Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 168/2009 vom 17.02.2009

Gebührenpflicht der Straßenbaulastträger

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass auch Straßenbaulastträger, die nicht mit der Gemeinde identisch sind (wie z. B. der Landesbetrieb Straßen NRW oder der Kreis) grundsätzlich zur Regenwassergebühr durch Gebührenbescheid herangezogen werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 06.03.1997 (Az. 8 B 246.96 – NWVBl. 1997, Seite 1065; ebenso: OVG NRW, Urteil vom 07.10.1996 – Az. 9 A 4145/94 – NWVBl. 1997, Seite 220) ausdrücklich entschieden, dass ein Straßenbaulastträger gebührenpflichtig ist, wenn er das Straßenoberflächenwasser über den gemeindlichen Abwasserkanal beseitigen lässt (so zuletzt auch: OVG Saarland, Urteil vom 5.9.2007 – Az.: 1 A 43/07 und 44/07 - , Mitt. StGB NRW November 2008 Nr. 672, S. 314). Alternativ hierzu besteht für den Straßenbaulastträger nur die Möglichkeit, das Straßenoberflächenwasser selbst durch eigene Beseitigungsanlagen zu entsorgen. Entscheidet er sich aber dafür, dass das Straßenoberflächenwasser von seinen Straßen über die gemeindliche Abwasseranlage zu beseitigen, so benutzt er diese und kann deshalb von der Stadt/Gemeinde mittels Gebührenbescheid zur Regenwassergebühr herangezogen werden (vgl. hierzu auch: Queitsch KStZ 2008, S. 121ff., S. 127f.).

Diese Heranziehung ist auch im Hinblick auf den Kreis als Straßenbaulastträger für Kreisstraßen zu empfehlen. Denn die jeweilige Gemeinde muss bei der Kalkulation der Regenwassergebühr darauf achten, dass die privaten Grundstückseigentümer nicht mit den Kosten der Straßenoberflächenentwässerung belastet werden. Wenn die Gemeinde demnach den Kreis nicht als Straßenbaulastträger zu einer Regenwassergebühr heranzieht, so kann sie nur aus dem allgemeinen Haushalt die Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung bei Kreisstraßen decken, weil sie diese nicht den übrigen Gebührenschuldnern anlasten kann. Neben der Übernahme der Kosten für die Straßenoberflächenentwässerung bei stadt- bzw. gemeindeeigenen Straßen müsste die Stadt/Gemeinde dann zusätzlich auch die Kosten für die Oberflächenentwässerung von Kreisstraßen über allgemeine kommunale Haushaltsmittel finanzieren. In diesem Zusammenhang ist besonders zu berücksichtigen, dass die Kilometer und die Quadratmeter der Kreisstraßen in den einzelnen kreisangehörigen Städten und Gemeinden unterschiedlich sein können, so dass insbesondere diejenigen Gemeinden erhebliche Kosten zu tragen hätten, die viele Kilometer und Quadratmeter Kreisstraße auf ihrem Gemeindegebiet zu verzeichnen haben. Vor diesem Hintergrund kann zurzeit nur empfehlen werden, auch bei Kreisstraßen durch Gebührenbescheid gegenüber dem Kreis die Regenwassergebühr geltend zu machen, weil auf diese Grundlage eine verursachergerechte Verteilung der Kosten der Regenwasserbeseitigung möglich ist. Dieses wird durch das OVG NRW (Urteil vom 18.12.2007 - Az.: 9 A 3648/04 – KStZ 2008, S. 74ff.) auch verpflichtend vorgegeben.

Nicht entschieden ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bislang der Fall, dass die Gemeinde mit dem Straßenbaulastträger (z.B. dem Landesbetrieb Straßen NRW) eine vertragliche Vereinbarung über die Straßenentwässerung abgeschlossen hat. Regelmäßig ist in solchen Vereinbarungen niedergelegt, dass die Gemeinde nach den Ortsdurchfahrtenrichtlinien einen Pauschalzuschuss bei Neubau des Kanals von 150,- € pro laufenden Meter Kanal erhält und dann der Straßenbaulastträger bis zur nächsten Kanalerneuerung keine Abwassergebühr mehr bezahlen muss. Zwar wird in der Kommentarliteratur vertreten, dass diese Geldzahlungen aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen lediglich den Charakter von Gebührenvorauszahlungen haben (so: Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunal- und Abgabenrecht, Loseblattkommentar, § 6 Rz. 352 d). Dieser Rechtsstandpunkt würde bedeuten, dass ein Gebührenbescheid dann wieder erlassen werden kann, wenn die Zahlungen aufgrund der vertraglichen Vereinbarung nicht mehr ausreichen, um die Kosten der Regenwasserbeseitigung von den Straßenoberflächen zu decken, d.h. gewissermaßen aufzehrt sind. Ob die kommunalabgabenrechtliche Rechtsprechung allerdings dieser Literaturmeinung folgen wird, ist fraglich. Im Zweifelsfall verbleibt dann nur noch die Möglichkeit, dass eine vertragliche Vereinbarung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepasst oder wenn eine Vertragsanpassung nicht möglich ist, gekündigt wird. Dieses gilt um so mehr als auch durch neue abwassertechnische Vorgaben wie z.B. den Trenn-Erlass vom 26.5.2004 (MinBl. NRW 2004, S. 583ff.) sich bei reinen Regenwasserkanälen weitere Kosten im Hinblick auf die Vorbehandlungsbedürftigkeit von Straßenoberflächenwasser bzw. Niederschlagswasser bei einer Ableitung über Regenwasserkanäle in ein Gewässer ergeben können wie etwa die Notwendigkeit vor der Einleitungsstelle ein Regenklärbecken zu bauen. Dieses allein kann Kosten von ca. 300.000 € bei der konkreten Einleitungsstelle verursachen.

