Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 75/1996 vom 05.02.1996

Gebührenabschlag für Eigenkompostierer: Urteil des BayVGH

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 29.03.1995 ( - 4 N 93.2548 - ; NVwZ-RR 1995, S.603 ) entschieden, daß auch bei nachgewiesener und geneh-migter Eigenkompostierung keine Ermäßigung bei den Abfallgebühren gewährt werden muß. Die Geschäftsstelle weist daraufhin, daß dieses Urteil des BayVGH vor dem Hintergrund der besonderen Rechtslage im Bundesland Bayern einzuordnen ist, die mit der Rechtslage im Bundesland Nordrhein-Westfalen nicht deckungsgleich ist. Nach Art. 8 Abs.4 1. Halbsatz BayKAG sind die Gebühren nach dem Ausmaß zu bemessen, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche Einrichtung benutzen ( Äquivalenzprinzip ). Ergänzend bestimmt Art. 8 Abs.4 2.Halbsatz BayKAG, daß "sonstige Merkmale zusätzlich berücksichtigt werden können, wenn öffentliche Belange dies rechtfertigen." Der BayVGH hat in dem o.g. Urteil maßgeblich auf Art. 8 Abs.4 2.Halbsatz BayKAG abgestellt und ausgeführt, daß der Erhalt der (kommunalen) Biomüllabfuhr ein öffentlicher Belang i.S.d. Art. 8 Abs.4 2.Halbsatz BayKAG ist, der es rechtfertigt, auch bei nachgewiesener und genehmigter Eigenkompostierung keine Gebühren-ermäßigung zu gewähren. Anderenfalls würden - so der BayVGH - die Anträge auf Befreiung von der Biotonne, die derzeit - in dem zu entscheidenden Fall - nur von etwa 5 % der Anschlußpflichtigen gestellt würden, von mehr als der Hälfte ( der Anschlußpflichtigen ) gestellt werden. Dies würde dazu führen, daß die verbleibenden Benutzer der Biotonne im Vergleich zu den Eigenkompostierern noch stärker zu belasten wären und im Extremfall die gesamte (kommunale) Biomüllabfuhr wegen zu hoher Kosten wieder eingestellt werden müßte.

Die Geschäftsstelle weist ausdrücklich darauf hin, daß im KAG NW eine Vorschrift mit dem Regelungsgehalt des Art. 8 Abs.4 2.Halbsatz BayKAG nicht enthalten ist. Hiernach besteht im Bundesland Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die uneingeschränkte Geltung des kommunalabgabenrechtlichen Äquivalenzprinzips ( § 6 Abs.3 Satz 2 KAG NW ) nach derzeitigem Erkenntnisstand zumindest ein Prozeßrisiko, wenn Eigenkompostierer, die vom Anschluß- und Benutzungszwang an die Biotonne befreit sind bzw. keine Biotonne in Benutzung nehmen, zu den Kosten für die Bioabfallerfassung und -verwertung herangezogen werden.

Im einzelnen:

Wird eine Sondergebühr für die Benutzung der Biotonne erhoben, so kann von demjenigen, der keine Biotonne benutzt, grundsätzlich keine Sondergebühr erhoben werden. Die (Sonder-) Gebühr ist nach § 4 Abs. 2 KAG NW eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme der kommunalen Abfallentsorgungsteilleistung "Biotonne". Der Gebührenbelastung muß in diesem Zusammenhang eine zeitlich entsprechende Benutzung gegenüberstehen (vgl. hierzu: OVG NW, Urteil vom 21.02.1990 - 2 A 2478/86 - ZKF 1991, 180; Dahmen in: Driehaus Kommunalabgabenrecht, Loseblatt-Kommentar, Bd. 1, § 4 Rz. 46f. ). Wird die Biotonne nicht in Benutzung genommen, so kann dementsprechend keine Sondergebühr erhoben werden, weil es an einer zeitlich entsprechenden Benutzung fehlt.

