erbrachte der Betrieb auch gärtnerische Dienstleistungen gegenüber Privatpersonen.

Hiergegen wandten sich sowohl ortsansässige Gartenbaubetriebe, wie auch der für die Wahrnehmung der berufsständischen Interessen der Gartenbaubetriebe zuständige Landesverband und verlangten Unterlassung. Nachdem die Kläger zunächst erstinstanzlich mit ihrem Unterlassungsbegehren unterlegen war, obsiegten sie in der Berufungsinstanz, die die Einrichtung dazu verurteilte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr landschaftsgärtnerische Arbeiten privaten Auftraggebern anzubieten und/oder solche Arbeiten auszuführen.

Die Kläger hatten zur Begründung ihres Begehrens maßgeblich darauf abgestellt, daß die Erbringung gärtnerischer Dienstleistungen gegenüber Privatpersonen gegen §§ 1 UWG und 107 GO verstoße und somit wettbewerbswidrig sei.

Dem war seitens der Beklagten entgegengehalten worden, sie betreibe keine expansive privatwirtschaftliche Tätigkeit in Konkurrenz zu privaten Anbietern. Vielmehr gehe es ihr darum, überkommene behördliche Strukturen neu zu gestalten und eine größere Verwaltungseffizienz und Sparsamkeit zu erzielen, insbesondere freie Kapazitäten auszunutzen. Drittgeschäfte aus dem privaten Bereich seien für sie nur von geringer Bedeutung und machten insgesamt nur 2,5 % ihrer Aktivitäten aus. Diese aber seien auch deshalb nötig, um eine Lehrlingsausbildung auf angemessenem Niveau zu gewährleisten und würden zudem mit Wissen der Kommunalaufsichtsbehörde ausgeführt. Darüber hinaus wurde geltend gemacht, ein Verstoß gegen § 107 GO komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den Drittgeschäften um reine Annextätigkeiten handele, wie sie Hilfsbetriebe im Sinne des § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO von Gesetzes wegen erbringen dürften. Es liege keine verbotene Betätigung nach dieser Vorschrift vor, wenn eine Einrichtung, die als Hilfsbetrieb ausschließlich der Deckung des Eigenbedarfs von Gemeinden und Gemeindeverbänden diene, in geringem Umfang zur Ausnutzung der erforderlichen Vorratshaltung auch Private bediene. Die Entfaltung dieser Nebentätigkeit sei solange vom öffentlichen Zweck der Haupttätigkeit miterfaßt, wie das Rentabilitätsgebot eine geringfügige Nutzung und Auslastung der vorhandenen Produktionsmittel sinnvoll erscheinen lasse. Erst wenn eine Nebentätigkeit ein eigenständiges Gewicht erreiche, welches den Hauptbetrieb nicht mehr abrunde, liege keine Einrichtung mehr vor, die als Hilfsbetrieb ausschließlich der Deckung des Eigenbedarfs diene.

Vorliegend stellten die Dienstleistungen für Private lediglich eine bloße Abrundung der eigentlichen Tätigkeit zugunsten der Gemeinde dar mit dem Ziel, vorübergehend nicht genutzte sachliche und personelle Vorratshaltung in geringem Umfang auszunutzen. Solche "Drittgeschäfte" müßten auch unter dem Gesichtspunkt der Gemeinwohlverpflichtung erlaubt sein.

Dies aufgreifend replizierten die Kläger u.a., es könne deshalb keine Rede von einer unbeachtlichen Annextätigkeit sein, weil der von der Beklagtenseite zugestanden Umsatz im privatwirtschaftlichen Bereich die Millionengrenze erreiche und damit dem Gesamtumsatz eines mittelständischen Betriebes entsprechen könne. Des weiteren sei die privatwirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten schon deshalb nicht statthaft, weil diese nicht ausschließlich der Deckung des kommunalen Eigenbedarfs dienten, wie § 107 Abs. 2 Ziff. 4 GO fordere.

Dem hat sich das OLG in seiner Urteilsbegründung angeschlossen und festgestellt, das Anbieten und Erbringen gärtnerischer Arbeiten in Konkurrenz zu privaten Gartenbaubetrieben verstoße gegen § 1 UWG. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, im geschäftliche Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vorzunehmen, die gegen die guten Sitten verstoßen. Dies sei, so das OLG, seitens der öffentlichen Hand immer dann gegeben, wenn ihr eine ausgeübte wirtschaftliche Betätigung auch im Interesse privater Mitbewerber untersagt sei. Eine solche drittschützende Untersagung enthalte § 107 GO. Eine erlaubte Annextätigkeit liege nicht vor. Vielmehr mangele es den für Private erbrachten Dienstleistungen am Merkmal ausschließlicher Eigenbedarfsdeckung. Es handele sich deshalb um eine unzulässige wirtschaftliche Betätigung.

Dem hat sich - ohne nähere Ausführung - auch der BGH angeschlossen und die Nichtannahme der Revision damit begründet, daß der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukomme und die Revision darüber hinaus im Ergebnis keine Aussichten auf Erfolg gehabt hätte.

Die Entscheidung des BGH ist nicht nur aus Sicht der nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden zu bedauern. Es handelt sich vorliegend um eine Angelegenheit hervorgehobener und auch grundsätzlicher Bedeutung. So hat es der I. Senat vermieden, weitergehende und grundlegende Fragen zu den gesetzlichen Grenzen gemeindewirtschaftlicher Betätigung zu treffen, denn inhaltlich sind Zweifel an der Entscheidung des OLG Hamm anzumelden. Die Feststellung des OLG Hamm, die Aktivitäten der Firma Gelsengrün dienten nicht ausschließlich der kommunalen Eigenbedarfsdeckung und stellten insoweit keine erlaubte nichtwirtschaftliche Betätigung dar, mag dahinstehen. Es wäre jedoch nicht nur sinnvoll, sondern sogar zwingend notwendig gewesen, wenn sich das OLG Hamm mit dem Vorbringen der beklagten Stadt, wonach die Drittgeschäfte aus dem privaten Bereich lediglich 2,5 % der Aktivitäten der Firma Gelsengrün insgesamt ausmachen und von daher eine geringe Bedeutung aufweisen, auseinandergesetzt hätte. Eine derartige Größenordnung dürfte als zulässige Annextätigkeit zu qualifizieren sein. Des weiteren leitet das OLG Hamm das wettbewerbswidrige Verhalten der Gemeinde ausdrücklich aus einem Verstoß gegen § 107 GO ab und weist darauf hin, daß diese Vorschrift auch dem Schutz privater Mitbewerber diene. Dem OLG Hamm ist insoweit vorzuhalten, sich nur peripher mit der entgegenstehenden Auffassung auseinderzusetzen, wonach ein Verstoß gegen Vorschriften des Gemeindewirtschaftsrechts nicht zugleich einen Verstoß gegen das UWG darstellt. Entscheidend für diese Bewertung ist die Auffassung, die Vorschriften des Gemeindewirtschaftsrechts bezweckten allein den Schutz der Kommunen vor Risiken, nicht aber den Schutz der Mitbewerber.

Az.: G/3 810-05

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