Das VG Düsseldorf hat jedenfalls mit Urteil vom 16.06.2008 (Az.: 5 K 2746/08 – abrufbar unter: www.nrwe.de; nicht rechtskräftig - vgl. Mitt. StGB NRW September 2008 Nr. 569 S. 265) die Kündigung der Stadt Düsseldorf gegenüber dem Landesbetrieb Straßen NRW mit Blick auf einen Vertrag aus dem Jahr 1961 für rechtswirksam erklärt. Dieser Vertrag hatte zum Gegenstand, dass der Straßenbaulastträger der Stadt Düsseldorf die Verlegung des öffentlichen Kanals im öffentlichen Straßenraum gestattet und im Gegenzug hierzu für die Straßenoberflächenentwässerung keine Kosten dem Straßenbaulastträger angelastet werden sollten. Das VG Düsseldorf kam zu dem Ergebnis, dass der Vertrag fristlos gekündigt werden konnte, weil sich nach Einführung der Regenwassergebühr in der Stadt Düsseldorf zum 01.01.2002 bezogen auf die in Rede stehende Straßenoberfläche ein Missverhältnis von 1:7 ergab, d. h. die Gestattung der Kanalverlegung hatte bezogen auf das Jahr 2006 ca. einen Geldwert von 5.300,- €, der Verlust an Regenwassergebühr betrug hingegen für die gleiche Straßenfläche rund 37.000,- €. Bei dieser Ausgangslage sah das VG Düsseldorf keine Verpflichtung für die Stadt Düsseldorf mehr, an der vertraglichen Vereinbarung festzuhalten, zumal auch der Landesbetrieb Straßen NRW nicht bereit war, den Vertrag anzupassen. Gleichwohl steht auch in dieser Angelegenheit eine Entscheidung des OVG NRW noch aus.

Zusammenfassend kann deshalb festgehalten werden, dass auch Straßenbaulastträger zur Regenwassergebühr herangezogen werden können, damit im Hinblick auf die Straßenoberflächenentwässerung keine Finanzierungslücken entstehen, die die Gemeinde durch eigene, allgemeine Haushaltsmittel decken muss und gleichzeitig eine verursachergerechte Verteilung der Kosten der Regenwasserbeseitigung umgesetzt wird. Vor einer Heranziehung eines Straßenbaulastträgers (Landesbetrieb Straßen NRW, Kreis) ist jedoch zu prüfen, ob eine vertragliche Vereinbarung über die Straßenentwässerung geschlossen worden ist. Ist keine Vereinbarung über die Straßenentwässerung im Hinblick auf eine konkrete Straße geschlossen worden, so kann nach der Rechtsprechung eine Heranziehung über einen Gebührenbescheid erfolgen. Ist eine vertragliche Vereinbarung über eine konkrete Straße geschlossen worden, so sind jedenfalls Prozessrisiken bei einer Heranziehung (s.o.) zurzeit nicht ausgeschlossen.

Der Landkreistag NW als kommunaler Spitzenverband für die 31 Landkreise in Nordrhein-Westfalen wird sich demnächst in seinen Gremien mit den vorstehenden Fragen beschäftigen, wobei der StGB NRW den Weg vorgeschlagen hat, der vorstehend aufgezeigt worden ist. Gleichzeitig hat der StGB NRW den Landesbetrieb Straßen NRW um ein Erörterungsgespräch gebeten, dessen Ergebnis zurzeit nicht vorausgesagt werden kann. Unabhängig davon verbleibt anderenfalls nur noch die Möglichkeit, die offenen Rechtsfragen im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Verfahren zu klären, d.h. es muss die weitere Entwicklung der abgabenrechtlichen Rechtsprechung abgewartet werden. Diese Klärung ergibt sich dann, wenn Gebührenbescheide gegen Straßenbaulastträger erlassen werden und diese dann Gegenstand von verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind.

Az.: II/2 24-21 qu/qu

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