Wird eine Einheitsgebühr erhoben, mit welcher alle Kosten der kommunalen Abfallentsorgung abgegolten werden ( Entsorgung von Restmüll, schadstoffhaltigen Abfällen, Sperrmüll, Altpapiererfassung und -verwertung, Entsorgung von Altkühlschränken und Bioabfallerfassung und -verwertung mit Biotonnen), so werden die vielzähligen Abfallentsorgungsteilleistungen gewissermaßen in einem "Leistungspaket Abfallentsorgung" erbracht. In diesem Zusammenhang kann grundsätzlich kommunalabgabenrechtlich vertreten werden, daß eine einheitliche Abfallentsorgungsgebühr erhoben werden kann, ohne Rücksicht darauf, in welchem Umfang der einzelne Abfallgebührenschuldner die gesamte Angebotspalette an Abfallentsorgungsteilleistungen in Anspruch nimmt (vgl. insoweit: Fabry, HSGZ 1992, S.151). Dies ist jedenfalls durch die kommunalabgabenrechtliche Rechtsprechung bislang insoweit anerkannt, als die Abfallentsorgungsteilleistungen "Sperrmüll" und "schadstoffhaltige Abfälle" in Rede stehen. Hier hat die kommunalabgabenrechtliche Rechtsprechung entschieden, daß die Kosten für die Entsorgung des Sperrmülls und/oder der schadstoffhaltigen Abfälle nicht über Sondergebühren, sondern über eine Einheitsgebühr abgerechnet werden können, weil jeder Abfallgebührenzahler irgendwann einmal diese Abfallentsorgungsteilleistungen in Anspruch nimmt ( vgl. VGH Kassel KStZ 1987, S.190 ; VG Köln, Urteil vom 16.12.1992 - 9 K 634/92; Dahmen in: Driehaus, a.a.O., § 6 Rz.. 338, 306). Gleichwohl ist bislang Grundlage dieser kommunalabgabenrechtlichen Rechtsprechung gewesen, daß eine tatsächliche Inanspruchnahme überhaupt stattfindet. Lediglich der Umfang der Inanspruchnahme stand nicht zweifelsfrei fest. Vor diesem Hintergrund sind die Fälle der Sperrmüllentsorgung und/oder der Entsorgung schadstoffhaltiger Abfälle nicht vergleichbar mit dem Fall, in welchem eine Biotonne wegen nachgewiesener Eigenkompostierung nicht in Benutzung genommen werden muß. Denn während der Abfallgebührenzahler den tatsächlichen Anfall von Sperrmüll und/oder schadstoffhaltigen Abfällen im konkreten Fall nicht verhindern kann, besteht bei der praktizierten Eigenkompostierung die Möglichkeit, biogene Abfälle zu Kompost zu verarbeiten und deshalb jetzt und auch in der Zukunft die Abfallentsorgungsteilleistung "Biotonne" niemals in Benutzung nehmen zu müssen. Liegt jedoch jetzt und in der Zukunft keine tatsächliche Inanspruchnahme der Biotonne vor, so kann hierfür keine Gebühr erhoben werden.

Ausgehend von der vorstehend skizzierten Rechtslage bestehen nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch bei der Einheitsgebühr kommunalrechtliche Bedenken dagegen, die Eigenkompostierer, die keine Biotonne in Benutzung, zu einer Benutzungsgebühr für die Biotonne heranzuziehen. Dementsprechend hat das NWStGB in seinem Schnellbrief vom 04.04.1995 die Empfehlung ausgesprochen, bei denjenigen Abfallgebührenschuldnern, die nachweislich Eigenkompostierung betreiben und keine Biotonne in Benutzung nehmen, die Einheitsgebühr um den Kostenblock zu reduzieren, der auf die Biotonne entfällt. Dies bedeutet grundsätzlich einen Abzug der Kosten für die Biotonne von der Einheitsgebühr zu 100%, es sei denn, es kann ein geringerer Abzug geltend gemacht werden, weil den Eigenkompostierern anderweitige nachvollziehbare und zurechenbare Kosten angelastet werden können.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß im Rahmen der Novellierung des LAbfG NW 1996 an das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen bereits die Anregung herangetragen worden ist, im LAbfG NW eine dem Art. 8 Abs.4 2.Halbsatz BayKAG entsprechende Regelung aufzunehmen. Es wird abzuwarten sein, ob dieser Anregung des NWStGB gefolgt wird.

Az.: IV/2 31-70 qu/mu

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